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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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fand ich einen ungestörten Winkel und musste mich ausgiebig erbrechen. Als ich damit fertig war, richtete ich mich auf, tupfte mir den Mund mit einem Papiertaschentuch ab und machte mir Sorgen wegen meines Atems. Eine Möwe landete zu meinen Füßen und pickte wissbegierig an dem Erbrochenen herum.
    Ich versuchte verzweifelt, nicht über die indirekten Folgen dessen, was ich gehört hatte, nachzugrübeln, und stolperte hinunter zum Fluss; dort angekommen, starrte ich auf das trübe Wasser.
    Jemand schlenderte auf mich zu. »Dann haben sie es Ihnen also gesagt?«
    Der Jemand war eine ältere Frau, zerbrechlich, doch mit einer Sicherheit im Auftreten, die der Reife ihres Alters entsprang und verriet, dass es nur wenig gab, womit sie es nicht aufnehmen könnte.
    »Ich nehme an, Sie sind hergekommen, um mir Doppelfenster zu verkaufen«, sagte ich.
    Der Anflug eines Lächelns. »Könnte ich Sie wohl zu einem gemeinsamen Spaziergang verlocken? Wir haben nicht viel Zeit.«
    Erschöpft stimmte ich zu, und wir gingen langsam am Ufer entlang, vorbei an Touristen, Straßenmusikanten, Streunern, Sekretärinnen in einer verfrühten Mittagspause und aufsässig wirkenden Jungen auf Skateboards – allesamt völlig unberührt von dem Geheimnis, in das ich gerade eingeweiht worden war, von der Wirklichkeit, die jedes einzelne dieser Leben zu einem perversen Witz machte.
    »Das hat Sie wohl recht hart getroffen, wie?«, sagte die alte Dame, so als ginge es um nichts Beunruhigenderes als einen landesweiten Engpass an Teegebäck. »Sie werden sich daran gewöhnen.«
    »Werden Sie mir jetzt endlich sagen, wer Sie sind?«
    »Nun, Henry, im Unterschied zu den anderen werde ich Ihnen sogar aus Zuvorkommenheit den Namen verraten, unter dem ich geboren wurde.« Sie lächelte. »Ich heiße Jane Morning. Sie dürfen mich Miss Morning nennen.«
    »Sind Sie …? Hat er …?« Ich gestikulierte wortlos in Richtung des London Eye.
    »Vor seinem Übertritt zur BBC haben Ihr Großvater und ich lange Jahre gemeinsam für das Direktorium gearbeitet.«
    »Davon habe ich nichts gewusst.«
    »In England gibt es weniger als zwei Dutzend Personen, die Ziel und Zweck des Direktoriums in seiner ganzen Wahrheit kennen. Ihr Großvater liebte Sie sehr, aber er hätte Ihnen wohl kaum je eines der bestgehüteten Geheimnisse des britischen Geheimdienstes anvertraut.«
    »Darum braucht man mich, nicht wahr? Wegen Großvater!«
    Miss Morning nickte. »Durch das Rätsel um den Aufenthaltsort von Estella verharrt der Krieg an einem toten Punkt. Dieses Wissen behielt Ihr Großvater immer bei sich. Und da er nicht mehr ist …« Sie sah mich an, als wüsste sie nicht, ob sie weinen oder lachen sollte. »Nun, jetzt heißt es wohl: Rien ne va plus.«
    »Ich verstehe nicht recht, was Sie meinen.«
    »Die Jagd auf Estella ist eröffnet. Ihr Großvater wusste, dass dieser Tag kommen würde, und er plante dafür. Aber irgendetwas hat nicht geklappt. Jetzt interessieren sich gewisse Kräfte für uns, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir ihre Aufmerksamkeit überleben werden.« Miss Morning unterbrach sich. »Henry, Sie scheinen Angst zu haben.«
    »Ich habe Angst.«
    »Das ist überaus vernünftig von Ihnen. Aber die Dinge werden sich noch gewaltig verschlimmern. So wie ich Dedlock kenne – und ich fürchte, ich kenne ihn ziemlich genau –, wird er dafür sorgen, dass Sie die Gefangenen noch heute Abend sehen werden.«
    »Wer sind diese Gefangenen?«, fragte ich. »Und wieso wissen sie, wer ich bin?«
    »Henry, Sie würden nicht wollen, dass ich ihre Namen laut ausspreche. Nicht in der Öffentlichkeit.«
    »Warum, um alles in der Welt, nicht?«
    »Namen haben Macht. Und diese mehr als die meisten anderen. Ich warne Sie, Henry. Sie werden Sie belügen. Und wenn sie Ihnen die Wahrheit sagen, dann nur, um sie zweckentsprechend zu verdrehen. Nehmen Sie kein einziges garstiges Wort für voll. Diese Leute sind das fleischgewordene Chaos, sie lieben die Zerstörung um ihrer selbst willen. Und nichts reizt sie mehr als das Zugrunderichten eines unschuldigen Herzens.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    »Dann, fürchte ich, müssen Sie selbst draufkommen.« Miss Morning klappte ihre Handtasche auf und reichte mir ein unauffälliges Kärtchen. »Rufen Sie mich an, wenn Sie mich brauchen. Und Sie werden mich brauchen.«
    »Können Sie mir nicht mehr sagen?«
    »Nicht heute.«
    »Warum?«
    »Weil ich stark infrage stelle, dass Sie die Kraft fänden weiterzumachen, wenn

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