Das Koenigreich der Luefte
entstand, in dem sich die Züge bewegen konnten.
»In der Atmosfährbahn gibt es Eingänge in die Unterstadt. Rachael hat dauernd davon erzählt. Es wäre sicherer, als es durch die Kanalisation zu versuchen.«
Ver’fey stimmte ihr zu. Es gab alles Mögliche in den Kanälen von Middlesteel, und darunter war nichts, dem man allein und ohne Schutz begegnen wollte. Die Kanalschleifer der Stadt gingen nur bewaffnet und zu fünft oder sechst hinein. »Bitte, Molly, komm mit mir nach Shell Town. Das ist kein Leben für dich, da in der Unterstadt. Da gibt es nichts außer Verkommenen, Rebellen und Gossenmenschen. Wenn dich nicht irgendein Krimineller erledigt, dann die politische Polizei – sie pumpen doch immer Dreckgas in die Tunnel, um die Geächteten totzukriegen.«
Molly kniete sich neben Rachaels Körper. »Sie war immer so vernünftig, unsere Rachael. Wollte nichts als eine gute Stelle bekommen und ein ordentliches Leben führen. Immer sauber bleiben. Keine Widerworte geben.«
Ver’fey versuchte, Molly wegzuziehen. »Du hast recht, wir sollten jetzt gehen.«
»Und schau dir an, was es ihr gebracht hat, Ver-Ver. Sie liegt tot in diesem Dreckloch von einem Zuhause.«
»Bitte, Molly.«
Molly nahm eine Kerze und warf sie in einen Haufen Schundheftchen, und das billige Papier fing sofort Feuer. Flammen sprangen über die Hanfdecken und knisterten wie ein knuspriger Braten.
»Der Scheiterhaufen eines Helden für dich, Rachael, und wenn ich den widerlichen Abschaum finde, der dir – uns -das angetan hat, dann werde ich sie auch verbrennen und alles, was ihnen Heb und teuer ist. Das schwöre ich.«
Ver’fey bebte vor Nervosität. »Molly! O Molly, was hast du getan?«
»Lass es brennen«, sagte Molly, die sich plötzlich sehr müde fühlte. Sie führte Ver’fey aus dem Schlafsaal, bevor die Flammen die wacklige Holztreppe erreichten. »Lass es bis auf die Grundmauern niederbrennen.«
Der Erste Hüter Hoggstone tippte mit seinem Schuh ungeduldig gegen die große Porzellanvase, die neben seinem Schreibtisch stand und in zartem Obsidianblau Triumphszenen aus dem Bürgerkrieg zeigte. Das wöchentliche Treffen mit König Julius war eine ermüdende Formalität, die im Grunde nur als Vorwand dafür diente, vom Kommandanten der Sondergarde auf dem Laufenden gehalten zu werden. Dennoch hielt das Parlament an seinen alten Traditionen fest. Zwei Weltensänger flankierten die Tür zum Dienstzimmer des Ersten Hüters. Hoggstone lächelte in sich hinein. Die Sondergarde kontrollierte den König. Die Weltensänger kontrollierten die Sondergarde. Er kontrollierte die Weltensänger. Und wer kontrollierte den Ersten Hüter? Nun, die Wähler natürlich. Diese anonyme, vielgesichtige Herde, dieser heulende, lauernde Pöbel. Hauptmann Flare betrat den Raum. Ohne den König, stattdessen aber mit dem Welpen, Kronprinz Alpheus, im Schlepptau.
»Julius?«, fragte Hoggstone scharf.
»Hat wieder die Wassermannkrankheit«, antwortete der Hauptmann. »Er wird den Palast mindestens eine Woche lang nicht verlassen können.«
Hoggstone seufzte und betrachtete den Welpen. Es machte ihn stets nervös, einen beinahe schon gekrönten Monarchen vor sich zu sehen, der noch immer im Besitz seiner beiden Arme war.
»Wieso trägt der Junge seine Gesichtsmaske nicht, Hauptmann?«
»Asthma«, erklärte Hauptmann Flare. »Bei dieser Hitze bekommt er darunter Erstickungsanfälle.«
»Ich hasse die Maske«, beschwerte sich der Prinz. »Das Eisen reibt meine Ohren wund, bis sie bluten.«
Hoggstone seufzte wieder. »Wir werden eine königliche Hure für dich finden, Welpe, damit du uns einen neuen König zeugen kannst. Und dann werde ich das Parlament davon zu überzeugen versuchen, dass man ihm gar nicht erst das Sprechen beibringt. Ist doch verdammte Zeitverschwendung, dass du etwas anderes von dir geben kannst als die Bestätigung, die du einmal die Woche wie ein Papagei wiederholst.«
»Ich hasse Sie!«
Hoggstone erhob sich und stieß dem Prinzen seine vierschrötige Faust in den Bauch. Der Junge krümmte sich auf dem Boden zusammen, dann trat ihn der Erste Hüter gegen den Kopf. »Und so sollte es auch sein, Euer Hoheit. Jetzt halte die Klappe, sonst nehmen wir dir deine Arme früher ab, lassen sie in Gold gießen und stellen sie neben denen deines Vaters in der Halle des Volkes aus.«
Flare hob den würgenden, keuchenden Jungen auf und setzte ihn auf einen Stuhl. »War das nötig, Erster Hüter?«
»Für mich schon«, sagte Hoggstone. Der
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