Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
Vom Netzwerk:
vorstellen? Erkennen Sie nicht die Wahrheit von etwas wieder, wenn Sie es hören, oder erfassen Sie nicht die Schönheit von etwas, wenn Sie es sehen?« Er sah Kit an, als erwarte er von ihm eine zustimmende Äußerung; als sie ausblieb, kam er zu seiner Schlussfolgerung. »All dies und vieles mehr sind Ausdrucksformen des Bewusstseins, und sie sind nicht an die Materie gebunden – oder zumindest nicht an Raum und Zeit. Da dies der Fall ist, wird es für unser mehr begrenztes menschliches Bewusstsein höchst natürlich sein, dass es das ›Eine Große Bewusstsein‹ – das geistige Bewusstsein des Schöpfers, das uns erzeugt hat – erkennt und sich nach einer Verbindung mit ihm sehnt. An diesem göttlichen Bewusstsein teilzuhaben ist die natürlichste Form von Existenz.« Er beugte sich vor und stieß Kit mit einem Finger gegen die Brust. »Sehen Sie doch: Wenn wir eine Verbindung mit dem ewigen, immer lebenden Schöpfer herstellen können, ist es dann nicht auch wahrscheinlich, dass diese Verbindung – dieses Verwandtschaftsverhältnis, wenn Sie möchten – nach dem Tod eines materiellen Körpers fortdauern wird?« Der Wissenschaftler wartete nicht auf eine Antwort, sondern verkündete nach einem winzigen Augenblick mit triumphierender Stimme: »Und dadurch, dass wir eine Verbindung mit dem ewigen Schöpfer herstellen können, wird die Unsterblichkeit mehr als nur ein Märchen. Zum Mindesten müssen Sie eingestehen, dass sie eine äußerst vernünftige Hoffnung darstellt.«
    In diesem Moment vernahmen sie laute Stimmen, die aus dem offenen Treppenvorraum hinter ihnen emporhallten. Gleich darauf erschienen Khalids Kopf und Schultern aus dem Ausgrabungsloch.
    »Sirs, kommen Sie schnell!«, rief er und winkte sie zu sich. »Der Eingang ist offengelegt.«
    Sobald sie unten waren, inspizierte Thomas die Arbeit und befand sie für gut. »Gut gemacht, Khefri. Räumt diesen Schutt hier weg, und dann werden wir die Versiegelungsblöcke ausbauen.«
    Der ägyptische Aufseher beugte seinen Kopf zum Zeichen dafür, dass er verstanden hatte. Dann wandte er sich ab, um seiner Mannschaft Anweisungen zu geben. »Yboud!« , befahl er, woraufhin die Arbeiter damit begannen, Bruchgestein in Körbe aus geflochtenem Hanf zu schaufeln.
    »Es ist von allergrößter Wichtigkeit, in diesem Stadium der Arbeit nichts zu überstürzen«, erläuterte Thomas seinem Freund, als sie nach oben ins Wadi zurückkehrten. »Jeder ist immer neugierig, nachzusehen, was sich hinter der Tür befindet, welche Schätze möglicherweise auftauchen werden. Doch die Hast hat oft irreparable Schäden zur Folge – an Kunstwerken und Grabmöbeln. Das kann leicht vermieden werden, wenn man genügend Geduld und Sorgfalt aufbringt.«
    »Das klingt, als ob da jemand so seine Erfahrungen gemacht hätte«, bemerkte Kit.
    »Ach ja«, stöhnte Thomas voller Reue. »Ich habe das Pech gehabt, bei mehreren Ausgrabungen zu spät vor Ort anzukommen, um den Ansturm zu verhindern. Und ich habe mit eigenen Augen gesehen, was geschehen kann, wenn Ausgräber am Goldfieber erkranken. Bei dem Wettlauf, den Schatz in ihre Hand zu bekommen, zertrampeln sie Wertgegenstände, die für Gelehrte und Wissenschaftler noch weit kostbarer sind als Kleinodien. Einige dieser Objekte sind in einem äußerst zerbrechlichen und anfälligen Zustand.« Er drehte sich um und blickte auf das dunkle, viereckige Loch, als der erste Arbeiter erschien, der auf seiner Schulter einen Korb voller Schutt trug. »Bei meinen Ausgrabungen wird nichts dergleichen passieren!«
    »Ich bin froh, das zu hören«, merkte Kit an. »Ich erwarte, dass die Karte ganz besonders zerbrechlich sein wird. Sie ist immerhin nur ein altes Stück Haut.«
    »Und wenn Sie recht haben, Mr. Livingstone«, fügte Thomas hinzu, »ist dieses alte Stück Haut eines der einzigartigsten und wertvollsten Artefakte, welche die Welt je gesehen hat.«
    Sobald der Raum vom Schutt befreit und sauber gefegt war, wurden noch mehr Öllampen angezündet und überall um den Bereich herum aufgestellt, wo weiter ausgegraben werden sollte. Unter Thomas Youngs Adleraugen wurde der versiegelte Eingang geöffnet; Steinblock für Steinblock wurde mit Meißeln behutsam entfernt. Während das Loch immer größer wurde, beschleunigte sich Kits Pulsschlag. Als es groß genug war, um einen Teil des Oberkörpers hindurchzustecken, nahm Thomas eine Lampe vom Boden. Er stellte sich auf einige Blöcke und streckte den Arm mit der Lampe durch die

Weitere Kostenlose Bücher