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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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Maschinen, die den Rahm von der Rohmilch trennten, bei der Arbeit betrachten konnten. Hier herrschte ein kräftig stechender Geruch, der von dem scharfen, ranzigen Aroma gärenden Käses durchdrungen war. Dieser Geruch war für Minas kindliche Sinne so überwältigend gewesen, dass sie ihn niemals mehr vergessen hatte.
    Sie grüßte nun den Bauern und blieb stehen, um ihn beim Vorbeigehen zu beobachten und den Geruch einzuatmen. Mina dachte immer noch an jenen Schulausflug, den sie so lange vergessen hatte und jetzt so anschaulich wieder aufleben ließ, als der Weg abbog, um der Krümmung des Flusses zu folgen, und in ein Buchenwäldchen führte. Das Sonnenlicht, das sich durch die Baumkronen brach, warf gesprenkelte Schatten auf den Pfad, und Mina blickte auf diese Muster am Boden, während sie weiterspazierte. Ohne Absicht steckte sie die Hand in die Tasche und streifte dabei Burleighs Vorrichtung. Zu ihrer Verblüffung fühlte sich das Gerät warm an.
    Sie schaute an sich herab und sah ein tiefblaues Licht, das durch den Stoff ihres Arbeitskittels leuchtete.
    Daraufhin blieb sie stehen und zog mit zitternden Fingern die von Messing ummantelte Vorrichtung heraus. Ein grelles blaues Licht strahlte aus den kleinen Löchern, die an einer Seite in einer gebogenen Reihe angeordnet waren, und ebenso aus der zentralen halbmondförmigen Öffnung. Irgendetwas hatte das Instrument zum Leben erweckt – aber was?
    Mina schaute sich ihre Umgebung an. Sie registrierte die Bäume, den Weg mit den Schatten der Blätter, den weiten Flussbogen und über sich den Himmel mit den wenigen kleinen Wolken und den hochsteigenden Vögeln. Sie betrachtete alles, sah jedoch nichts, von dem sie annehmen könnte, dass es das plötzliche Erwachen des seltsamen kleinen Apparats ausgelöst hatte, der selbst jetzt noch ihre Hand ziemlich stark wärmte.
    Langsam begann sie weiterzugehen, wobei ihr Blick auf das Gerät gerichtet blieb. Der Weg bog sich entsprechend dem Flussverlauf, und allmählich wurde das Licht in Burleighs Instrument schwächer. Sie marschierte weiter, bis der letzte kleine Schimmer des blauen Lichts verschwand. Dann drehte sie sich um und ging die Strecke zurück. Wie sie es halb erwartet hatte, flammte nach ein paar Schritten der Lichtschein wieder auf ... und nach einigen weiteren Schritten wurde er heller.
    Sie ging rasch ein Dutzend Schritte entlang des Pfades und entfernte sich dann aus dem Schutz des Wäldchens. Das matt schimmernde blaue Licht wurde abermals langsam schwächer und verschwand, und die Vorrichtung auf ihrer Hand kühlte sich ab.
    Sie hielt an. Nun war sie sich sicher, dass sie an der Schwelle einer Entdeckung stand. Sie machte kehrt und ging wieder in das Wäldchen zurück. Das tiefe indigoblaue Licht kam zurück, und diesmal hatte sie den Eindruck, als ob sie ein schwaches, piepsendes Geräusch gehört hätte – fast wie das Tschilpen eines Vogelkükens. Sie ging langsam weiter und hielt sich dabei die Vorrichtung an ihr Ohr. Ihre Vermutung bestätigte sich: Ja, tatsächlich, das Ding sprach zu ihr. Instinktiv legte sie den Finger auf den winzigen gerändelten Knopf, der sich an der Oberfläche des Apparates befand, und drehte vorsichtig daran: Das piepsende Geräusch wurde lauter.
    »Hallo!«, sagte sie leise zu sich selbst. »Das ist ein Lautstärkeknopf.«
    Immer noch ging sie langsam weiter. Sie registrierte es genau, als das blaue Leuchten wieder nachzulassen begann; doch anstatt zu warten, bis es völlig verschwand, machte sie nun auf dem Absatz kehrt und ging in die entgegengesetzte Richtung, wobei sie mit ausgestrecktem Arm das Instrument vor sich hielt. Genau an der Stelle, wo das Licht am hellsten und das Geräusch am lautesten war, blieb sie schließlich stehen.
    Offensichtlich markierte Burleighs Vorrichtung diese Stelle, doch so sehr sie sich auch bemühte, sie vermochte nicht zu erkennen, warum. Sie stand vollkommen ruhig da auf der kleinen Waldlichtung, zu der sie das Gerät geführt hatte, und blickte starr auf ihre Umgebung. Was war an diesem Ort anders – oder so besonders?
    Sie versuchte sich genau zu erinnern, was geschehen war, als sie zum ersten Mal einen Ley-Sprung gemacht hatte. Etwas, das Kit gesagt hatte – über Linien, die in die Landschaft geätzt seien –, kehrte langsam in ihr Bewusstsein zurück. Sie schaute sich nach etwas um, das vielleicht einer Linie ähnelte. Obwohl es ein paar Augenblicke dauerte, dämmerte ihr schließlich die Erkenntnis. Sie starrte nämlich

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