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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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waberte durch die gepflasterten Straßen – die Ausdünstungen der Industrie, die Absonderungen der Fabriken, Werkstätten und Manufakturen. Der blinde Teufel hatte wirklich Nerven. Sechsnieten war einer der Ihren. Es hieß, der Dampfmann sei so alt gewesen, dass er sich an das Klappern der Schwerter und den Knall der Gewehrschüsse auf den Straßen von Middlesteel während des Bürgerkriegs erinnern konnte, der sechshundert Jahre zurücklag. Generationen von Kindern waren in der Dwerrihouse Street aufgewachsen und hatten Sechsnieten durch die Straßen von Rottenbow poltern sehen. Wer war dieser blinde Ziegenbock, dass er sich erdreistete, ihn aus ihrer Erde zu kratzen und Stücke seines Körpers als Erinnerungsstück mitzunehmen? Smike dachte darüber nach, einige der anderen herbeizurufen, aber der schlaue alte Schleicher hätte ihn vielleicht gehört und sich davongemacht, um ein anderes Mal zurückzukehren, wenn niemand in der Nähe war. Er beschloss,
abzuwarten und ihn zu beobachten, auf frischer Tat zu ertappen und dann Alarm zu schlagen.
    Smike schlich durch die Schatten der alten Elendsquartiere, die nackten Füße taub gegen die Kälte der smogfeuchten Pflastersteine. An den Eisentoren des Friedhofs, die von zwei kreisrund geschlossenen, zirklistischen Aalen geschmückt waren, die sich in die eigenen Schwänze bissen, hörte Smike flüsternde Stimmen. Er rieb sich die Augen und versuchte die Stelle in der Ecke auszumachen, an der man Sechsnieten begraben hatte. Dort bewegten sich zwei Schatten, und sie gruben. Allerdings war keiner von ihnen der alte Mann. Dazu waren sie zu groß. Außerdem klangen ihre Stimmen vertraut.
    Smike glitt durch das Tor und schlich sich in der Deckung der Grabsteine näher an die Männer heran. Er hörte das Knirschen zur Seite geworfener Erde und dann einen leisen, geknurrten Fluch.
    »Kannst du die Leiche schon sehen?«
    »Irgendwo hier muss sie sein.«
    »Ich sehe den Kopf. Der Rest kommt auch gleich. Mach weiter, aber vorsichtig, damit nichts kaputtgeht.«
    »Damit nichts kaputtgeht? Kaputt geht höchstens mein Rücken, Kumpel. Wir graben uns hier nicht durch Lehm, weißte?«
    Smike bekam große Augen. Kein Wunder, dass ihm die Stimmen so bekannt vorgekommen waren. Es waren zwei von den Gibbonkatz-Klatschern – brutale Schläger, die für die Verbrecherbanden arbeiteten, und zwar nicht für irgendeine. Die Gibbonkatz war die Königin
der Unterwelt von Middlesteel. Es hieß, dass sie die Hüter und die halbe Polizei der Stadt in der einen Tasche hatte und einen guten Teil der Richter, Schöffen und anderer Gerichtsdiener in der anderen. Smike kannte die Namen der beiden nicht, aber sie wurden tagsüber häufig gesehen, wie sie Pennys von den Ladenbesitzern eintrieben und ihnen gegenüber wenig subtile Andeutungen machten, was passieren würde, wenn sie ihre »Feuer- und Unfallversicherung« nicht bezahlten.
    Smike fragte sich gerade, wo der blinde alte Streuner hingegangen war, als eine Gestalt aus dem Nebel hinter den Klatschern auftauchte.
    »Guten Abend, Gentlemen. Ist ja mächtig kalt heute Nacht.«
    Erschreckt fuhren die beiden herum, der eine hob den Spaten wie eine Axt, und der andere ließ seinen Sack fallen und zog eine Pistole aus der Rocktasche.
    »Er ist nicht von der Polizei.«
    »Natürlich ist er kein Presser, er kann nicht mal was sehen. Guck doch, der Stock.«
    »Hau ab, du Blindschleiche«, sagte der mit der Pistole. »Diese Leiche gehört uns.«
    »Dieser Leichnam gehört Sechsnieten, davon bin ich überzeugt«, sagte der alte Streuner. »Und welche Verwendung hättet ihr wohl für einen aus dem Metallvolk, da nun seine uralte Seele in den großen Konstruktionsplan eingegangen ist?«
    Der Spatenmann zückte einen gefährlich aussehenden Dolch. »Bringen wir ihn zum Schweigen, bevor
er halb Rottenbow aus den Betten holt und auf unsere Spur bringt.«
    Der Spatenmann sprang über das geöffnete Grab, aber der alte Streuner hatte sich bewegt, und zwar schneller, als ihm das von Natur aus hätte möglich sein sollen. Der Schläger setzte seinen Sprung fort, dann prallte die obere Körperhälfte gegen einen Grabstein, während die abgetrennten Beine in das geöffnete Grab rutschten. Sein Kollege versuchte die Pistole abzufeuern, aber dann dämmerte ihm, dass er nur noch den Griff in Händen hielt, während die andere Hälfte der Waffe mit der durchtrennten Kristallkartusche zur Erde fiel.
    Der alte Mann hatte sich in Kämpferhaltung aufgestellt und schwang

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