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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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kleinen Nische, die man für die Streckenarbeiter eingelassen hatte, ans Wasser und ließ seine Füße über den Rand baumeln.
    Oliver setzte sich neben ihn. »Und jetzt warten wir?«
    »Kluger Junge. Du wirst es noch weit bringen.«
    Nach einer halben Stunde verdunkelte sich der Tunnel, als sich der erste von drei beinahe identischen Lastkähnen näherte, deren einziges Paddel am Heck Wasser über den Treidelpfad spritzte.
    »Wenn das mittlere Boot hier vorüberfährt«, befahl Harry, »dann springst du auf die Kajüte.«
    Oliver tat, wie ihm geheißen – in der Enge des Tunnels und bei der langsamen Fahrt des Schiffes war es leicht, getarnt von den Dampfwolken auf Deck zu treten. Am Heck, die Hand an der Pinne, stand eine rauchumwölkte Gestalt, aber falls der Kanalschiffer sich über die zwei plötzlichen Passagiere wunderte, so zeigte er es nicht.
    Harry schob Oliver durch die Tür in einen engen Raum. Darin sah es aus wie in den Wagen der Fahrenden, die Hundred Locks während der Mittwinter-Feiern aufsuchten. »Schön. Hier werden wir den Rest des Tages bleiben – denk nicht einmal daran, dich vor morgen früh außerhalb dieser Kajüte zu zeigen.«
    Oliver fühlte eine Welle der Ungehaltenheit gegenüber seinem rätselhaften Retter aufsteigen. »Wieso, Harry? Glaubst du, dass dieser komische Aerostat hier noch herumschwebt und nach uns sucht? Das ist doch kompletter Blödsinn – wie groß ist denn die Chance, auf diese Entfernung gesehen zu werden?«
    Harry seufzte. »Größer, als du vermuten würdest, alter Knabe. Dabei musst du dir nicht nur über die menschlichen Augen Gedanken machen. Es gibt da oben Wächter, die über Berechnungsmaschinen verfügen, aber sie können immer nur einen einzelnen Ort zurzeit ins Auge fassen, und morgen werden wir außerhalb der Reichweite sein, die sie abdecken.«
    Oliver setzte sich auf einen kleinen dreibeinigen Hocker. »Harry, das klingt nach Verfolgungswahn.«
    »Verfolgungswahn ist es nur, wenn sie dir nicht wirklich auf den Fersen sind, mein Junge. Aber nach unserem Empfang hinten im Wald zu urteilen, sind sie das.«
    »Aber wer sind denn sie?«
    Harry seufzte wieder und zog sich ebenfalls einen Hocker heran. »Sowohl ich als auch meine Partner da hinten im Wald sind das, was man umgangssprachlich als Wolfschnapper bezeichnet.«
    Oliver schnaubte ungläubig. »Wolfschnapper? Dann bist du also ein Dämon, der –«
    »– die unartigen Kinder holt, Oliver? Jede Legende hat einen wahren Kern. Diese Geschichte ist eine verdrehte Version der Wahrheit.«
    »Du bist ein entflohener Sträfling, Harry. Ich habe deinen Steckbrief auf der Polizeiwache gesehen.«
    »Wohl wahr.« Harry nickte. »Obwohl ich mich lieber als freier Unternehmer bezeichnen würde, der mit den Regeln und der Bürokratie der Marine nicht zurechtkam.«
    »Was ist das dann für ein Unsinn mit Wolfschnappern in der Luft? Als Nächstes willst du mir noch erzählen, dass du Mutter Weißpferd rund um Mittwinter hilfst, den Kindern Geschenke zu bringen.«
    »Wolfschnapper sind ziemlich menschlich«, sagte Harry. »Pass auf. Als Isambard Kirkhill im Namen des Parlaments die Macht übernahm, fürchtete er nur noch eins – und das war der Thron. Die Marine und das Heer wollten, dass er die Königswürde übernahm. Der alte Isambard musste sie mit einem Säbel zurückschlagen, damit sie ihn nicht zum nächsten Monarchen krönten. Außerdem lebten noch viele Royalisten aus Jackals im Exil in Quatershift und planten, den König nach einer Gegenrevolution wieder einzusetzen. Kirkhill wusste, wenn das Parlament an der Regierung bleiben sollte, dann musste er sowohl den Intrigen außerhalb des Hohen Hauses wie auch dem Ehrgeiz der eigenen Hüter im Parlament einen Riegel vorschieben.«
    »Und was hat das mit diesem Kindermärchen zu tun?«, fragte Oliver.
    »Eine ganze Menge«, erklärte Harry. »Kirkhill gründete einen Hohen Rat als letzte Verteidigung, als Gremium, das als höchste Autorität agieren und eine allerletzte Rückversicherung für die Regentschaft des Volkes darstellen sollte. Aber dieser Rat sollte unsichtbar bleiben. Das Haus der Hüter weiß, dass er existiert, aber sie wissen nichts darüber, wo er sich befindet, über seine Mitarbeiter, seine Methoden oder seine Arbeitsweisen. Sobald ein Erster Hüter einmal mit begehrlichem Blick auf den wiedererrichteten Thron schauen sollte, würde ihn die bloße Existenz des Hohen Wolkenrats innehalten und nachdenken lassen.«
    »Und was ist mit diesen ganzen

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