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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Junge, aber sei wachsam. König Dampf saß schon auf dem Thron, als Isambard Kirkhill unseren Monarchen von seinem geschubst hat; dieser alte Dampfer ist so durchtrieben wie ein Käfig voller Affen.«
    Oliver folgte dem Höfling tiefer in die königliche Zitadelle hinein. Der Dampfmann bewegte sich mit ruhiger Gemessenheit vorwärts und hoffte vielleicht, dass die Umstehenden, an denen sie vorbeikamen, bemerken würden, dass er in unmittelbarem Dienst des Herrschers stand. Gemeinsam erreichten sie ihr Ziel. Oliver spürte einen kühlen Hauch, als er die Halle betrat; als er aufsah, stellte er fest, dass es kein Dach gab. Sie standen auf einer flachen Plattform, die in die Bergwand geschliffen worden war. Mitten auf dem Boden saß eine kleine Gestalt. Sie war nicht einmal so groß wie ein Greifer und hätte als eisernes Spielzeug durchgehen können, im Ganzen recht unauffällig, sah man davon ab, dass sie eine größere Ähnlichkeit mit Menschen besaß als jeder andere Dampfmann, den Oliver je gesehen hatte. War das König Dampf, oder wollte der lenkende Kopf des Metallvolks nun dieselben Spielchen mit ihm spielen, die der Wolfschnapper vermutet hatte?
    »König Dampf?«, fragte Oliver. »Ich meine, Euer Majestät?«
    Die goldene, im Schneidersitz dasitzende Gestalt neigte ganz leicht den Kopf. »Setz dich, Oliver Weichkörper.«
    Da es keine Stühle gab, folgte Oliver dem Beispiel des Herrschers und ließ sich ihm gegenüber auf dem Boden nieder, wie ein Kind, das darauf wartet, dass die morgendliche Schulversammlung begann – obwohl der Dampfmann nicht so aussah, als wollte er gleich eine Fabel aus dem Zirklistischen Buch vorlesen.
    »Du frierst hier draußen nicht zu sehr, hoffe ich?«, fragte König Dampf. Tatsächlich bewegten sich seine Lippen, als er sprach – ohne Sprechvorrichtung.
    »Ich fühle mich im Augenblick sehr wohl – Euer Hoheit.«
    »Ich saß früher gern da und sah den Na-Falken zu, wie sie über die Berge zogen«, sagte König Dampf. »Glaubst du, dass ihr Flug Wahrheiten enthüllen kann?«
    »Die Wahrheit, die man mit klarem Kopf erfassen kann, vielleicht, Euer Hoheit.«
    Der König nickte. »Du sprichst wie jemand, glaube ich, der viel dagesessen und beobachtet hat – als Außenseiter.«
    »Es war gewissermaßen ein Hobby von mir, bis vor ein paar Monaten«, sagte Oliver. War tatsächlich erst so wenig Zeit vergangen, seit sein altes Leben zu Ende gegangen war und dieses neue begonnen hatte?
    »Du schienst überrascht, mich in diesem Körper zu finden, als du die Halle betratest.«
    »Ich hatte mir vorgestellt – ich weiß auch nicht –, Sie seien ein riesiger Berg aus Maschinen, der Dampf aus Tausenden von Mu-Körpern ausstößt, die sich um Ihre Einzelteile kümmern –, und sie alle seien Sie«, sagte Oliver.
    »Ich habe viele Körper getragen«, erwiderte König Dampf, »und ich war sowohl mehr als auch weniger als das, was du nun vor dir siehst. Aber ich glaube, ich war nie ein Berg. Was dir vorschwebte, wäre sicher für jene, die nicht zu meinem Volk gehören, sehr beeindruckend gewesen. Vielleicht könnten wir einen Haufen alten Schrotts zusammenbauen, um so ein Ding zu schaffen, und ich könnte mich dann mit einer Sprechvorrichtung hinter einem Vorhang verstecken. Ich würde eurer Botschafterin bei ihrem nächsten Besuch gern ein wenig Angst einjagen. Aber ich fürchte, mein eigenes Volk würde darüber lachen. Für uns ist weniger oft mehr. Wir ziehen es vor, wenn große Macht sich in unscheinbare Verkleidungen gewandet.« Er warf Oliver einen bedeutungsvollen Blick zu.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich große Kräfte habe, Euer Majestät.«
    »Aber, bitte, doch nicht so bescheiden«, sagte König Dampf. »Weißt du, weshalb mir dieser Körper so lieb ist?
    Weil er einer meiner ersten war. Er stammt aus einer älteren Zeit, alt genug, um eure Geschichtswissenschaftler zu schockieren, wenn sie die Möglichkeit besäßen, sein Alter zu bestimmen. Ich habe Zeitalter des Eises erlebt – und Zeitalter des Feuers. Ich habe erlebt, wie sich die Kontinente änderten und wieder änderten. Ich habe gesehen, wie sich sogar die physikalischen Gesetze durch Phasentransformationen entwickelten – und abgesehen von ein paar seidengekleideten Blahattschluckern in Cassarabien bin ich vermutlich das einzige Geschöpf der Welt, das eine Beobachterin auf dem Boden Jackals herumwandern sah und sich dachte: o nein, nicht schon wieder.«
    Oliver wandte den Blick ab.
    »Ja, Oliver Weichkörper. Ich

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