Das Königsmädchen
unendlich leid! Ich wünschte, ich wäre nicht so dumm gewesen und egoistisch. Es ist alles meine Schuld.«
Er hob unter Schmerzen seinen Arm und presste mich an sich. Sofort schloss ich die Augen und genoss die Wärme, die von ihm ausging.
»Bitte, weine nicht. Seyal hat dich gerettet und nun trittst du an seine Stelle, in Ordnung?«
»Ich bin so froh, dass du da warst. Ich bin dir auf ewig dankbar.«
Ich weinte an seiner Brust und er streichelte mir beruhigend über den Rücken. So schliefen wir beide ohne weitere Albträume ein.
Am nächsten Morgen kam meine Mutter herein. Ich saß auf dem Bett und versuchte die Kruste an meinem Bein abzuziehen. Als ich sie sah, sprang ich zu schnell auf, der Schmerz fuhr mir in die Glieder, und ich jaulte auf. Sofort kam sie mit angsterfülltem Gesicht zu mir gestürzt.
»Nichts passiert, alles in Ordnung«, beruhigte ich sie schnell.
Karthane stürzte plötzlich herein, sie hatte den Schrei gehört. »Alles ist gut«, sagte ich auch in ihre Richtung. Ein paar Strähnen hatten sich aus dem Tuch gelöst, das sie um ihren Kopf gebunden hatte. Ihre Kleidung war schmutzig von der Arbeit. Neben meiner Mutter wirkte sie sehr hart und doch hatte sie Ehrfurcht vor der großen Nana.
Ich zog sie zu Briar. »Es geht ihm etwas besser, ich habe heute Nacht kurz mit ihm gesprochen. Er hat noch Fieber, aber ich glaube, das Schlimmste ist überstanden.«
Sie strahlte über das ganze Gesicht und Hoffnung schimmerte in ihren Augen. Sie klopfte sich den groben Dreck von der Kleidung und setze sich neben ihn. »Jetzt wird alles wieder gut«, sagte ich und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Meine Mutter kam ebenfalls näher.
»Die Schnitte sind nicht tief. Es werden bestimmt nur ein paar leichte Narben zurückbleiben.«
Ich merkte, dass Briar langsam wieder wach wurde, und kniete mich umständlich neben seine Mutter, wobei ich den Schmerz im Bein zu ignorieren versuchte.
»Briar«, flüsterte ich und mein Herz pochte schneller. Mit geschlossenen Augen wisperte er meinen Namen und in mir stieg wieder diese Wärme auf. Karthanes Gesicht erhellte sich noch mehr.
Er blinzelte ein paar Mal und sah dann seine Mutter.
»Mein Junge«, sie seufzte.
»Mutter … du bist hier.« Er schluckte schwer. »Machst du dir … Sorgen?«
»Ein wenig«, lachte sie und man konnte sehen, welch große Anspannung von ihr fiel. Freudentränen stiegen in ihre Augen. Briar rümpfte die Nase. »Das ist die Heilpaste, mein Sohn. Der Medikus kommt jeden Tag vorbei und wechselt euch die Verbände.«
»Mutter, woher wusstest du, wo du uns suchen sollst?«
»Tantor kam ohne dich im Sattel aus dem Wald, da bin ich mit Nuphar sofort losgeritten.«
Briars Blick wechselte zwischen Karthane und mir hin und her. Dann errötete er.
»Mutter, das ist Lilia. Lilia, das ist Karthane, meine Mutter.«
Wir lächelten uns an. »Ich habe Lilia bereits im Dorf kennengelernt. Außerdem ist sie schon seit Tagen hier.«
Nun musste auch er lachen.
»Im Dorf?«, fragte meine Mutter und Karthane warf mir einen entschuldigenden Blick zu.
»Kinthos und ich haben uns am Abend der Deligo zum Marktplatz geschlichen. Er wollte unbedingt spionieren.«
Ich dachte, ich würde Ärger bekommen, doch es freute meine Mutter, dass Kinthos mit mir im Dorf war. Sie nickte anerkennend und beugte sich über uns, um Briar in die Augen zu sehen.
»Briar, ich bin dir sehr, sehr dankbar, dass du meiner Tochter das Leben gerettet hast. Wir werden uns bei dir erkenntlich zeigen. Doch es wird langsam Zeit, dass Lilia in den Tempel zieht.«
Mein Lächeln verschwand und meine Laune verfinsterte sich, als sie so oberflächlich daherredete. Ich schämte mich für sie und wünschte mir, dass sie einfach ging. »Lilia ist eine Auserwählte und ihre Chancen werden nicht besser, wenn sie hier in diesem Stall rumliegt.«
Briar sah aus, als hätte man ihm einen Schlag in den Magen verpasst.
»Auserwählte?«, fragte er leise.
»Ja. Du weißt schon, Kinthos ist doch zum Obersten gewählt worden und nun sucht er sich eine Frau«, sagte Karthane.
Briar blickte mich traurig an und wieder überkam mich dieses Gefühl, dass wir uns verstanden, auch ohne uns etwas zu sagen.
»Du bist ein Königsmädchen«, flüsterte er.
Ich nickte langsam.
»Bei so viel Schönheit …«
»Genau«, stimmte ihm meine Mutter fröhlich zu. »Dabei fällt mir ein«, sie kramte in den Taschen ihres Kleides und zog ein seidenes Band heraus. »Deins war ganz verschlissen und
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