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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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beide Kebab und hielten ihren Abendimbiss zum Gruße hoch. Wie beim letzten Mal verbreiteten sie einen Geruch nach altem, heißem Fett.
    »Was ist los?«, fragte der Prinz. »Wohin fahren wir?«
    »Wir sind gleich da«, sagte Mister Streater.
    Als Arthur aus dem Fenster starrte, glitten draußen die Lichter einer U-Bahn-Station vorbei, und der Prinz sann wehmütig darüber nach, dass er erst zweimal im Leben mit der › Tube‹ unterwegs gewesen war – beide Male auf Drängen seiner Riege von Public-Relations-Experten. Er fand diesen Umstand schade, weil ihm solche Orte stets von heiterer Atmosphäre erfüllt schienen und ihm das Gefühl gaben, willkommen zu sein. Streater bog von der Hauptstraße ab und fuhr durch zwei Seitenstraßen bis zu einer kleinen asphaltierten Abstellfläche an der Rückseite eines Lokals – anscheinend eine Bar oder ein Nachtklub. Abfall und Schrott lagen verstreut umher, doch es befanden sich auch zwei Autos dort, ein Motorrad, ein einsamer Einkaufswagen und ein Stapel durchweichte Kartons. Das schwache, unangenehme Wummern von Popmusik war zu vernehmen.
    »Was machen wir hier?«, fragte Arthur weinerlich. »Was soll das hier sein?«
    Virtue und Mercy quollen aus den Wagentüren; selbst dies bedeutete sichtlich Anstrengung genug, ihnen die Luft zu rauben, denn ihre tiefen Atemzüge verpesteten nun die Umwelt, während sich die gewaltigen Bäuche in schöner Übereinstimmung hoben und senkten.
    »Ich gehe kurz in den Klub«, verkündete Streater. »Muss was Geschäftliches erledigen. Den letzten Rest Ampersand loswerden.«
    »Den letzten Rest? Es ist doch noch etwas vorhanden, oder?« Arthur verabscheute sich zutiefst wegen seiner Unfähigkeit, diese panische Reaktion zu unterdrücken.
    »Keine Sorge, Chef. Sehr bald wird jeder so viel von dem Zeug haben, dass er nicht mehr weiß, was er damit anfangen soll. Wie hört sich das an?«
    Überwältigt von einer neuerlichen Woge aus Qual und Selbstmitleid, war der Prinz nicht imstande, auch nur ein einziges Wort hervorzustottern, ehe die Autotür vor seiner Nase zugeschlagen wurde. Mister Streater hob den Schlüssel, richtete ihn auf den Wagen, und alle Schlösser verriegelten sich. Arthur rüttelte an den Türgriffen – ohne Erfolg.
    Sein Fenster stand einen Spalt offen, und er rief nach draußen: »Lassen Sie mich hinaus!«
    Streater schritt davon, ohne sich umzusehen, aber einer der beiden Fettwänste drehte sich um: »Bleiben Sie hier, Junge.«
    Der andere grölte: »Passen Sie auf den Motor auf!«
    Die nächsten paar Stunden vergingen wie in einem Fiebertraum – in einem Wirbel klarsichtiger Halluzinationen, lüsterner Sexphantasien und sporadischen, jedoch zum Scheitern verurteilten Inangriffnahmen des täglichen Kreuzworträtsels im Standard.
    Zweimal wurde der Prinz gestört: zuerst von einer Schar vorbeiziehender Nachtschwärmer, die unglaublicherweise alle in irgendeinen komischen Abklatsch von Schuluniform gekleidet waren – was Arthur als bloßes Blendwerk abtat, hervorgerufen vom Ampersand, und sich wieder dem Kreuzworträtsel widmete. Das zweite Mal unterbrach ihn die Verriegelung des Wagens, die lautstark aufsprang. Virtue und Mercy kletterten auf die Rückbank, schoben sich ächzend zurecht, begrüßten Arthur mit einem Rülpsen und kehrten zu den Resten des Kebabs zurück.
    »Wo ist Streater?«, fragte der Prinz.
    Die beiden gaben ihre Antwort durch einen Mund voll Pitabrot. »Noch drinnen«, sagte einer. »Wir wissen ja, wie er sich aufführt, wenn er das Zeug unters Volk bringt.«
    »Er geht den Weibern an die Wäsche!«, wieherte der andere.
    Danach kamen von hinten nur Kaugeräusche – ein rhythmisches schmatzendes Mampfen, das in Arthurs Ohren klang wie das Marschieren einer herannahenden Armee – bis einer der beiden aufjauchzte.
    »Oi, oi!« Vince Mercy zeigte den Gesichtsausdruck eines kleinen berufsmäßigen Wetters beim Pferderennen, dessen gesetzter Favorit gerade als Erster durchs Ziel ging.
    Ein junges Pärchen, das wie die anderen Passanten zuvor diese laszive Spielart von Schuluniform trug und ein ziemlich fortgeschrittenes Stadium der Volltrunkenheit erreicht hatte, war an den Wagen herangetaumelt, lehnte nun am Kofferraum und schickte sich an, einander zügellos zu betatschen. Der Rock der jungen Frau (die sich, wie Arthur schien, der ernsthaften Gefahr einer Unterkühlung aussetzte) hatte sich bereits bis zu den Hüften hochgeschoben, und Mercy äußerte seine dankbare Anerkennung durch anfeuerndes

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