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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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in denen das Buch von Roger untersucht worden war.
    »Geduld, mein Freund. Alles zu seiner Zeit.« Der berühmte Gelehrte wandte sich wieder der Durchsicht von Pergamenten auf seinem Arbeitstisch zu. »Zuerst müssen wir den Ackerboden vorbereiten, sodass unser Verständnis auf richtige Art gesät werden kann.«
    »Natürlich«, murmelte Douglas. »Vergebt mir, Bruder, wenn ich übertrieben besorgt erscheine.«
    Der Priester wischte die Entschuldigung mit einer Handbewegung beiseite und fuhr fort: »Wie ich glaube, habe ich bei einer früheren Gelegenheit darauf hingewiesen, dass die fragliche Schrift aus einem Alphabet von Symbolen abgeleitet worden ist – wie dies sicherlich bei allen Sprachen der Fall ist. Denn was ist ein geschriebener Text – wenn nicht eine Ansammlung von Symbolen, welche die grundlegenden Töne der menschlichen Rede vertreten? Doch im Unterschied zu den Symbolen, die aneinandergereiht werden, um die in der Rede gebrauchten Töne wiederzugeben, sind die Symbole in diesem Buch abstrahiert und so vom Rahmen stimmhafter Repräsentation abgelöst.«
    Roger Bacon starrte seinen Schüler an, als schien er irgendein Zeichen einzufordern, dass er verstanden worden war.
    »Faszinierend«, merkte Douglas an. »Bitte, fahrt fort.«
    »Seht her.« Bacon ergriff eines der Fragmente, das er bereitgelegt hatte, um Douglas etwas zu verdeutlichen. »Achtet darauf, wie sich die Symbole krümmen – dies nach rechts, dies nach links, einige nach oben, andere nach unten. Jede bestimmte Krümmung enthält eine Bedeutung; Gleiches gilt auch für die kleinen Linien, die von jener großen abzweigen – ebenso für diejenigen, die jene Hauptlinie kreuzen. Die Stellen, wo die Linien abzweigen und sich kreuzen, helfen bei der Bestimmung der Bedeutung.« Mit einer Fingerspitze tippte er auf das Pergament. »Es ist eine sehr ausgeklügelte und geniale Chiffre.«
    »In der Tat«, pflichtete Douglas ihm bei. Er fühlte sich ein wenig erdrückt von der Aussicht, etwas zu dekodieren, das auf eine ganz andere Sprache hinauslief, um das Buch zu entziffern, das er aus der Bibliothek des Britischen Museums gestohlen hatte. »Wie viele Symbole gibt es denn im Ganzen?«
    »Hunderte«, erwiderte Roger Bacon schlicht. »Wie es sein muss.«
    »Selbstverständlich«, stimmte Douglas ihm gelassen zu und dachte dabei, dass der weitaus größere Teil der Arbeit noch vor ihm lag. »Als ich Euch das erste Mal das Buch gegeben habe, sagtet Ihr, Ihr wäret derjenige gewesen, der die Schrift entwickelt hat. Habt Ihr damit gemeint, dass Ihr Euch die Symbole ausgedacht habt, in denen es geschrieben ist?«
    »Nur teilweise«, räumte Bacon ein. »Für meine Zwecke habe ich eine Schrift ausgewählt, die auf einer Symbolik beruht, die weit älter als jede andere ist. Ich habe sie für meinen Gebrauch umgearbeitet, doch ich habe sie nicht erschaffen.«
    Douglas zerbrach sich den Kopf darüber, was die Worte des Priesters genau zu bedeuten hatten. »Darf ich das so deuten, dass Ihr das Buch geschrieben habt?«
    »Ihr schmeichelt mir unverdientermaßen, Bruder.« Ehrfürchtig legte er eine Hand auf das kleine Buch, das Douglas ihm gebracht hatte.
    »Vergebt mir nochmals meine Unkenntnis, doch Euer Name wird in herausragendster Weise im Text wiedergegeben.«
    »Eine bloß förmliche Anerkennung«, antwortete der gebildete Priester mit einem merkwürdigen leichten Lächeln. »Bruder Luciferus – was auch immer seine wahre Identität ist – erklärt nur seine Schuld gegenüber dem Schöpfer der Schrift, in der sein Buch sich Gehör verschafft. Bloß das, und nicht mehr.«
    »Was für ein glücklicher Umstand für mich«, bemerkte Douglas, »dass ich den einen Mann in England gefunden habe, der es lesen kann.«
    »Richtig. Und damit wir daraus Nutzen ziehen können, habe ich mich der Aufgabe gewidmet, eine Transkription des Textes für zukünftige Verweise zu erstellen.« Er nickte zufrieden. »Ich bin glücklich, sagen zu dürfen, dass diese Arbeit nun fertig ist.«
    »Drei Tage«, sinnierte Douglas. »Mein Abt wird sicherlich den Wunsch haben, Eure Dienste zu belohnen. Ihr müsst uns erlauben, unsere Wertschätzung zu zeigen.«
    »Das Lernen ist seine eigene Belohnung«, erwiderte Bruder Bacon.
    »Habt Ihr eine Kopie erstellt?«
    »Ja, von den interessanteren Teilen. Der Rest ist bruchstückhaft. Wenn die Zeit es mir erlaubt, werde ich es vielleicht beenden.«
    »Darf ich es sehen?«
    »Ich wäre sehr erfreut, es Euch zu zeigen«, erwiderte Bacon

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