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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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ich?«
    »Mein Name ist Chief Inspector Virtue, Kumpel. Detective Sergeant Mercy hört auf seiner Leitung mit. Wir hatten heute schon miteinander zu tun.«
    Arthur fragte sich verblüfft, wie, um alles in der Welt, sie zu seiner Privatnummer gekommen waren.
    »Bei Ihnen alles in Ordnung?«, fragte einer der beiden.
    »Vielen Dank, Inspector. Mir geht es ausgezeichnet.«
    »Es ist nur … Also, was ich mir überlegt habe … Was wir uns überlegt haben – es ist wegen Ihrer Angetrauten. Klarerweise haben wir sie schon im TV gesehen. Prachtweib. Saftige Schnitte.«
    Eine andere Stimme mischte sich ein, und Arthur konnte sich nur allzu gut die feisten Backen und das Doppelkinn vorstellen – die wulstigen Lippen, umrandet von fettiger Schmiere.
    »Wir haben uns überlegt, was sie alles mit ihm anstellt; was sie sich gern gefallen lässt von ihm. Wir dachten an seinen haarigen Arsch auf ihrem Gesicht.«
    Und dann wieder der andere: »Wir haben uns vorgestellt, wie’s die beiden treiben, Chef. Die schnellen Nummern, die sie schieben, wenn sie miteinander ins Bett hüpfen. Oder wenn sie sich drin wälzen, bis ihnen die Knie zittern.«
    »Es ist natürlich nur in Ihrem Interesse, Chef, wenn wir uns diese Schweinereien bildlich vorstellen. Und uns fragen, wer von beiden es scharf mag, wer brutal. Wer was wo reinsteckt.«
    »Hoffentlich wissen Sie das zu schätzen, Chef. Wir machen das für Sie, Kumpel, passen auf und kümmern uns um alles. Halten Ihnen den Rücken frei.«
    Der Dialog, der danach folgte, war ein langer, einfallsreicher und zutiefst verstörender, und als Virtue und Mercy endlich ihr letztes Wort sprachen, waren die Augen des Prinzen rot geweint.

ZWANZIG
     
    Das Direktorium wartete auf ein Wunder.
    Dedlocks Killertruppe hatte nichts gefunden; Hawker und Boon waren immer noch auf freiem Fuß, und jetzt schien eine aufgeladene Mischung von Dringlichkeit und Erschöpfung knisternd in der Luft zu liegen.
    Ich stand ein wenig abseits von den anderen und starrte an den virtuellen Touristen vorbei aus dem Fenster der Gondel, hinüber in die Wirklichkeit, wo ich jenseits des Trugbilds aus Kameraschwenkern und Stadtplanzückern die Schlange aus echten Besuchern sah, die geduldig anstanden. Und hinter ihnen zuckten die Lichter am Südufer der Themse, das Neon und Halogen des richtigen Lebens.
    Eine Hand auf meiner Schulter. »Sie sehen abgespannt aus, Henry.«
    Es war Miss Morning; sie wirkte kampfesmüde wie nie zuvor.
    »Das bin ich auch«, sagte ich. »Und langsam frage ich mich, ob sie überhaupt auftauchen wird.«
    Mister Jasper gesellte sich zu uns; blasierte Selbstzufriedenheit breitete sich auf seinen Gesichtszügen aus. »Glauben Sie mir«, sagte er, »sie ist das Warten wert.«
     
    Wenigstens darin hatte Jasper recht. Noch während wir sprachen, teilte sich die Touristenmenge vor dem Riesenrad wie hypnotisiert vor Staunen und Bewunderung; eine Frau, eine Unbekannte, bahnte sich zielsicher ihren Weg durch die Wartenden und stieg wie selbstverständlich in die Gondel. Die Tür schloss sich mit einem Zischen, und wir bewegten uns von der Stelle – jedoch mit einem Ruck, so als hätte die Fremde durch ihr Erscheinen selbst das Riesenrad aus dem Gleichgewicht gebracht.
    Uns war auf der Stelle klar, dass sie es war, auf die wir gewartet hatten – dass sie Jaspers Wunderwaffe war.
    Sie hatte eine Mähne pechschwarzen Haares und eine perfekte hochgewachsene Statur, deren Kurven man durch den eng gegürteten Trenchcoat erahnte. Ihre Haut war makellos, und der Hauch von Make-up, den sie aufgelegt hatte, diente nur dazu, die vollkommenen Konturen ihrer Wangenknochen zu betonen, die gebieterische Form ihrer Nase und die eisige Sinnlichkeit ihrer Lippen. Doch am eindrucksvollsten waren ihre Augen: unvorstellbar, dieser Frau irgendeinen Wunsch abzuschlagen, wenn sich diese Augen auf einen richteten.
    Doch das alles hatte etwas Furchterregendes an sich. Es war die kalte Schönheit der Natur, die Großartigkeit eines Gletschers, die bedrohliche Anmut eines Tigers, der sich an sein Opfer anschleicht.
    Am überraschendsten aber war für mich der Umstand, dass ich dachte, ich würde sie von irgendwoher kennen.
    »Barbara?«, fragte ich.
    Ich sah genauer hin, und das überzeugte mich: Sie war es. Vielleicht ein gestreckter, gedehnter, zurechtgezogener Abklatsch von Barbara, aber fraglos das Mädchen aus dem Büro. Sie streifte mich kurz mit einem herablassenden Blick, zeigte aber ansonsten keine Reaktion auf meine

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