Das Koenigreich des Sommers
aus steilen Hügeln zusammengesetzt. Es war dunkel, und ich stolperte immer wieder über verschiedene Dinge, bis ich es vor Kopfschmerzen kaum noch ertragen konnte.
»Ist es noch viel weiter?« fragte ich und meine Stimme war rauh.
»O nein, nein. Laß mich dein Pony nehmen, Rhys ap Sion. Dann lehnst du dich gegen das Tier und gehst langsam, und ich frage dich auch nichts mehr. So.« Er nahm zuversichtlich die Zügel, und ich ließ mich zusammensinken und lehnte meinen Unterarm auf das Pony. Ich stützte Eivlins Kopf mit meiner Schulter. Sie war warm. Das freute mich. Sie konnte noch nicht tot sein, denn die Nacht war kühl.
Wir gingen immer weiter und weiter, und ich konnte nur blind einen Fuß vor den anderen setzen. Ich war schon weit darüber hinaus, noch an den Weg zu denken. Ich fragte mich nur vage, warum jemand einen Jungen, der noch so klein war wie Gwyn, ganz allein in solch einem wilden Land herumstreifen ließ. Aber offenbar kannte er den Weg sehr gut, er mußte ihn schon öfter gegangen sein. Ein netter kleiner Kerl, trotz seiner unwürdigen Eltern. Er hielt sich ganz still, um mich nicht zu stören, obwohl er offenbar so aufgeregt war, daß er mich mit Fragen nur so bombardiert hätte. Und er wollte ein Krieger werden, wenn er groß war. Nun, in dem Alter hatte ich das auch gewollt. Ein guter kleiner Bursche. Wie weit konnte diese Abtei noch von der Straße sein?
Gwyn blieb stehen, und ich stolperte fast in ihn hinein. Als ich den Blick hob, sah ich eine dunkle Masse von Gebäuden, und das bernsteingelbe Lampenlicht glühte vor dem Tor und in zwei oder drei Fenstern. Ich war zu erschöpft, um irgendwelche Gefühle zu haben.
»Rhys ap Sion« sagte Gwyn nervös, »siehst du meinen Wurfspeer?«
»Ja.«
»Könntest du sagen, es ist deiner? Weißt du.« Er hielt inne, schaute mir ins Gesicht und fuhr leidenschaftlich fort - »ich darf ihn eigentlich nicht haben, und meine Mutter würde sich sehr aufregen. Ich bin heute nach dem Unterricht weggerannt, deshalb kriege ich sowieso meine Prügel. Aber Mama würde weinen, wenn sie wüßte, daß ich dieses Ding habe!«
Ich grinste fast. Er lief also gerne weg. »Aber sicher. Du kannst sagen, daß du ihn für mich trägst.« Ich dachte an noch etwas anderes und fügte hinzu: »Und erzähl ihnen nicht, daß ich Diener in Camlann bin. Darüber regen sie sich vielleicht auf.«
Er nickte, führte das Pony weiter, blieb dann wieder stehen.
»Aber du gibst mir doch hinterher den Speer wieder zurück, oder?«
»Aber klar.«
Er nickte beruhigt und führte uns zum Tor der Abtei Sankt Elena. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, um zu klopfen, und schlug mit großer Begeisterung an das Eichentor. Nach einer Minute öffnete sich eine Klappe in der Tür, und ich konnte ganz kurz ein bleiches Gesicht erkennen. Dann schwang das ganze Tor auf, und eine schmale, magere Frau kam mit blitzenden Augen heraus.
»Gwyn!« schimpfte sie. »Du bist schon weg seit heute mittag, und. oh.« Sie sah Eivlin, mich und das Pony und blieb stehen und starrte uns an.
»Das ist Rhys ap Sion«, verkündete Gwyn stolz. »Er ist sehr krank, und das Mädchen ist noch kränker. Ich habe sie auf der großen Straße gesehen. Er läßt mich seinen Speer tragen.« Gwyn warf mir einen verschwörerischen Blick zu, den die Nonne bemerkt haben müßte, wenn sie mich nicht angestarrt hätte.
»Schwester«, sagte ich und versuchte, meine wirren Gedanken zu sammeln, »der Junge sagt die Wahrheit. Um Christi willen, gebt uns die Gastfreundschaft der Abtei, oder diese Frau stirbt vielleicht.« Sie starrte mich weiter an. »Ich gebe dir alles, was ich habe«, fügte ich verzweifelt hinzu, »und ich diene einem reichen Herrn, der dir noch mehr geben kann. Aber, so wahr du gerettet bist, laß uns ein und sorg dafür, daß man sich um sie kümmert!«
»Ja. ja natürlich. Ja. Lieber Gott! Kommt herein. Gwyn, lauf und hol Schwester Teleri - ja, und such auch deine liebe Mutter. Oh, gib mir den Speer!« Gwyn gab widerstrebend die Waffe ab. »Deine arme Mutter hat sich Sorgen gemacht. Geh sofort!« Er schoß davon, und die Frau ließ mich in die Abtei ein.
Jetzt geschah alles schnell. Das Pony wurde in einen Stall geführt, und mich brachte man in eine Küche. Hinter mir gingen die Frauen, die Eivlin trugen. Eine kleine, braunhaarige, rundliche Frau in mittlerem Alter erschien aus dem Nichts und begann, sich mit Eivlin zu beschäftigen. Sie schüttelte den Kopf.
»Sieht nicht gut aus«, sagte sie und wandte
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