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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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einen silbernen Degen, mit dem er ein geradezu kalligraphisches Muster in die Luft zeichnete, bevor er ihn elegant wieder in die Scheide zurücksteckte. Smike wollte fliehen – das alles wurde langsam ein bisschen sehr bunt für seinen eher schlichten Geschmack  –, als er auf einen Zweig trat und das Knacken selbst in seinen Ohren wie ein Kanonenschuss klang. Der Blinde bewegte leicht den Kopf, wog die mögliche Bedrohung ab und beschloss, sie zu ignorieren, dann tippte er mit der Spitze des Stocks gegen die Brust des erstarrten Klatschers. »Was will die Gibbonkatz mit den Körperteilen des alten Dampfmanns?«
    Statt einer Antwort wandte sich der verängstigte Schläger um und rannte blitzschnell über den Friedhof davon.
    »Nun gut«, sagte der Alte und blieb stehen. »Es ist
ohnehin nicht zu vermuten, dass du viel wusstest. Die Finger jener Leute zu brechen, die ihre Nase in eines eurer Geschäfte stecken, das ist wohl das, was deine Sorte am besten kann.« Dann sagte er, in die Luft vor sich gerichtet: »Und wieso kommst du jetzt nicht endlich heraus? Ich würde dir gern für deine Hilfe danken.«
    »Ich wollte mich als Reserve im Hintergrund halten, Gevatter«, sagte Smike. »Ist doch immer gut, wenn man etwas Rückendeckung hat. Und du bist mit den beiden offenbar ja auch gut zurechtgekommen.«
    »Für einen alten Blinden, meinst du wohl?«
    »Das ist mal ein guter Witz«, sagte Smike. »Du bist doch nicht wirklich blind, oder? Das ist doch nur eine Tarnung, damit dich andere unterschätzen. Du machst das allerdings sehr gut, wie du so mit deinem Stock herumtastest. Ich hätte es nicht gemerkt, als ich dich beobachtete.«
    »Ich dachte, ich hätte dir die Antwort darauf vor einer Minute gegeben, aber ich sehe schon, dass man dich nicht hinters Licht führen kann, mein Junge.«
    »Kanntest du Sechsnieten, Gevatter? Hast du einen alten Freund beschützt?«
    »So ähnlich, ja.«
    Smike deutete auf das geöffnete Grab, in dem die Überreste des Dampfmannes jetzt mit den beiden Körperhälften des toten Schlägers kuschelten. »Was wollten die Jungs von den Verbrecherbanden denn mit Sechsnietens Leiche?«

    »Ich hatte gehofft, du wüsstest vielleicht die Antwort auf diese Frage.«
    Smike schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, Kumpel.«
    »Schade. Nun, ich habe meine Vermutungen. Aber die teile ich besser nicht.« Der Alte nahm den Sack zur Hand, den der eine Verbrecher hatte fallen lassen, kletterte ins Grab und füllte ihn mit den verrosteten Teilen des beerdigten Dampfmanns. Als er fertig war, stieg er wieder heraus und reichte Smike den Sack.
    Der sah ihn angeekelt an. »Was soll ich denn damit machen?«
    »Ich bin sicher, dass du nicht ganz unerfahren bist, wenn es um das Verbergen unrechtmäßig erworbener Dinge geht.« Der Alte zog zwei silberne Sovereigns hervor. »Einer ist dafür, dass du Sechsnietens Körper irgendwo versteckst, wo ihn die Verbrecherbanden nicht in die Finger bekommen werden. Bitte wirf den Sack nicht einfach in den Fluss, Sechsnieten verdient etwas Besseres als das, und wenn es das wäre, was mir vorschwebte, könnte ich das auch selbst erledigen und mir den einen Sovereign sparen.«
    »Und die andere Münze?«
    »Die ist dafür, dass du jemandem eine Botschaft überbringst, der helfen kann, diesen ganzen Ärger zu beheben. Du musst ganz genau schildern, was du in dieser Nacht gesehen hast, und du musst dir gut merken, was ich dir jetzt sagen werde.«
    Smike hörte dem Alten aufmerksam zu. Die zwei
Münzen übertrafen in ihrem Wert das, was er normalerweise in ein paar Monaten durch kleine Diebstähle zusammenbekam.
    Als der Alte seine Botschaft übermittelt und Smikes Neugierde größtenteils befriedigt hatte, schloss der Junge mit der letzten, offensichtlichen Frage: »Woher weißt du, dass ich diese zwei Münzen nicht einfach einstecke und abhaue?«
    »Zum einen, weil ich dich finden und an einen Handel erinnern würde, den du nicht eingehalten hast. Zweitens, weil ich dir, wenn ich von meinen Geschäften zurück bin, noch eine weitere geben werde, um sich zu den beiden zu gesellen, die sich schon in deiner Tasche wärmen.«
    »Aber du weißt doch nicht mal, wo ich wohne«, hob Smike an.
    Der alte Ziegenbock tippte sich seitlich an die Nase. »Der Geruch von billigem Nuschelkraut? Ich werde deine Unterkunft schon aufspüren. Sogar, falls du umziehst. Du wirst jedoch Geduld haben müssen, was die dritte Münze betrifft. Ich mag eine Weile unterwegs sein, und meine Geschäfte

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