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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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wieder.
    »Was, zum Teufel, war das?«, fuhr ich ihn an. Mit einer heftigen Bewegung zog er ein Taschentuch hervor und wischte sich übers Gesicht. »Jetzt sehen Sie, welchen Preis uns der Krieg abverlangt«, murmelte er. »Und wir können ihn uns nicht leisten. Bei Weitem nicht.«
     
    Der Wagen raste durch die Nacht, verließ Südlondon, fuhr über den Fluss und ins Stadtzentrum. Es war eine lautlose Fahrt, wenn man von den Wassermassen absah, die wild gegen die Fenster, die Windschutzscheibe und auf das Dach trommelten.
    Schließlich passierten wir den Trafalgar Square und kamen nach Whitehall, wo wir vor einer eisernen Barrikade anhielten, die von einem Mann mit umgehängter Maschinenpistole bewacht wurde. Das Haar klebte ihm triefend in der Stirn, und seine Uniform war durchnässt. Er bedeutete Barnaby, das Seitenfenster zu öffnen. »Geben Sie den Grund Ihres Besuches an«, bellte er mit dem umwerfenden Charme eines deutschen Grenzbeamten.
    »Mein Name ist Barnaby. Das da ist Steerforth. Wir arbeiten für Mister Dedlock.«
    Der Soldat lugte ins Heck des Wagens und machte einen erschrockenen Schritt zurück. »Ich bitte um Verzeihung, meine Herren«, sagte er – und dann fügte er ängstlich hinzu: »Tut mir wirklich leid.«
    Barnaby murmelte etwas Unwilliges, kurbelte das Fenster hoch und fuhr weiter zur berühmtesten Adresse Englands.
    Ich glaube, ich schüttelte sogar den Kopf. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«
    Unfähig, sich eines Anfluges von Stolz in der Stimme zu enthalten, sagte Steerforth: »Willkommen in der Downing Street.«
     
    Downing Street Nummer zehn verfügt über eine Unzahl falscher Türen. Gebaut, umgebaut, abgeändert, vergrößert, verbessert und umgeplant über Generationen hinweg von einer Heerschar an Architekten, denen vorwiegend daran gelegen war, Eindruck zu schinden, hatte dies zur Folge, dass alles, was heute entworfen und umgesetzt, morgen schon wieder auf den Kopf gestellt wurde. Als Resultat hatte das Gebäude etwas vom Flair eines Revuetheaters, dessen Gänge nirgendwohin führen, dessen Treppen sich elegant ins Nichts schwingen und hinter dessen Türen nackte Ziegelmauern warten. Es ist ein Ort der Tricks und Winkelzüge, wo nichts das ist, was es zu sein scheint, und wo man sich auf nichts verlassen kann.
    Steerforth führte mich ins Innere des Hauses (da die Tür zu Nummer zehn stets offen ist, hat sie keine Klinke) und einen langen Korridor entlang, der zu meiner Enttäuschung mindestens ebenso grau und nichtssagend aussah wie der in meinem alten Bürogebäude. Schließlich erreichten wir eine Wendeltreppe, an deren Wand die Porträts verflossener Premierminister hingen – beginnend mit dem letzten Amtsinhaber und chronologisch in die Vergangenheit führend.
    Steerforth geleitete mich hinab in diese Vergangenheit. Anfangs erkannte ich noch viele der Politiker, die da an der Wand hingen – in erster Linie Männer und Frauen, die das hohe Amt zu meiner Zeit ausgeübt hatten –, doch je weiter wir nach unten kamen, desto älter wurden die Bilder und desto unbekannter die Gesichter. Die Kleidung wandelte sich von Krawatten und gestärkten Hemdkragen über gepuderte Perücken und Gehröcke zu Spitzen und Rüschen, bis ihre Träger in den untersten Regionen kaum noch als Staatsmänner auszumachen waren. Die Individuen auf diesen Gemälden waren nur mehr Schatten, die Gesichter halb verborgen und die Körper im Dunkeln. Am Ende der Galerie sah man Männer in Tierfellen und Pelzen, die aus einer Ära stammten, die ich nicht mehr einordnen konnte.
    Die Wendeltreppe führte hinab in eine verschwenderisch ausgestattete Bibliothek, deren Wände mit Regalen bedeckt waren, in denen dicht an dicht Bücher standen. Doch es handelte sich nicht um gebundene Texte, die man an einem solchen Ort erwarten würde – keine parlamentarischen Aufzeichnungen, Vertragswerke, Verhandlungsmitschriften, gesammelten Verfahrensfragen –, sondern um andere, beunruhigendere Werke; sie ähnelten stark jenen Büchern, die ich in Großvaters Haus gesehen hatte, auch wenn sie noch eigenartiger wirkten. Die Atmosphäre im Raum hatte den Geruch des Verbotenen; wann immer mir einige dieser flüchtig gelesenen Titel einfallen, schaudert es mich heute noch.
    An der einzigen nicht von Büchern eingenommenen Stelle hing das lebensgroße Porträt eines Mannes aus der viktorianischen Epoche. Sein Gesicht war zwar noch jugendlich, ließ jedoch die ersten Vorboten des Alters erkennen. Er trug das dunkle Haar

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