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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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aufzuhören. Hätte ihnen am liebsten gesagt, dass sie doch auch das Volk waren, das Volk von Middlesteel. Nicht anders als die Soldaten, sah man von einem zufällig anderen Ort der Geburt ab. Nicht anders als sie selbst, ihre Mütter, ihre Schwestern, ihre Freunde. Dass sie alle zusammen Landsleute sein konnten, wenn sie sich nur richtig Mühe gaben. Aber sie wusste, was geschehen würde, wenn sie das tat, und sie stellte fest, dass sie in ihrem hohen Alter, mit ihren Schmerzen und Gebrechen, zwar oft an das Ende des langen Marsches gedacht hatte, aber dass sie nun doch noch gern ein wenig weiterleben wollte. Es erschien ihr nicht wie Feigheit, nur wie gesunder Menschenverstand.
    Dann drängte sich ihr ‚ein Gedanke auf, einer jener zufälligen Einfälle, den der Verstand gelegentlich nach oben spült, um sich von einer Szene abzulenken, die zu ekelhaft und zu grauenvoll ist, um sie mit anzusehen.
    »Entschuldigen Sie, was bedeutet denn eigentlich Gleichmachung?«
    Tzlayloc sog befriedigt die kalte, frische Luft ein, die rund um das Karree des Hauses der Hüter herrschte. Einst hatte er davon geträumt, als gewähltes Parlamentsmitglied hier einzuziehen, die erdrückende Armut Middlesteels zu lindern, Dinge zu ändern. Die zerstörten Sockel, auf denen die Statuen von Isambard Kirkhill und anderer berühmter Parlamentarier gestanden hatten, trugen besonders diesem letzten Wunsch deutlich Rechnung. Es war eine Schande, dass man Hoggstone nicht ergriffen hatte, als sie den Palast der Demokratie umzingelt hatten. Nun, da jeder Laternenpfahl am Parliament Square von einem Hüter belegt war, der an einem Hanfseil baumelte, würde sein Komitee es in Erwägung ziehen müssen, die Dinge nach der Art von Quatershift zu regeln und den Ersten Hüter durch einen Gideonskragen zu schicken, sobald man ihn fasste.
    Man musste mit der Zeit gehen, wie die Säcke bewiesen, die man vor dem Altar aufgestapelt hatte, der in der Mitte des Karrees errichtet worden war. Tzlayloc hielt einen gleichgemachten Arbeiter an, dem Blut aus einem Sack über die stumpfe Metalloberfläches seines – oder ihres – perfekten Körpers tropfte. Die frühen Modelle der Fleischmetaller hatten Spuren des ehemaligen Geschlechts erhalten, die an der Zusammensetzung der Sprechvorrichtung erkennbar gewesen waren. Eine Ungleichheit, für die Tzlaylocs Mechomaniker und Fleischmagier bezahlt hatten. Es war überraschend, wie sehr ihre Bannflüche und Mechanismen sich weiterentwickelten, nachdem er einige von ihnen geopfert hatte.
    »Woher stammt dieser Sack, Landsmann?«
    »Aus der Gleichmachungsfabrik von Sieg Neun, Landsmann«, summte der geächtete Fleischmetaller.
    Tzlayloc fasste kurz in den Sack hinein: Herzen, viele hundert Stück, aber nur noch sehr wenige schlugen. Manche waren schon vor fast einem Tag entnommen worden. Sie würden frischer sein, wenn die Gleichmachungsfabriken über der Erde fertiggestellt worden waren. Im Augenblick mussten sie noch auf die wenigen Befreiungsfabriken zurückgreifen, die sie rund um Grimhope errichtet hatten. »Hervorragend. Wirf sie auf die Altarfeuer, Landsmann. Verbrenne die letzten Spuren der Sünde der Unterschiedlichkeit. Nun seid ihr frei. Frei von Gier und Lust und Stolz – frei von der Knute der Herrschenden! Alle Fabriken, in denen ihr arbeitet, sollen euch gehören!«
    Der gleichgemachte Geächtete kniete zu Tzlaylocs Füßen. »Gesegnet seiest du, Landsmann Tzlayloc. Tausend Segnungen für dich.«
    Tränen liefen Tzlaylocs Wangen hinab. »Steh auf, Bruder. Du musst nun vor niemandem mehr knien. Ihr seid es, für die ich das hier tue. Deine Worte bedeuten für mich mehr, als ich ausdrücken kann.«
    Er sah zu dem Kreis von Heuschreckenpriestern hinüber, die einen Schwall Rauchwolken von dem Feuerstoß in die Luft geleiteten. In den Rauchsäulen waren die herumschwirrenden Umrisse von Insekten zu erkennen. Stärker jetzt, und jede Stunde wurden sie mächtiger. Sie waren die perfekten Verbündeten. Überzeugt, unaufhaltsam und entschlossen, jeder von ihnen willens, ohne Zögern zu sterben, damit die Brüder dahinter umso schneller vorrücken konnten.
    Tzlayloc hob eine Hand und rief allen, die es hören konnten, zu: »Ich sehe eine perfekte Welt, Hebe Landsleute. Eine Welt, in der wir einander nicht als Konkurrenten gegenüberstehen, sondern Seite an Seite voranschreiten, zusammen, als Freunde – als Brüder und Schwestern. Jeder von uns den anderen gleich. Jeder von uns perfekt.«
    Die Gleichgemachten

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