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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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Sie alles wüssten.«
    Obwohl dieser Satz auf dem Papier theatralisch wirkt, möchte ich betonen, dass der Tonfall, in dem er gesagt wurde, bemerkenswert ruhig und sachlich war.
    »Noch etwas«, sagte sie.
    »Ja?«
    »Ich habe seinen Kater. Er hat den Weg zu mir gefunden.« Ein betrübtes kleines Lächeln. »So wie in gewisser Weise auch Sie.« Mit einem kurzen Nicken verabschiedete sie sich und verschwand in der Menge.
     
    Wäre ich der Meinung, es hätte irgendeinen Nutzen, würde ich Ihnen das Geheimnis an dieser Stelle verraten. Ich würde es niederschreiben, ganz gleich, welche Folgen es hätte. Aber ich sehe keinen Vorteil darin. Ich bezweifle, dass das Offenlegen der entsetzlichen Wahrheit über das Haus Windsor – seiner irrsinnigen Niedertracht und heimlichen Gelüste – irgendeinem anderen Zweck dienen könnte, als Ihre nächtlichen Albträume mit kaltem, unermesslichem Grauen zu durchdringen.
     
    Ich stand reglos da, während Unmöglichkeiten aller Art meine Gedanken durchwirbelten. Und dann – der Boden der Wirklichkeit.
    »Henry? Sind Sie das?«
    Eine dralle Gestalt stand neben mir, ein halb aufgegessenes, mit Käse und Gürkchen überladenes Sandwich in Händen.
    »Barbara!« Ich bewerkstelligte ein unsicheres Lächeln. »Wie geht es Ihnen?«
    »Kann nicht klagen. Aber wie geht es Ihnen? Wie ist das Leben in …«, sie senkte die Stimme in halb ernsthafter, halb komischer Ehrfurcht, »… der neuen Abteilung?«
    Ich unterdrückte ein bitteres Auflachen und fragte mich, was für eine Sorte Bären man ihr aufgebunden hatte. »Es ist eine … Herausforderung.«
    Barbara brummte etwas und nahm einen geräuschvollen Bissen von ihrem Sandwich; zur Konversation hatte sie offenbar nichts weiter beizutragen.
    »Wie geht’s Peter?«, fragte ich.
    »Gut«, sagte sie mit vollem Mund. »Redet die ganze Zeit von all den Gigs, zu denen er geht.«
    Ich verdrehte die Augen, und wir durchlebten einen Moment kopfschüttelnder Verbundenheit.
    »Aber was anderes«, mampfte Barbara. »Ich bekam einen Anruf von einem Ihrer Kollegen, einem Mister Jasper, erinnern Sie sich? Hat sich uns vorgestellt, als er bei uns im Büro war. Ziemlich groß. Tolle helle Haut.«
    Ich glaube nicht, dass sie merkte, wie ich bei ihrer Erwähnung des Namens erstarrte. Warum, zum Teufel, sollte Jasper Barbara anrufen?
    »Er führt mich zum Abendessen aus«, antwortete sie auf meine unausgesprochene Frage. Und fügte mit einem kleinen Crescendo des Stolzes hinzu: »Auf eine Pizza!«
    Dazu fiel mir nichts ein.
    »Er scheint wirklich nett zu sein.« Einen Augenblick lang hörte sie sich an wie ein sehr kleines Mädchen. »Er ist doch nett, oder?«
    »Er ist sicher interessant«, sagte ich, »und voller Überraschungen.«
    Barbara sah auf die Uhr. »Ich muss laufen. War nett, Sie wiederzusehen.«
    »Und Sie«, sagte ich höflich und überflüssigerweise, denn Barbara eilte schon ungraziös davon und ließ mich in nachdenklicher Betrachtung der Touristenmenge zurück, während ich mich fragte, ob auch nur einer von ihnen die leiseste Ahnung hatte, wie brüchig diese Welt wirklich war.
     
    Meine Hauswirtin und ich saßen zaghaft umschlungen vor dem Fernseher. Abbey versuchte ihr Bestes, es sich trotz meines Armes um ihre Schultern bequem zu machen, und ich kämpfte gegen die Übelkeit an, die sich in meinem Magen festgesetzt hatte, seit ich die Wahrheit über den Krieg erfahren hatte. Meine Blässe war Abbey zwar aufgefallen, aber ich hatte sie einfach meinem anstrengenden Job zugeschrieben. Mister Dedlocks Drohungen hatte ich nicht vergessen.
    Und so war ich, um Abbey freundlich zu stimmen, in den limonenfarbigen Pullover geschlüpft, den ich zum Geburtstag bekommen hatte.
    Sie zappte durch die Kanäle. »Armer Kerl«, kommentierte sie, als sie schließlich bei BBC 1 landete.
    Ich zwang mich dazu, meine Konzentration auf das Programm zu richten. »Wer?«
    »Prinz Arthur«, sagte sie, während der zerknitterte Prinz von Wales auf dem Bildschirm trübselig den Kopf hängen ließ. »Heute ist er sechzig und immer noch weit weg vom Königsein. Kein Wunder, dass er so furchtbar unglücklich aussieht.«
    »Hmm.«
    »Ich meine, sieh ihn doch mal an! Immer so griesgrämig!«
    »Hmm.«
    »Aber seine Frau ist recht hübsch. Habe nie verstanden, was sie je an ihm fand.«
    »Tja.«
    »Ist alles in Ordnung? Du scheinst meilenweit weg zu sein!«
    »Schwerer Tag«, murmelte ich.
    »Du kannst über alles mit mir reden, das weißt du.« Ich lachte auf, und aus

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