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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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sich der Rauch in dicken und dünnen Schwaden um die Trümmer des wackligen Fahrzeugs kringelte. Oliver sah staunend zu. Der Nebel verwandelte sich in einen Körper. Kehrten die Geister der armen toten Familie zurück, um den eigenen Scheiterhaufen zu betrachten?
    »Harry!«
    »Ich sehe es«, sagte der Wolfschnapper.
    Langsam nahm der Nebel Gestalt an – ein gehörnter Krieger in voller Rüstung – nein, es war keine Rüstung, die Metallplatte war sein Körper … ein Dampfmann.
    »Harry, was im Namen des Zirkels …«
    »Dampfo-Loa«, sagte Harry. »Einer ihrer Götter – ein Geist ihrer Ahnen.«
    Während sie weiter zusahen, deutete die geisterhafte Figur mit einem kettenbewehrten Handschuh nach Süden und schüttelte warnend den Kopf. Dann wandte sie sich nach Osten und zeigte zu den entfernten Bergen, zum Freistaat der Dampfmänner hinüber. Es war klar, was das bedeutete.
    »Es will nicht, dass wir nach Shadowclock gehen, Harry.«
    »Nun schmeiß mich doch einer lang hin, jetzt habe ich doch wirklich alles gesehen. Es sei denn, dass hinter dem Hügel ein Weltensänger hockt und sich scheckig lacht. Aber wieso?«
    Wie zur Beantwortung von Harrys Frage drang ein seltsames Heulen durch die Luft, wie ein Mensch, der gepeinigt durch die Kehle eines Wolfes schrie.
    »Was war das für ein Geräusch, Harry?«
    Harry sah zum Nebel über dem Hügel, wo sich die Gestalt des Dampfmannes in kleine Schwaden auflöste. »Nichts, das so weit nördlich der cassarabischen Grenzen unterwegs sein sollte. Lauf zu den Bergen hinüber, Junge. Schnell – SOFORT!«
    Während Oliver wieder über den Friedhof des alten Schlachtfelds spurtete, sah er sich kurz um. Nichts. Nur die Trümmer des misslungenen Fluchtversuchs der Quatershifter.
    »Deine Donnerbüchse«, rief Harry Oliver zu. »Das Gewehr! Nimm es ab und lade es.«
    Harry zog im Laufen seine lange Pistole aus seinem Rucksack, klappte sie auf und ließ die Munition hineingleiten. Olivers Gewehr mit dem glockenförmigen Lauf baumelte neben dem zusammengefalteten Zelt und war dort genauso festgesteckt, wie der Wolfschnapper es ihm gezeigt hatte. Es genügte, einmal an der Verschnürung zu ziehen, damit die Waffe mit dem hölzernen Schaft direkt in seine rechte Hand rutschte. Während er weiterrannte, drückte er mit dem Daumen die Verriegelung und klappte die Waffe in der Mitte auf, so dass der Lauf an den Angeln zum Boden hin kippte. Die Kristallmunition fühlte sich in seinen Fingern an wie Eis, als er ungeschickt versuchte, sie in die Öffnung hineinzuschieben. Sie rutschte jedoch vorschriftsmäßig an ihren Platz, und die Donnerbüchse klappte nach einem sanften Schubs mit der Handfläche zu.
    Oliver suchte das Land hinter ihnen mit den Augen ab. »Ich höre das Geräusch nicht mehr.«
    »Ganz nahe«, keuchte Harry. »Die jagen geräuschlos.«
    Etwas stieß Oliver hart auf den sumpfigen Boden, federte an ihm vorüber und stürzte sich auf den Wolfschnapper, eine Masse offen sichtbarer, pulsierender Muskeln – als hätte das Geschöpf zugelassen, dass man ihm Fell und Haut abzog. Oliver rappelte sich wieder auf. Die Pfoten des Wesens schlugen auf den Boden, und Harry, der wieder seine Weltensängertricks einsetzte, war nur verschwommen zu sehen; er ließ die Klauen der Bestie ins Leere greifen, selbst dann, als sie ihn in die Enge getrieben hatte.
    Mit einem Knacken, als ob Holz zersplitterte, prallte etwas von den Felsen zu Olivers Rechten ab und ließ harte Staubkörnchen auf seine Schulter regnen. Rotröcke standen auf den Hügeln, auf die Oliver und Harry vor der Warnung des Geisterwesens zugehalten hatten. Sie hielten lange, dünne Flinten mit aufgepflanzten Bajonetten in Händen, und die Läufe waren auf ihn gerichtet.
    Harry wälzte sich mit dem jagenden Ungeheuer im Schlamm. Selbst wenn er ein Scharfschütze und nicht nur ein Amateur mit einer Seemannsbüchse gewesen wäre, hätte Oliver keinen Schuss abgeben können, ohne sie beide zu treffen. Dann ertönte ein lautes Knurren, und als Oliver zur Kuppe des Granitblocks hochsah, hinter dem er Zuflucht gesucht hatte, sprang das zweite Untier auf ihn herab. Oliver schrie, als der Jäger sich in seinen Unken Arm verbiss, das Gewicht drückte ihn auf die nasse Erde, aber verzweifelt schob er die Donnerbüchse ins Maul des entsetzlichen Wesens. Als er den Hahn spannte, riss das Tier ihm die Waffe aus der Hand, und eine Ladung Schrot und Donner krachte gegen den Felsen – der Großteil drang breit gestreut in die Flanke

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