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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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Sternbild Canis Major zu handeln. Ich nehme an, das da ist der Sirius, der von den Menschen der Antike ganz besonders verehrt wurde – ohne Zweifel aufgrund seiner Bedeutung und seiner Eigenschaft, dass sein Aufgang am Morgenhimmel die jährliche Nilschwemme in Ägypten ankündigte.«
    »Das sind mehr oder weniger auch die Überlegungen von Cosimo und Sir Henry gewesen«, bestätigte Kit. »Der Gegenstand, den Anen in der Hand hält, ist die Karte von Flinders-Petrie; das kann man an den kleinen blauen Symbolen erkennen, die darauf gemalt worden sind. Und nach Cosimos Einschätzung scheint die Karte damals noch in einem Stück zu existieren.«
    »Außerordentlich«, flüsterte Thomas. »Es ist wirklich so, wie Sie es geschildert haben.« Er drehte sich zu Kit um und grinste. »Da die Karte nicht in einer der Kästen und Truhen entdeckt worden ist, die wir bislang untersucht haben, muss sie in einer der wenigen sein, die noch übrig geblieben sind.«
    Kit schaute sich in der Kammer um und blickte auf die restlichen Behältnisse; es waren immerhin noch mehrere Dutzend. »Noch haben wir Hoffnung.«
    Und so machten sie sich wieder an ihre Arbeit. Kit öffnete gemeinsam mit Thomas die letzten Kisten und Truhen; bei jeder einzelnen von ihnen stieg in ihm zunächst die Hoffnung, bevor sie sich rasch zerschlug.
    Schließlich tauchte Khalid vor dem Tisch unter dem Schutzdach auf und verkündete: »Das ist die letzte.« Er stellte eine kleine schwarz lackierte Kiste vor sie hin. Sie hatte geometrisch geformte Intarsien aus Elfenbein und Lapislazuli: Es schien genau die Art von Kiste zu sein, in der man einen Schatz aufbewahrt.
    »Öffnen Sie«, wies Thomas seinen Freund an.
    Mit zitternder Hand hob Kit den Deckel an und enthüllte eine kunstvoll hergestellte Halskette aus Lapislazuli, Karneol und Bernstein ... in den Augen eines jeden ein Schmuckstück von unschätzbarem Wert. Außerdem gab es einen dazu passenden Ring und eine Brosche.
    Aber keine Karte.
    »Nun, das war’s«, murmelte Kit. »Alles ist für die Katz gewesen.«
    »Nicht für die Katz!«, empörte sich Thomas. »Wir haben eine sehr bedeutende Gruft ausgegraben und beträchtliche archäologische Funde gemacht. Allein die Hieroglyphen werden sich als unschätzbar für unser Verständnis der alten Kultur erweisen. Das ist die wichtigste Entdeckung. Es wird dazu führen, dass sich die Wissenschaft der Archäologie sprunghaft weiterentwickelt. Sie sollten stolz sein.«
    »Sicher«, räumte Kit ein. »Aber Sie wissen doch, was ich gemeint habe. Wir sind schließlich hergekommen, um die Karte zu finden.« Er gestikulierte verzweifelt in Richtung der Lager-Kammer hinter ihm, die in den Sandsteinfels des Wadis geschlagen worden war. »Wir haben eine ganze Wagenladung an Schätzen: alles, was man sich wünschen kann – mit Ausnahme des einzigen, weswegen wir hergekommen sind.«
    »Und immer noch«, erwiderte Thomas, dessen Augen hinter den stahlumrahmten Gläsern funkelten, »gibt es ein Behältnis, das wir nicht durchsucht haben.«
    »Ich habe höchstpersönlich in jeden verflixten Kasten und Krug hineingeschaut!«, platzte es aus Kit heraus; die Enttäuschung ließ ihn unbeherrscht werden. »Die Karte ist nicht hier gewesen.«
    »Oh, Ihr Kleingeister«, schalt der Archäologe. »Benutzen Sie Ihren Verstand, Sir. Denken Sie nach!«
    »Ich denke doch gerade nach«, murmelte Kit. »Und ich denke, wir sind auf einer ziemlich aussichtslosen Schnitzeljagd gewesen.«
    »Mein ungestümer Freund«, tadelte ihn Thomas und schüttelte den Kopf. »Wir haben noch nicht in den Sarkophag geschaut.«
    »Der Sarkophag ...« Die Hoffnung flammte sogleich von Neuem in Kits verzweifelter Seele auf. Unverzüglich eilte er in die Grabkammer. »Alle Mann zu mir! Wir werden jede Unterstützung brauchen, die wir bekommen können.«
    »Khalid, bring die Ausrüstung für das Hieven schwerer Gegenstände!«, rief Thomas. Er hielt kurz inne, dann brüllte er in Richtung Tempel: »Khefri, holen Sie den Koch und ein paar Mulis – vielleicht brauchen wir sie.«
    Im Zentrum der Kammer ruhte der schwergewichtige Koloss aus Stein, der aus einem einzigen Block aus rotem Granit gehauen worden war. Bislang hatte ihn keiner berührt. Mit einer Handvoll Lumpen wischte Kit den Staub ab und enthüllte das glatte, stilisierte Porträt eines Mannes, dessen Gesichtszüge teilnahmslos wirkten: Er starrte mit ausdruckslosen Augen in die Finsternis der Ewigkeit. Unterhalb des Gesichts hatte man den Rest des

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