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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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war nicht vom Verstand eines Weichkörpers erdacht worden, auf gar keinen Fall. Keine einzige verschwendete Simpelzeile war darin, alles war elegant, wunderschön, wie der Klang einer vollkommenen Glocke. Kurz bedauerte das Ding, dass es den Verfasser dieser Lochkarte niemals kennenlernen würde. Ein Dampfmann, so viel war klar, und noch dazu ein Wesen mit Stil. Welch eine Verschwendung, eine solche Intelligenz vernichten zu müssen. Der Dampfmann hätte seine Riechvorrichtung besser aus den Angelegenheiten seines Schöpfers herausgehalten. Jetzt war es zu spät.
    In einem der vielen Kristallgittertürme von Greenhall langte eine Hand nachlässig zu einer Kiste Lochkarten hinunter und zog die vorderste heraus. Es war leichte Arbeit, denn in diesem Turm verarbeitete man nur automatisierte Anfragen. Mehlvorräte in Fort Downdirt gingen zur Neige: jetzt wieder auffüllen. Hier musste man nicht mühsam die mit zitternder Hand geschriebenen Geburtstagsgrüße einer alten Frau an ihren Sohn entziffern – wie die Angestellten in den öffentlichen Stationen. Und das war in diesem Falle auch sehr gut so. Denn hätte der Kartensortierer die kryptische Botschaft auf der Lochkarte entschlüsselt und versucht, ihren Inhalt zu melden, dann hätte man seine Leiche nur einen Tag später aus den Abwässern des Gambleflowers gefischt.

15
     

     
     
     
    Oliver war auf dem Grund des Meeres. Manchmal trieb er zur Oberfläche hinauf, und sogleich ließ der Druck des Wassers nach. Dann war er nahe genug am Licht, um die Stimmen zu hören. Einen schneidenden Ton; es beklagte sich jemand. »Ich bin ein Konstrukteur, kein Tierarzt.«
    Dann war es wieder weg. Bei anderen Gelegenheiten hörte er Gesang. Seltsame Melodien, unmenschlich, aber perfekt. Allerdings ohne Worte. Eher wie ein Code. Dann sank er wieder in einen Saal vollkommener Schwärze. Es war friedlich, zeitlos, bis ein weißer Punkt am anderen Ende des Raumes auftauchte. Er wurde größer und nahm Gestalt an -eine unangenehme Gestalt.
    Der Flüstermann.
    »Oliver«, zischte er. »Kannst du mich hören?«
    »Das ist kein Traum«, sagte Oliver. »Ich träume nicht.«
    »Konzentriere dich auf mich, Oliver. Bleib bei mir, du liegst im Koma. Dein Körper wäre letzte Woche beinahe zweimal gestorben.«
    »Ich fühle mich so leicht, Nathaniel, ich könnte geradewegs wegfliegen.«
    »Du wirst ewig durch die Gegend schweben, mein Junge. Du wurdest vergiftet. Die zwei Sklavenjäger aus Cassarabien hatten irgendeine Giftdrüse an ihren Zähnen – die Konstrukteure glauben, das Zeug stammt von einem giftigen Aal.«
    »Konstrukteure?«
    »Du bist im Freistaat der Dampfmänner, in den Bergen von Mechanzia. König Dampfs eigene Ärzte versuchen dich zu retten.«
    »Das ist nett«, sagte Oliver. »Flüstermann, du siehst selbst krank aus, dünner – und diese Wunden an deiner Hüfte …?«
    »Mir wurde die letzten Tage kein Essen gegeben.« Der Flüstermann hustete. »Außerdem bin ich gegen eine Tür gelaufen, aber ich sag dir, du solltest erst mal sehen, wie die Tür aussieht.«
    Oliver legte sich auf den endlosen Boden des Saales. »Dann lass uns schlafen. Es ist immer besser, wenn man geschlafen hat.«
    »Schlaf nicht ein!«, brüllte der Flüstermann. »Oliver, bleib bei mir. Du schläfst ein und wirst nicht mehr aufwachen. Dein Körper wehrt die Infektion nicht gut genug ab – das Gift ist nicht irrvernebelt, und es ist auch keine Weltensängerzauberei, deswegen gehst du nicht dagegen an. Der Teil von dir, der von der anderen Seite der Irrnebelwand stammt, kümmert sich nicht im Geringsten um eine banale Infektion.«
    »Ist mir egal«, murmelte Oliver. »Es ist Zeit zum Ausruhen.«
    »Dann wollen wir ist mir egal mal auf die Sprünge helfen«, sagte der Flüstermann und packte Olivers Arm. »Verdammt noch eins, du stirbst ja sowieso.«
    Irgendetwas sprang aus dem Körper des Flüstermanns und in Olivers Arm, als würde er in Säure getaucht. Schreiend versuchte Oliver sich wegzurollen.
    »Kommen die alten irrvernebelten Säfte jetzt nicht in Schwung? Willst du etwa immer noch schlafen?«
    Überall Dunkelheit, keine Möglichkeit zu fliehen. Oliver versuchte, sich dem Griff des Flüstermanns zu entwinden, aber das Geschöpf packte ihn am Knöchel, und ein neuerlicher, heftiger Schmerz strahlte wie eine Sonne durch sein Bein, ließ Muskeln platzen und brennen.
    »Das ist keine biologische Sache, Oliver, nur du und ich mit einer kleinen irrvernebelten Spielerei. Wie die Spaße, für die

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