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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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Arbeitsblatt auf dem Schirm. Daneben fand sich ein Telefon und darunter eine Schublade voll verschiedener Papierwaren und ein Stapel bräunlicher Schnellhefter. Es herrschte der übliche Geräuschpegel aus dem leisen Summen von Computern, dem Klacken und Greinen der Kopierer und dem hartnäckigen Insektensirren der Telefone. Und unvermeidlicherweise irgendwo das endlose Knistern und Knacken von Kartoffelchips.
    Ich reckte den Hals, um in Erfahrung zu bringen, welche Personen noch da waren – die ich in Gedanken instinktiv als meine Kollegen bezeichnete –, aber ich konnte keinen von ihnen gut sehen. Die Gesichter steckten hinter Bildschirmen, waren zu weit entfernt oder befanden sich im Schatten.
    Unsicher, was ich als Nächstes tun sollte, nahm ich Zuflucht zu dem, was ich schon an so vielen Arbeitstagen praktiziert hatte: Ich lehnte mich zurück und starrte auf den Monitor. Nicht, dass ich mit dem Arbeitsblatt irgendetwas hätte anfangen können, mit den fremdartigen Buchstaben, dem unzugänglichen Alphabet und den verwirrenden Ziffernreihen.
    Ich war nahe daran, in irres Gebrüll auszubrechen (das gewisse Viertel-vor-drei-Gefühl am Mittwoch, verstärkt zu absoluter Unerträglichkeit), als das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelte. Und Sie wissen, wie das bei mir ist, wenn ein Telefon klingelt.
    »Einen wunder-, wunderschönen und guten Morgen, Sir.« Der Mann klang, als wolle er sich einen Scherz erlauben mit mir.
    »Wer spricht da?«
    Jetzt war eine andere Stimme in der Leitung, ein anderer Akzent. »Ob Sie wohl mal ins Büro kommen könnten, Bürschchen? Wir haben da ’ne klitzekleine Kleinigkeit zu klären.«
    »Wo …?«
    Sofort mischte sich eine dritte Stimme ein, forscher und knapper als die anderen beiden: »Am Ende des Korridors, mein Freund. Zweite Tür rechts.«
    Ich legte den Hörer sanft wieder auf, erhob mich und setzte mich zögernd in Bewegung. Die Gesichter meiner Kollegen blieben mir immer noch verborgen. Auf dem Weg zur Tür registrierte ich mit einem Anflug von Ekel, dass die Wände und Böden hier nicht aus festem Material bestanden, sondern aus einer weichen, warmen, schwammigen Substanz. Obwohl ich mich seither nach Kräften bemühe, es zu vergessen, bleibt es mir unauslöschlich im Gedächtnis: Diese Korridore zu durchwandern, war wie der Versuch, aus einer schwabbeligen Fleischburg zu entkommen.
    An der Tür befand sich ein Firmenlogo – ein mehrfarbiger Kreis und darunter der Name des Unternehmens, in dessen Zentrale ich offensichtlich stand:
     
    Leviathan
     
    Aber was darunterstand … Diese drei grässlichen Wörter waren es, die Schockwellen der Panik in mir hochschießen ließen.
     
    Depot und Urkundenregister
     
    Als Arthur Windsor die Augen aufschlug, befand auch er sich in sitzender Stellung, und auch er fühlte sich sauber, trocken, aufgewärmt und beschwerdefrei – wenngleich etwas gelangweilt.
    Nicht, dass an alldem etwas außergewöhnlich sein sollte. Wir durften uns immer schon des untadelig hohen Standards unserer Gastfreundschaft rühmen – wenngleich es für uns stets eine schmerzliche Enttäuschung ist, wenn unsere Gäste die faszinierende Tätigkeit, die wir hier bei Leviathan ausüben, nicht so richtig zu schätzen wissen.
    Der Prinz saß an einem langen Kartentisch in einem klammen Raum ohne Tageslicht, jedoch mit heller Deckenbeleuchtung. Unmittelbar neben ihm saß eine dicke Frau, die mit mechanisch-routinierten Bewegungen schwankende Stapel Aktenordner sortierte.
    Im Hinblick auf die beträchtliche Anzahl von Pfunden, die sie seit ihrem letzten Zusammentreffen zugelegt hatte, benötigte Arthur ein, zwei Sekunden, um sie zu erkennen.
    »Mutter?«
    »Ich fragte mich schon, was dich aufgehalten haben könnte«, sagte die Königin, ohne auch nur von der Arbeit aufzusehen.
    »Mutter!«, wiederholte der Prinz. »Wo sind wir hier?«
    Die Monarchin lächelte, und Arthur erkannte in diesem Ausdruck trunken-zufriedener Hochstimmung etwas von jener erschreckenden, übermütigen Erregung wieder, die aus den Augen seiner Vorfahrin geleuchtet hatte.
    »Nun«, sagte sie, »dies hier ist Leviathan. Wir sind jetzt Teil dieses Wesens.« Sie drückte ihm einen Stapel ihres Aktenberges in die Arme. »Mach dich nützlich und bring die hier in alphabetische Ordnung.«
    Arthur starrte hilflos auf das, was vor ihm lag – auf diese fremdartigen Hieroglyphen. »Mutter, ich kenne diese Buchstaben nicht!«
    Die Königin machte »Pah!« und sagte: »Dann lern sie eben.«
    »Warum

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