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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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diesem für immer Fesseln anzulegen.
    Eigentlich ahne ich schon, wie das gehen soll. Vielleicht haben Sie es selbst bereits bemerkt. Von Tag zu Tag werden mir meine Kleider zunehmend zu groß. Meine Stimme wirkt höher und manchmal piepsend und kippt gelegentlich wie bei einem kleinen Jungen. Doch sonderbarerweise fühle ich mich besser als je zuvor. Und es gibt sogar Momente, in denen mir nach Lachen zumute ist.
    Sie können mit diesem Manuskript machen, was Sie wollen. Verschließen Sie es in einer Schublade. Verbrennen Sie es. Oder veröffentlichen Sie es. Letzten Endes sind es ja nur Wörter.
    Eines, zum Schluss: die Wahrheit über diese Stimme, die aus meinem Kopf direkt auf das Blatt Papier geflossen ist.
    Zum ersten Mal vernahm ich sie, nachdem ich an meinem ersten Tag hier gerade erwacht war, und begann zu zittern, denn es war mehr als eine Stimme – es war ein Chor aus Stimmen, der wie eine einzige sprach. Es war die Stimme Leviathans, die Stimmen des Engländers, des Iren und des Schotten, der alten Königin, der Kreatur hinter der Jadetür und das Raunen und Murmeln der Drohnen – und begraben in irgendeinem düsteren Winkel, unendlich verbittert, aber immer noch frech und anmaßend, die Stimme Mister Streaters.
     
    Dies ist nicht das Ende, sagte sie. Die Wildnis wartet.

 

    Nachtrag des Herausgebers
     
    Nun, da ich dies hier schreibe, sind zwei Nächte vergangen, seit ich Henry Lamb Lebewohl sagte. Bis zu diesem Augenblick habe ich nicht genügend Mut aufgebracht, zu Papier und Stift zu greifen. Und auch jetzt merke ich, dass ich mich nur bei Tageslicht in der Lage fühle zu schreiben, wenn ich meine Frau und meine Tochter in beruhigender Nähe weiß, wenn alle Lampen eingeschaltet sind und die Schatten vertreiben und wenn ich weit weg von jedem Spiegel oder reflektierenden Gegenstand bin.
     
    Am Ende fanden wir ihn doch. Nachdem er das Manuskript auf meiner Schwelle hinterlassen hatte, war er in einen unserer Wagen gestiegen und in die Niederungen von East Anglia gefahren – entschlossen zum Kampf gegen das, was in ihm war, gegen das, was auch immer jene Teile in seinem Buch eingefügt hatte, die nicht in seiner Handschrift verfasst wurden.
    Aber es war nicht Henry Lamb, der aus der Wildnis auf uns zugestolpert kam – auf mich und die Sirenen und die Scharen von Reportern, die sich dort ungeachtet meiner leidenschaftlichen Einwände versammelt hatten. Der Mann, den ich gekannt hatte, war vom Antlitz der Erde verschwunden.
     
    Seit meiner Lektüre dessen, was Henry niedergeschrieben hat, denke ich oft an Estella und an ihre Beschreibung dessen, was geschieht, wenn man Leviathan in sich trägt – wie das Monster alles abschält, was an dieser Person künstlich ist, und das Echte, Nackte darunter enthüllt.
     
    Was da aus der Wildnis hervorstolperte, war ein kleiner Junge, acht oder neun Jahre alt; er sah rührend winzig und lächerlich aus in den Erwachsenenkleidern, die ihm vom Körper hingen und hinter ihm her über den Boden schleiften. Den grässlichen gelben Pullover erkannte ich auf der Stelle wieder, aber ich brauchte eine Weile, um das Kind zu identifizieren, das so verloren darinsteckte. Schließlich musste ich mir alte Fernsehaufnahmen vorführen lassen, ehe ich vollständig überzeugt war.
    Der Junge war nicht gesprächig. Eigentlich gab er immer nur einen einzigen Satz von sich, dieses immer gleiche, immer wiederholte Quintett von Wörtern. Es war ein Stichwort aus einer alten Fernsehserie, ohne Sinn und Belang und nunmehr noch weniger amüsant als seinerzeit.
     
    Vor zwei Tagen verabschiedete ich mich. Selbstverständlich organisierte Silverman die ganze Sache vorbildlich – die kleine Lüge in meinem offiziellen Terminkalender, die Sicherheitsleute in Zivil, der unauffällige Wagen. In meiner neuen Stellung kann man nicht vorsichtig genug sein.
    Wenn der Leser erfährt, wo wir Henry untergebracht haben, mag er es als grausamen Scherz empfinden. Er befindet sich unter der Erde, tief unter dem Wohnhaus meines Premierministers und genau im Mittelpunkt eines weißen Kreidekreises.
    Er scheint keinen Tag älter geworden zu sein, sondern ein ewiges Kind zu bleiben. Er schwitzt nie – nicht einmal leicht. Kein Tropfen Transpiration wurde je in seinen vorpubertären Achselhöhlen entdeckt, kein Hauch jungenhafter Feuchtigkeit in seinen Kniekehlen oder an seinem Kreuz. Es wird gut für ihn gesorgt, und obwohl er sich hinter Schloss und Riegel befindet, überzeuge ich mich laufend davon,

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