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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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die Innentasche seiner dunkelblauen Jacke, holte eine Faust voll schwarzem, entfernt vulkanisch aussehendem Staub heraus und schleuderte ihn in Barnabys Richtung. Der Grauhaarige hob verblüfft den Kopf. Seine Nase zuckte ein, zwei Sekunden lang, bevor er ein gewaltiges Niesen hervorstieß. Und dann noch eines. Und noch eines.
    »Was habt ihr da getan?«, wimmerte Barnaby.
    Der größere der Schuljungen ließ Barnabys Haare los, gab ihm einen harten Klaps auf den Rücken und brüllte: »Nur weiter so, Sir! Es ist Niespulver!«
    Der andere kicherte beifällig. »Das putzt durch!«
    Barnaby nieste unaufhörlich. Einer seiner beiden Quälgeister zog ein schmutziges Taschentuch hervor und reichte es ihm. Barnaby drückte es sich ins Gesicht und nieste und nieste und nieste. Als er den Lappen fallen ließ, war sein Gesicht rot verschmiert.
    »Bitte …«, stammelte er. »Hört auf damit …«
    Dick wie Lava floss das Blut in breiten Strömen aus seinen Nasenlöchern, über die Lippen, über das Kinn und tropfte zu Boden.
    Der Mann mit den rötlichen Haaren wieherte. »Warum sollten wir aufhören, Sir, wo wir doch solchen Spaß haben?«
    Barnabys Körper hatte den Punkt völliger Erschöpfung überschritten und schickte sich an, den Betrieb gänzlich einzustellen. Als er noch einmal nieste, schoss ein Strom kleiner Knorpel zusammen mit dem Blutstrom aus seiner Nase. »Was plant ihr da?«, keuchte er mit einem hilflosen Flehen in den Augen. »Wohin soll das führen?«
    Die beiden Schuljungen lachten. »Planen, Sir?«
    »Alle Wetter, wieso kommen Sie auf die Idee, wir könnten so was Großartiges wie einen Plan haben?«
    »Das hier machen wir mit der linken Hand!«
    »Aus dem Stand!«
    Und dann, während die Präfekten ihn weiter anfeuerten, spie Barnabys Nase eine letzte Eruption aus, und er stürzte mit dem Gesicht voran auf den Asphalt. Er landete mit dem gleichen Geräusch, das ein Buch verursacht, wenn man das Aufschlagen übertreibt und ihm den Rücken bricht.
    »Also, dieses Niespulver wirkt klasse, findest du nicht, Boon?«
    »Fabelhaft, alter Racker. Schlicht mordsmäßig.«
    Boon drehte sich um zum Wagen. Arthur rutschte noch tiefer, aber es war zu spät. Der Mann in der Schuluniform grinste.
    »Einen schönen und guten Abend, Sir!«
    Auch Hawker blickte herüber und hob grüßend die Hand. »Holla, Arthur!«
    »Entschuldigen Sie, wenn wir nicht für ein kleines Schwätzchen bleiben können, aber wir sind schon spät dran.«
    »Müssen uns auf die Socken machen, altes Haus.«
    »Wir sehen uns demnächst, Sir!«
    »Dingelingeling.«
    Die zwei altbackenen Schuljungen rannten ins Gebäude, und Arthur blieb in alleiniger Gesellschaft einer erkaltenden Leiche auf dem Asphalt im Wagen zurück.
    Nur Sekunden später ging die Tür des Klubs wieder auf, und Mister Streater trat heraus, begleitet von den ersten Takten einer Popnummer: »School’s out for summer …«
    Streater stieg gewandt über den Toten hinweg und setzte sich hinters Lenkrad. »Alles in Ordnung, Chef?«
    Der Prinz hörte nicht zu. »Sie haben ihn umgebracht …«, murmelte er vor sich hin.
    Streater hob die Schultern. »Sieht so aus.«
    »Und Ihre Freunde waren völlig nutzlos. Sie sind einfach davongegangen. Verschwunden.«
    »Von wem reden Sie? Welche Freunde?«
    »Die Polizisten. Virtue und Mercy.«
    Streater feixte, als er den Zündschlüssel drehte. »Noch nie von denen gehört. Ich nehme an, das ist das Ampersand, Hochwürden. Halluzinationen sind dabei normal. Ich würde mir an Ihrer Stelle nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen.« Er wendete flott und fuhr auf schnellstem Wege aus Islington hinaus und dann heimwärts. »Wie man es auch betrachtet, es geht alles perfekt nach Plan.«

EINUNDZWANZIG
     
    Es war die letzte Nacht des Klubs mit dem schönen Namen Diabolism. Nach dem, was sich dort abgespielt hatte, fand sich später wohl niemand mehr mit einem ausreichend starken Magen, um weiterzumachen. Das Gebäude wurde abgerissen, das gesamte Grundstück betoniert, und wie ich jüngst gehört habe, existiert der Plan, auf dem Platz, wo das Diabolism einst gestanden hatte, eine Gedenkstätte zu errichten – eine Art Denkmal oder wenigstens eine Tafel.
    Es passierte zwei Sekunden nach Hawkers Abschiedsgruß und sechzig Sekunden nachdem die Lichter im ganzen Gebäude ausgegangen waren. Als es schließlich irgendjemandem gelang, zwei oder drei Lampen wieder zum Leuchten zu bringen, war es längst zu spät. Da war der allgemeine Wahnsinn schon

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