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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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zum Ausdruck.
    »Ich glaube nicht, dass ich mich irgendwie noch klarer über dieses Thema äußern könnte. Diese Wissenschaft wird noch unser aller Tod sein.«
    »Vater«, warf Lady Fayth mit lauter, deutlicher Stimme ein, »ich glaube, unser Gast hat dich mit Sir Henry verwechselt.«
    »Oh? Ist dem so?« Lord Fayth wandte sich einmal mehr Burleigh zu. »Ach ja, ich verstehe. Natürlich.«
    »Sir Henry?«, fragte Burleigh verwundert.
    »Mein geistesgestörter Bruder Henry Fayth. Er ist ganz eingenommen von all diesem Naturwissenschaften-Quatsch. Eine schlimme Form der Zeitverschwendung für einen Mann, wenn Ihr meine Ansicht dazu hören wollt.«
    Bevor Burleigh etwas auf diese provokante Meinung erwidern konnte, bestritt Lady Fayth die Behauptung ihres Vaters. »Er ist kein Geistesgestörter, teurer Vater. Er ist weit davon entfernt. Onkel Henry zählt zu den klügsten Männern, die ich kenne.« Sie lächelte Burleigh an und fügte hinzu: »Mein Onkel ist ein charmanter und liebenswürdiger Mensch – und einer der führenden, hell leuchtenden Köpfe der neuen Wissenschaften.«
    »Er ist vollkommen verrückt«, widersprach ihr Vater. »Ist es immer gewesen. Lebt alleine in London wie ein Mönch in einer Zelle – ein jämmerlicher Eremit. Hat niemals geheiratet. Behauptet, es würde ihn bei seiner kostbaren Arbeit stören. Doch was das sein soll, weiß nur Gott allein. Ich werde nicht schlau aus seinem Geschwätz.«
    »Vater, also wirklich«, schalt ihn Haven. »Du gibst unserem Gast einen völlig falschen Eindruck.«
    »Bitte, ich versichere Euch, dass ich mir keinen Eindruck – welcher Art auch immer – gemacht habe«, beschwichtigte Burleigh sie. »Ich ziehe es vor, die Dinge so zu nehmen, wie ich sie vorfinde: eine Einstellung, die mir mein ganzes Leben lang gute Dienste geleistet hat.«
    »Schön für Euch, Sir«, pflichtete Lord Fayth ihm bei und griff nach der Karaffe. »Noch etwas mehr Brandy, Mylord?«
    Das Gespräch wechselte anschließend zu bodenständigen Themen; hauptsächlich kreiste es um Landwirtschaft, Pferde und Jagdhunde. Lady Fayth hatte genug von dem ertragen, was sie als ungebildetes Geschwafel erachtete. Daher verkündete sie, es sei für sie an der Zeit, sich zurückzuziehen. »Ich werde Euch zwei hier zurücklassen, damit Ihr die Welt wieder in Ordnung bringen könnt«, erklärte sie leichthin. »Lord Burleigh, es war sehr nett, Eure Bekanntschaft zu machen. Ich hoffe sehr, Euer Aufenthalt im Süden wird ganz und gar zur Förderung Eurer Bildung und zu Eurem Nutzen verlaufen.«
    »Ich danke Euch, Mylady«, erwiderte er. »Selbst in meiner kurzen Zeitspanne hier habe ich herausfinden können, dass die Leute in dieser Gegend sehr nach meinem Geschmack sind. Die Bildung wird im Verlaufe der Zeit sicherlich noch folgen.« Er erhob sich aus seinem Sessel und ergriff die angebotene Hand. »Ich wünsche Euch eine gut Nacht und angenehme Träume.« Dann tätschelte er ihre Hand und küsste sie. »Bis zu unserem Wiedersehen.«
    »Ich bezweifle doch sehr, dass dies geschehen wird«, entgegnete Lady Fayth. »Morgen Vormittag werde ich nach London abreisen; und ich habe die Absicht, eine geraume Zeit dort zu bleiben. Doch da ich davon ausgehe, dass Ihr und mein Vater alle Arten von Betätigungen finden werdet, mit denen Ihr Euch selbst beschäftigen könnt, werdet Ihr mich nicht im Geringsten vermissen.«

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ELFTES KAPITEL

    B evor ihre Reise nach Ägypten auch nur eine entfernte Möglichkeit wurde – lange vor ihrem Sprung in jene Zeit und zu jenem Ort oder in jede andere fremdartige Welt –, hatte Mina ihr Lehrgeld bezahlt. Erst zögernd, dann sehr gewissenhaft und schließlich wie eine Besessene. Völlig unerwartet war sie innerhalb weniger Sekunden aus ihrer Londoner Heimat nach Böhmen und vom einundzwanzigsten in das siebzehnte Jahrhundert verpflanzt worden. Anschließend hatte sie ganz auf sich allein gestellt in der fremden Umgebung zurechtkommen müssen; und weder ein Cosimo noch ein Sir Henry waren bei ihr gewesen, um sie in die neuartige Welt der Ley-Reisen einzuführen. Gleichwohl hatte sie Kenntnisse und Fertigkeiten auf diesem Gebiet erworben – durch harte Schufterei und einen langen, ermüdenden Prozess der Wissensaneignung auf der Grundlage von Versuch und Irrtum. Es war eine anspruchsvolle Lehre, und sie begann an jenem Tag in dem Großen Kaiserlichen Kaffeehaus in Prag, als sie den Apparat in Empfang nahm, den ihr Freund Gustavus Rosenkreuz für sie nach den Plänen von Lord

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