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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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schnell bewegen, war aber mit ihrer Panzerung nicht für einen Marathonlauf gemacht. Dies war die Bestätigung. Irgendjemand wollte Molly tot sehen. Die Lage war wirklich ziemlich übel.
    Mit einem Satz sprang Molly über ein paar auf der Straße schnarchender Schnapsleichen und flitzte auf den stets offenen Eingang zu, der von keiner Tür verschlossen wurde. Sie prallte gegen einen der Gäste und verschüttete seinen Jinn über das Sägemehl auf dem Boden.
    »Presser!«, kreischte Molly mit durchdringender Stimme. »Alle raus – sie machen eine Razzia! Eine ganze Truppe von der Harn Street!«
    Im Erdgeschoss brach wildes Durcheinander aus, während hastig Stühle zurückgeschoben wurden und alles zu den Ausgängen drängte. Falls es einen ehrlichen Mann oder eine ehrliche Frau gab, die im Angel’s Crust etwas tranken oder ihren Geschäften nachgingen, dann hatten sie sich durch Zufall hierher verirrt. Wie viele andere Mädchen aus dem Arbeitshaus von Sun Gate, so hatte auch Molly sich schon ein paar Pennys damit verdient, als Posten vor dem Angel Wache zu halten.
    Von der Tür war ein Pistolenschuss zu hören, und etwas krachte gegen die Dachbalken, gefolgt von wildem Aufbrüllen und noch mehr Durcheinander. Ihre zwei Verfolger waren in den Schankraum vorgedrungen, und Molly hielt sich geduckt, Heß sich vom panischen Strom der Menge treiben und nutzte ihn als Deckung. Einer der Barkeeper schob sich an ihr vorbei, eine alte schwarze Donnerbüchse in den Händen. Sie kroch unter die Bar und huschte in den Keller, rannte an Wänden voller aufgestapelter Jinn-Fässer aus Eichenholz vorbei, von denen jedes das rote Brandzeichen des betreffenden cassarabischen Exporteurs trug.
    Dem Zirkel sei Dank. Der alte Schacht für die Angestellten war noch da, verborgen hinter einem zerlumpten Vorhang. Es war die Hintertür des Angel, angebracht für den Fall, dass eine rivalisierende Verbrecherbande beschließen sollte, das Lokal zu überfallen. Molly achtete sorgfältig darauf, dass der Vorhang den Schacht weiter komplett verdeckte, als sie sich für die kurze Rutschpartie abstieß und schließlich in einer Pfütze aus dreckigem Wasser und vergammelnden Flaschenkorken am Rand der heruntergekommenen Elendsviertel auf der anderen Seite landete.
    Das Labyrinth der Gänge dort veränderte sich ständig, indem die Bewohner neue Durchlässe schufen oder zusammengebrochene Mietshäuser zumauerten. Hier bestand jetzt nur noch eine geringe Chance, dass man sie erwischte. Vorsichtig suchte sie sich den Weg zum Hüter-Rathbone-Bahnhof durch die klaustrophobisch engen Straßen. Molly roch ihn, bevor sie ihn sah; zwei Reihen hoher Schornsteine schleuderten dunklen Kohlenrauch in den Himmel, um das Vakuum der Atmosfährtunnel aufrechtzuerhalten.
    Der Hüter-Rathbone-Bahnhof war ein Schloss aus weißem Marmor, von Ruß geschwärzt, mit gewölbten Glaskuppeln und Tragebalken, die sich über der Wartehalle kreuzten. Er galt allgemein als einer der schönsten der ganzen Atmosfährbahn, der es durchaus mit dem Hüter-Fairfax-Bahnhof in der Nähe des Palastes und vielleicht sogar auch mit dem Hüter-Kelvin-Bahnhof gegenüber dem Haus der Hüter aufnehmen konnte. Hier würde es jetzt allerdings gefährlich werden; es war schon zu spät, als dass Molly die Ströme nach Hause fahrender Sun-Gate-Schreiber als Tarnung hätte nutzen können. Nur noch ein paar Bummler verließen verspätet die angesehenen Cafés und Salons am Goldhair Park.
    Drei Dampfmänner reinigten die Wartehalle, sammelten Abfall ein und polierten das Mosaik der Schlacht von Clawfoot Moor, bei der das Parlament mit seinem Sieg den Bürgerkrieg beendet hatte. Molly musste hier schnell wieder heraus. Die Atmosfährbahn war ein zu offensichtlicher Fluchtweg. Schnell sah sie nach, wie viel Münzgeld sie besaß. Sogar für den billigsten Fahrschein fehlte noch ein Penny. Verdammt. Hätte sie nur früher daran gedacht, hätte sie im Angel’s Crust noch einen der Gäste um seine Brieftasche erleichtert.
    Auf der anderen Seite des Bahnhofs betraten nun zwei Gestalten in dunklen Jacken die Wartehalle. Molly huschte in den Schatten, den einer der Dampfmänner warf, ein eiserner Müllcontainer auf kurzen Stummelbeinen. Jetzt hatte sie keine Chance mehr, über die Absperrung des Fahrscheinkontrolleurs zu springen und zu einem der unterirdischen Bahnsteige zu rennen – die beiden Schläger würden sie sofort entdecken. Natürlich konnten sie auch ganz unschuldig sein, vielleicht waren sie nur

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