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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Der rauchumwölkte Steuermann von vorhin. Er reichte Oliver gerade bis zur Brust, und sein ohrloses, von einem Schnurrbart beherrschtes Gesicht war unter dicken Rollen lederartiger brauner Haut begraben. Der Führer des Kanalboots war ein Greifer.
    »Armiral, du alter Halunke.« Harry stand auf und begrüßte ihn. »Hast du Platz für ein paar blinde Passagiere?«
    »Ist er ein Pfeifer?«, fragte Oliver Harry flüsternd.
    ‹Armiral? Beim Zirkel, nein. Er ist einer meiner zwielichtigen Bekannten. Viel zu wertvoll, um ihn für die Angelegenheiten des Wolkenrats zu verschwenden. Man könnte sagen, dass ich mir Armiral für einen Tag aufgehoben habe, an dem es richtig dicke kommt. Man weiß nie, wann es an der Zeit ist, sich aus dem großen Spiel zurückzuziehen.›
    »Wir sind auf dem Weg zum Julking-Way-Kanal«, sagte der Greifer. »Morgen sollten wir die Stadtgrenzen von Turnhouse erreicht haben. Du wirst mir sicherlich sagen, wo du anschließend hinwillst?«
    »Davon gehe ich aus«, sagte Harry.
    Der Greifer sah aus, als wollte er noch etwas hinzufügen, aber dann schüttelte er den Kopf und ging wieder nach draußen.
    »Die Chaunting Lay wurde mit gestohlenen Versorgungsgütern der Marine bezahlt«, erklärte Harry und gab Oliver einen Wink. »Das ist das Boot, auf dem wir sitzen. Natürlich war die Zahlung eher indirekt.«
    »Jemand muss die Dinge ja wohl am Laufen halten«, vermutete Oliver.
    »Du bist schnell von Begriff, Oliver Brooks, das steht mal fest. Dein Blut lässt sich einfach nicht verleugnen.«
    »Vater. Und die ganzen Jahre habe ich gedacht, er wäre in derselben Branche gewesen wie Onkel Titus.«
    »War er ja auch«, sagte Harry. »Gewissermaßen.«
    »War er ein guter Mann?«, fragte Oliver.
    »Gut genug für die Zeiten, in denen wir miteinander zu tun hatten«, sagte Harry. »Ich will dich nicht anlügen, Oliver. Phileas Brooks hatte auch eine brutale Seite. Wenn er dachte, dass man falsches Spiel mit ihm trieb oder ihm in die Quere kam, dann konnte er gnadenlos sein. Aber mir gegenüber war er immer fair, und unter den Wolfschnappern gab es keinen Besseren.«
    »Was er für Dinge gesehen haben muss«, überlegte Oliver. »Und was er im Dienste von Jackals geleistet haben muss. Um dann bei einem Luftschiff-Unfall zu sterben. Wie völlig sinnlos.«
    »Ein Unfall? Vielleicht«, meinte Harry. »Ich hatte in dieser Hinsicht immer meine Zweifel.«
    »Was? Du glaubst doch nicht …«
    »Das sind nur Verdächtigungen, Oliver, mehr nicht. Euer Aerostat zerschellte zu Beginn der wenig ruhmreichen Revolution von 1566, auf die schon bald der Zweijährige Krieg mit der Gemeinwohlvertretung folgte. Der Wolkenrat hatte alle Hände voll zu tun, dafür zu sorgen, dass Benjamin Carls Ausschussmitglieder verschwanden. Nun mag es sein, dass ich in der Marine lediglich im Nachschub gearbeitet habe, aber ich weiß genug über die Aufgaben eines Luftkapitäns, um mir darüber im Klaren zu sein, dass er nie, wenn eine der Antriebsmaschinen in Brand geraten ist, einen Kurs einschlagen würde, der in die Nähe der Irrnebelwand führt.«
    Olivers Augen hatten sich gerötet. »Und ich war der einzige Überlebende.«
    »Der Einzige, der je gefunden wurde, alter Knabe. Der Einzige, der je gefunden wurde. Es sei denn, dass du etwas anderes berichten kannst?«
    »Nicht, dass ich mich erinnern könnte, Harry.«
    »Lass uns dein Erinnerungsvermögen einmal prüfen«, sagte Harry. »Titus konnte mir nicht mehr sagen, was er entdeckt hatte; er wartete auf jemanden aus dem Süden, der zugegen sein sollte, bevor er mich einweihte. Aber stattdessen tauchten diese beiden falschen Presser von Harn Yard auf, und die Meuchler im Gutshaus. Ich vermute, dass derjenige, den Titus noch erwartete, von derselben Truppe abgefangen und höchstwahrscheinlich aus dem Weg geräumt wurde, die auch auf uns angelegt hatte. Hast du irgendeine Ahnung, wer der Besucher deines Onkels hätte gewesen sein können?«
    Oliver bewegte die Frage in seinem Kopf. »Onkel hat mich letzte Woche gebeten, dich am Flugfeld abzuholen, aber er hat nichts davon erwähnt, dass noch jemand kommen sollte. Der nächste Aerostat wird ohnehin erst in vier Tagen Hundred Locks anlaufen.«
    »Dann probieren wir einmal etwas anderes«, meinte Harry und schob seine Brille den Nasenrücken hoch. »Es ist, als würde ich mit meiner Stimme in deinem Kopf sprechen, nur dass alles dabei in die andere Richtung fließt. Dann könnte ich vielleicht ein paar Hinweise aus deinem Gedächtnis

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