Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
Vom Netzwerk:
Untertanen als beispielhafte Wohltäterin, grazile, mädchenhafte Menschenfreundin und Spenderin von Umarmungen en gros – hatte ihn nicht mehr gern. Natürlich hoffte er, dass er ihr nicht gleichgültig war, dass sie zumindest noch die letzten Reste von Zuneigung für ihn verspürte, aber ihm war schmerzhaft klar, dass nicht mehr der leiseste Funken physischen Begehrens in ihr glühte, denn sie reagierte auf jeden seiner Annäherungsversuche mit kaum verhülltem Abscheu. Arthur hatte es an ebendiesem Morgen erkannt, als Laetitia auf seinen Vorschlag hin, einen Geburtstagshüpfer auf das eheliche Lager zu vollziehen, nur geseufzt und die Augen abgewandt hatte; es war ein kleiner, blitzschneller Seitenblick gewesen, der alle seine Befürchtungen bestätigt hatte. Schließlich hatte sie, wenngleich lustlos, eingewilligt, und als sie dann gottergeben unter ihm lag, bemerkte Arthur ihr unterdrücktes Gähnen, das wiederholte Betrachten der Fingernägel und die verstohlenen Blicke auf die Uhr.
    Die untertänigen Hochrufe des versammelten Hauspersonals, die ihn bei seinem Eintreffen zum Souper »überraschten« (Wie sollten sie? Der Vorgang wiederholte sich seit seiner Geburt jedes Jahr), erhellten seine Stimmung nur unwesentlich. Arthur betrachtete die ungeschickten Versuche einer Dekoration, und es fiel ihm schwer, ein Seufzen zu unterdrücken. Er fand den Pomp und das gespreizte Getue um seinen offiziellen Geburtstag (der traditionell früher im Jahr gefeiert wurde, um ein Zusammenfallen mit der Weihnachtszeit zu vermeiden) schon anstrengend genug, fragte sich jedoch des Öfteren, ob diese haarsträubende Entfaltung unbedarft vulgärer, guter Absichten in Wahrheit nicht noch schlimmer war.
    Laetitia ließ sich nicht blicken. Beim Frühstück hatte sie über die ersten Vorboten einer Migräne geklagt, zweifellos um das Fundament für eine plausible Erklärung ihrer Abwesenheit von der Feier zu legen. Und so würde Arthur sie allein durchstehen müssen – all das Lächeln und Händeschütteln und die höflichen Belanglosigkeiten. Und das war das Schlimmste, fand er, das scheußliche Wissen, dass man einem grundlegend anderen Menschenschlag angehörte.
    Als die versammelten Domestiken For He’s A Jolly Good Fellow anstimmten – so falsch, dass Arthur zusammenzuckte – und eine Schar kleiner Jungen voll Begeisterung Blütenblätter in die ungefähre Richtung schleuderte, wo er stand, entdeckte der Prinz den kräftigen, untersetzten Mann, ein, zwei Jahre jünger als er, der sich zu ihm durchdrängte. Hier endlich nahte ein Verbündeter!
    »Guten Abend, Sir«, sagte der Mann, als er so dicht herangekommen war, dass Arthur ihn über dem ganzen Radau hören konnte. »Alles Gute zum Geburtstag, Sir.«
    »Ich danke Ihnen, Silverman.«
    »Geht es Ihnen auch gut, Sir?«
    »Oh, blendend.« Der Prinz gab sich alle Mühe bei seinem Lächeln, doch wie immer ging der Versuch daneben. Er wusste, dass sein Lächeln nicht überzeugte. Er sah sich häufig im Fernsehen, und etliche Leute aus einem Kreis, den »die Medien« zu nennen er sich bemüßigt fühlte, hatten ihm gestanden, dass sein aufgesetztes Lächeln von gewissen Teilen der Presse immer wieder als Prügel benutzt wurde, um auf ihn einzuschlagen. Es wirkte verzerrt, angestrengt – und stellte einen gewaltigen Gegensatz dar zum jungenhaften Grinsen und amüsierten Schmunzeln des neuen Premierministers, eines jungen Mannes, in den das ganze Land immer noch unerklärlich vernarrt schien.
    »Ich überbringe eine Botschaft Ihrer Mutter, Sir«, sagte Silverman.
    »Oh?«
    »Sie bittet um Vergebung, dass sie nicht persönlich erscheinen kann.«
    Der Prinz streckte sein beachtliches Kinn vor und murmelte etwas von Verständnis. Seine Mutter erschien seit Jahren nicht mehr in der Öffentlichkeit; sie war schon vor Langem in einen Palastflügel bescheideneren Ausmaßes übersiedelt, um dort einen zwanglosen und wohlverdienten Ruhestand zu genießen. Arthur hatte seine Mutter seit zwanzig Monaten nicht zu Gesicht bekommen und verließ sich auf Silverman als Verbindungsmann zu ihr. Des Lebens unter den Augen der Öffentlichkeit müde, war sie nahe daran, zu einer echten Einsiedlerin zu werden, obwohl natürlich kein Mensch im Palast das auszusprechen wagte; aber es hatte auch kein Mensch – weder die Schmeichler noch die Speichellecker, noch die Jasager – etwas dagegen, sich vorzustellen, dass dieser Zustand nun für alle Zeiten anhalten mochte: Monarchin auf ewig.
    »Ich gestehe,

Weitere Kostenlose Bücher