Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
Vom Netzwerk:
ist beschämend. Aber es mag auch anders sein, als es den Anschein hat – es gibt viele Arten von Vermächtnissen.«
    Die Aufzugtür öffnete sich, und sie befanden sich in einer großen Kammer mit gewölbter Decke, in der eine Reihe leerer Müllcontainer von der Art standen, wie sie auch Schleichrads Körper ausmachten. Mit einem Knirschen, als ob Metall auseinanderbräche, löste sich Schleichrads Vorderseite von dem vielbeinigen Container und ließ ihn hinter sich wie eine Schildkröte, die sich aus ihrem Panzer befreit. Der neue, kleinere Schleichrad war so groß wie Molly und lief auf drei Eisenrädern, die wie bei einem Dreirad angeordnet waren. »Unser Weg liegt jenseits der Bahnsteige der Atmosfährbahn. Die herrenlosen Krieger, die dir ans Leben wollen, werden ihre Suche oben sicherlich bald beenden und dann anfangen, hier unten nach dir zu suchen.«
    »Ich werde mich beeilen«, versprach Molly.
    Sie folgten einem kleinen, gasbeleuchteten Tunnel, an dessen Ende eine verschlossene Tür in die größte Verschiebestation des Hüter-Rathbone-Bahnhofs führte. In der Mitte der riesigen, runden Halle befanden sich mehrere miteinander verbundene Drehscheiben, um die fensterlosen Züge mit den Atmosfährkapseln von einem Gleis aufs andere zu schieben. Lange Rangierarme, die in Puffern ausliefen, bugsierten die Atmosfährkapseln durch Ledervorhänge in die Gleisröhren. Molly konnte das Dröhnen der vielen Reisenden hören, die auf der anderen Seite des Vorhangs die motorlosen Kapseln bestiegen, und dann das saugende Geräusch, als die Kapsel durch die Gummiluftschleuse in das Versandventil der betreffenden Linie bewegt wurde, bevor sie dann mit Druckgeschwindigkeit im Vakuum der Atmosfährbahn verschwand.
    Schleichrad führte Molly durch die Verschiebestation in eine kleinere Wartungshalle, in der weitere Kapseln aufgeschichtet wie Feuerholz in Reparaturbuchten lagen.
    »Geht es hier in die Unterstadt?«, fragte Molly.
    »Zuerst müssen wir Rotrost zurate ziehen«, sagte Schleichrad. »Der ist der Bahnhofsüberwacher und ein Gang-gi-ju-Meister. Er wird den sichersten Weg kennen.«
    Sie erklommen eine wacklige Treppe und erreichten ein Kabäuschen, das die Wartungshalle überblickte. Durch ein verschmiertes Fenster sah ein Dampfmann mit übergroßem Kopfüber die Halle. Gummischläuche hingen wie Zöpfchen von seinem Metallschädel, und Rotrosts Sprechvorrichtung bestand aus drei kleinen, ausgestellten Trompeten direkt unterhalb seines Halses.
    »Überwacher«, sagte Schleichrad, »ich benötige deine Hilfe für diesen jungen Weichkörper.«
    Rotrosts Stimme drang aus seinem Körper wie ein Draht, der über eine Tafel gezogen wird. »Wann benötigen wir einmal nicht den Rat jener, die nach dem großen Plan aller Dinge von uns gegangen sind, Schleichrad?«
    »Ich bin gerade heute in ziemlich großer Not, Überwacher«, sagte Molly.
    Die Gummischläuche an seinem Schädel zuckten, als Rotrost seinen enormen Kopf ein wenig drehte und Molly anstarrte. »Große Not, soso? Viel Hast in deinen Worten. Du tätest besser daran, eine Weile zu warten und deine Rolle in dem großen Plan zu bedenken.«
    »Die Ereignisse zwingen mich zu anderem Handeln, alter Dampfer.«
    »So? Lasst uns denn die Rädchen werfen und sehen, was Gang-gi-ju uns an diesem Abend zu enthüllen hat.«
    Schleichrad reichte dem Überwacher einen Porzellanbecher, der mit kleinen Metallgegenständen verschiedener Größe gefüllt war. Rotrost Heß etwas dunkles, blutähnliches Öl aus seinen Ventilen auf den Boden rinnen. Dann kippte er die Zahnrädchen in die Pfütze und zeichnete eine eiserne Zahl in dem Metallhaufen nach.
    »Ich sehe ein Mädchen, das aus den Trümmern eines eingestürzten Hochhauses klettert.«
    »Das bin ich«, sagte Molly.
    »Ich sehe Schatten, die sich durch die Stadt bewegen. Tode. Ein Verfolger.«
    »Viele Menschen sterben in Middlesteel«, sagte Molly.
    »Ich sehe deinen Wunsch, in den Bauch der Erde zu reisen und den Gefahren zu entkommen, die nach deinen Fersen schnappen.«
    »Das ist mein Wunsch, alter Dampfer«, sagte Molly.
    »Ich seh …« Rotrost brach ab. »Ah, so. Sehr komplex. Viele Rädchen. Du hast gut daran getan, diesen Weichkörper zu uns zu bringen, Schleichrad.«
    »Sie ist uns bekannt«, sagte Schleichrad.
    »Das ist sie wohl. Das Getriebe hat sich schon so weit gedreht, und jetzt ist es an dieser Stelle angelangt.« Der Überwacher wandte sich an Molly. »Was siehst du in den Rädchen junger

Weitere Kostenlose Bücher