Das Königshaus der Monster
ausgebrochen. Erwachsene in Kinderkleidern kreischten und schluchzten und wollten alle zugleich nach draußen. Hunderte kopflose Klubgäste, die alle schwer geladen hatten, fürchteten um ihr Leben und warfen sich in einem gewaltigen Ansturm gegen die Türen. Und jeder Einzelne von ihnen nieste ohne Unterlass, was ein schauerliches Konzert aus nasalen Misstönen erzeugte. Die Luft war erfüllt von Spucke, Rotz und Sprühregen.
Ich hatte Glück. Sofort nachdem die Lichter ausgegangen waren und unmittelbar bevor dieser schwarze Staub, der aussah wie Vulkanasche, aus allen Sprinklern von der Decke herabzischte, spürte ich eine weiche Hand, die sich über meinen Mund legte, und eine zweite, die meine Schulter umklammerte und mich zielsicher durch das Gedränge zum Ausgang schob.
Später erfuhr ich, dass vierundfünfzig Personen, die versucht hatten, die Türen zu erreichen, ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten.
»Was ist da passiert?«, japste ich, als wir draußen waren und Barbara ihre Hand von meinem Mund genommen hatte.
Die Jägerin des Direktoriums hob den Arm zu einer Geste, mit der sie für gewöhnlich zum Stillschweigen aufforderte.
Der schmächtige Rausschmeißer stand immer noch an seinem Platz; hilflos und wie versteinert musste er zusehen, wie sein Klub die Stammklientel ausspie.
»Rufen Sie den Rettungsdienst!«, bellte Barbara ihn an. »Sagen Sie, es gibt eine Katastrophe hier!«
Der Mann nickte stumpf und gehorchte.
Während ich mein Bestes tat, um eine junge Frau zu beruhigen, aus deren Nase bereits Blut floss, sprach Barbara energisch und ungerührt zu Dedlock. »Sir?«
Seine Stimme klang auch aus meinem Ohrhörer. »Ich hoffe, Sie haben gute Nachrichten.« Er unterbrach sich. »Was ist das für ein Tumult?«
Barbaras Stimme hob sich glasklar und ruhig von dem Chaos ab. »Offenbar haben die Präfekten alle Menschen im Gebäude mit Niespulver besprüht, Sir.«
»Warum, um alles in der Welt, sollten sie das tun?«
»Warum tun kleine Jungen solche Dinge, Sir? Aus Übermut. Zu ihrem Spaß.«
»Und wo sind diese gottverdammten Kreaturen jetzt?«
Barbara zog ihr PDA heraus. »Ich kann sie sehen, Sir. Wir können sie finden.«
»Dann heftet euch an ihre Fersen!«
»Hier könnte es Tote geben«, warf ich ein.
Der alte Mann klang erzürnt. »Wenn Sie Ihre Aufgabe nicht erledigen, wird diese ganze Stadt aufhören zu existieren!«
»Ich hole den Wagen«, sagte Barbara. »Wir bringen sie Ihnen, Sir.«
»Tun Sie das!« Ein letztes Knurren von Dedlock, dann herrschte barmherzige Stille in meinem Kopf.
Barbara rannte weg, um den Wagen zu holen, bevor ich noch irgendetwas sagen konnte.
Ich versuchte, dem Mädchen in meinen Armen nach Möglichkeit gut zuzureden, bemühte mich, das Blut zu stillen, und forderte sie auf, tief zu atmen und sich darauf zu konzentrieren, nicht zu niesen. Nach einer Weile schien sie ruhiger zu werden, und ich kümmerte mich, soweit ich konnte, um die anderen Opfer, bis schließlich eine Flotte Krankenwagen mit ohrenbetäubendem Sirenengeheul auf dem Schauplatz vorfuhr. Ich legte gerade einen Mann, dessen Körper kurz vor dem Bersten war, vorsichtig einem Sanitäter in die Arme, als Barbara mich grob hochriss. Ihr Trenchcoat bauschte sich im Wind.
»Wir gehen. Jetzt.«
»Aber diese Menschen …«
»Wir können nichts für sie tun.«
»Wo ist der Wagen? Wo ist Barnaby? Wo ist Jasper?«
»Der Wagen brennt. Barnaby ist tot. Und Jasper ist weg.«
Langsam gewöhnte ich mich an Barbaras Verkündung schlechter Nachrichten, an die Katastrophe, zusammengefasst in Einsilbern. »Brennt? Tot? Weg?«, rief ich, doch sie hatte sich bereits in Trab gesetzt. Ich überließ die Sanitäter ihrer Aufgabe und rannte hinter ihr her.
»Barbara!«
Sie ignorierte mich und stürmte weiter. In meinem Ohr knatterte es, und ich hörte Dedlocks Stimme: »Was geht da vor?«
Barbara: »Wir verfolgen sie.«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie die beiden entkommen ließen?«
»Im Klub herrscht Chaos. So tarnten sie ihre Flucht.«
Dedlock bellte einen letzten unwirschen Befehl und unterbrach die Verbindung.
Wir beide stürzten uns in die Dunkelheit der Stadt. Bald war ich außer Atem und bekam höllisches Seitenstechen, Barbara hingegen rannte in langen Sätzen immer schneller vor mir her und schien völlig unberührt von diesem Tempo. Ich war kurz davor, sie aus den Augen zu verlieren, als sie einen zornigen Aufschrei tat.
Als ich bei ihr angelangt war, sah ich, dass sie in
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