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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Bitte leg dich hin, oder ich müsste meinen Drohnen schweren Kessels befehlen, dich an den Tisch zu binden.«
    Olivers Magen hatte bei der bloßen Erwähnung von Essen angefangen, zu knurren. »Nahrung wäre mir sehr willkommen, Konstrukteur Goldkopf.«
    »Ich habe die Angestellten unserer Botschaft bereits benachrichtigt«, sagte der Konstrukteur. »Sie haben viel Erfahrung mit der Zubereitung organischer Nahrungsstoffe nach der Art, wie Eilblüter sie verschreiben.«
    Eine Mahlzeit, von einer Rasse gekocht, die über keine Geschmacksnerven verfügte? Nun, angesichts der Geräusche, die aus seinem Bauch drangen, würde er sich über nichts beklagen.
    Oliver verbrachte zwei weitere Tage in der Klinik des Dampfkonstrukteurs. Da er keinen Besuch bekommen durfte, bestand seine einzige Gesellschaft in den stummen, spinnenartigen Mu-Körpern und ihrem Herrn. Oliver beobachtete, wie der schimmernde, übergroße goldene Kopf des Konstrukteurs gedankenversunken und schweigend nickte, während er geschäftig durch den Raum eilte. Er hatte viel Zeit, die ausgedehnte Bergwelt Mechanzias durch die großen, klaren Fenster der Klinik zu betrachten. Die nebelverhangenen Gebäude der Stadt erhoben sich wie Korallenriffe von den Bergen, um die Hänge zogen sich plankengeschützte Pfade, und breite Treppen waren in den Stein geschlagen. Nachts hörte er, wie die Höhenwinde die tausend Gebetsflaggen flattern ließen, farbenfrohe Wimpel, gestreichelt vom Wind, während zahllose Glöckchen, aus den Knochen von Dampfmännern gemacht, im Rhythmus der Brise leise klingelten.
    Tagsüber sah Oliver den Dampfkindern in ihren geliehenen Krippenkörpern zu, wie sie die Treppen zu den freien Plattformen auf den Gipfeln gegenüber dem Konstrukteursaal erstiegen. Dort saßen sie in ordentlichen Reihen und sangen ihren bizarren Maschinencode, uralte Hymnen auf die Dampfo-Loas und ihre Urahnen: Stahlbhalah-Waldo, Sogbo-Rohr, Legba von den Ventilen.
    Wie er so auf seinem Bett in der Klinik saß, bekam Oliver Dinge mit, von denen er zu Zeiten, da er noch kraft des Registrierungsbefehls in Hundred Locks festsaß, allenfalls hatte träumen können: Er beobachtete Prozessionen der Dampf-Mystiker, wie sie in der Abenddämmerung tanzten und herumwirbelten, und sah die furchterregenden Kanonenkisten – hausgroße Dampfmänner, die vorsichtig auf zwei Beinen die Treppen hinaufkletterten und riesige Kanonen mit sich führten, um jeden Eindringling abzuwehren, der närrisch genug war, diese Bergfestung anzugreifen.
    Am dritten Tag war der Arzt des Königs endlich der Meinung, Oliver sei nun erholt genug, um Harry zu sehen. Konstrukteur Goldkopf führte ihn durch die Säle und auf eine wesenlose Transportplattform, die draußen wartete. Ihre Schlote waren gut auf die Höhenluft abgestimmt und bliesen eine dünne Rauchfahne in die kalte Luft, als sie Oliver und seinen Betreuer durch die steilen Straßen Mechanzias trug. Auf keinem dieser Bergpfade war besonders viel Betrieb, und die Transportplattform musste kaum ihre Pfeife bemühen, da die Dampfmänner galant den Weg frei machten, sobald sie sich näherte. Die mechanzische Gesellschaft erschien nicht so gemischt wie die einer jackalianischen Stadt, dachte Oliver, aber gelegentlich sahen sie einen Craynarbier oder einen Kaufmann aus Jackals. Meist waren es Kohlenhändler, in warme Pelzmäntel gehüllt, die lange Maultierkarawanen führten, aus deren schweren Tragekörben schwarzer Kohlenstaub aufstieg. Die gemächlich dahinschreitende Plattform musste sich durch viele enge Straßen quetschen, die von beiden Seiten eng von geweißten Gebäuden eingefasst wurden, deren rote, pagodenartige Dächer sich bis in die dünnen Nebelschwaden erhoben – so hoch, dass die Straßen wie Schluchten wirkten. Aus einigen Fenstern winkten ihnen Dampfmänner zu.
    »Ist Harry in der Nähe?«, fragte Oliver den Konstrukteur.
    »Er ist noch immer im Palast«, erwiderte der Dampfmann.
    Es war eisig kalt auf der ungeschützten Plattform, und Oliver vergrub die Hände tief in den Taschen seines Pelzmantels. Kein Wunder, dass ein so großer Teil des Dampfmann-Freistaats aus diesem Bergreich auf dem Dach der Welt bestand – kaum eine andere Rasse in Jackals wäre bereit gewesen, lange in diesen steilen Klippen zu leben.
    Der Pfad wurde nun breiter, sie ließen die engen Häuserschluchten hinter sich und kamen zu einer schweren Hängebrücke, die über einen tiefen Abgrund zu Mechanzias königlicher Festung rührte. Ein

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