Das Königsmädchen
süße, helle Stimme leuchten. »Lilia, du spinnst!«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Er verhält sich so eigenartig mir gegenüber. Ich glaube wirklich, dass er mich nicht mag.«
»Ach Hanna, wie kommst du denn darauf?«
»Ist dir mal aufgefallen, dass er mich nicht ansieht? Er sieht mir nie in die Augen, wenn er mit mir spricht. Und manchmal denke ich, dass er mir regelrecht aus dem Weg geht.«
Wieder drehte sie sich im Kreis. »Aber ich finde es doch seltsam, dass er mich nicht nach Hause geschickt hat. Meinst du, er hat vielleicht Mitleid? Dass er einem Mädchen aus dem Dorf etwas Gutes tun will?«
»Das ist Quatsch, Viola ist doch auch aus dem Dorf. Ich denke, er will dich einfach noch näher kennenlernen.«
Am nächsten Morgen standen Hanna und ich früh auf und ließen uns im Badezimmer zurechtmachen. Das Wasser rieselte aus der Wand wie ein kleiner Wasserfall. Immer wieder kamen warme Ströme geflossen und sammelten sich in einem Becken. Die Oberfläche war von Blütenblättern bedeckt und der Wasserdampf war im ganzen Raum verteilt. An der Seite des Bades standen Dienerinnen, die uns Handtücher hin hielten, aber Hanna und ich planschten ausgelassen im warmen Wasser. Blüten flogen durch die Luft und klebten in unseren Haaren, wir vollführten Kunststücke und tauchten die andere unter.
Als wir genug hatten, hüllte man unsere Körper in zahlreiche weiche Tücher. Sie kämmten uns die Haare und zogen uns schöne Kleider an. Meine Haare wurden hochgesteckt und mit Tüchern verhüllten sie meinen Hals, damit die Narben am Hals bedeckt waren. Hanna hatten sie einen lockeren Zopf geflochten und eine Blume ins Haar gesteckt.
»Ich gehe schon mal vor, ich muss noch was erledigen«, sagte ich und verschwand. Ich lief eilig den langen Korridor hinunter, der zur Kaserne führte, und freute mich, als ich schon von Weitem die Schwerter aufeinander schlagen hörte.
Die Jungkrieger kämpften im Innenhof und ließen die Schwerter schnell aufeinander sausen. Ich schob den roten Vorhang so zur Seite, dass es gar nicht auffiel, dass ich oben auf dem Balkon stand, und erblickte Briar. Sofort begann mein Herz wie wild zu pochen. Er sah nicht aus, als fiele ihm das Kämpfen schwer.
Ich lehnte mich auf das Geländer und genoss es, ihn zu beobachten. Ich hörte meinen Vater die Jungkrieger immer wieder neu aufteilen, doch keiner war Briars Kampfkunst gewachsen. Er war unheimlich schnell und wendig. Von weitem hörte ich jemanden meinen Namen rufen, doch ich konnte meinen Blick noch nicht von Briar lösen.
»Lilia, kommst du jetzt mit zum Markt?« Es war Hannas Stimme, die vom Gang zu mir drang. Doch ich sah nur Briar weiter an. Als Hanna näher kam und wieder meinen Namen rief, blickte auch er hoch und entdeckte mich.
Sein Gesicht hellte sich sofort auf und er winkte. Ich nickte nur leicht, denn mein Vater schaute in dem Moment ebenfalls hoch.
»Lilia! Hörst du nicht?« Der rote Vorhang flog zu den Seiten und Hanna tippte mir auf die Schulter. Eine Weile sahen wir uns gemeinsam das Treiben unten in der Kaserne an. Briar hatte wieder den Kampf gegen Urwais aufgenommen, lächelte jedoch zufrieden. Hanna unterdessen begann neben mir zu würgen. »Ist ja eklig, sieh mal wie die sich verprügeln!«
Ich lachte.
»Sie werden ausgebildet. Das Training ist nun mal hart.«
»Komm lieber mit mir zum Markt, sonst kannst du heute Nacht wieder nicht schlafen.«
»Ach Quatsch. Aber ich komme mit, das wird eine schöne Ablenkung gegen die Langeweile hier im Tempel.«
»Du hast doch bloß Langeweile, weil du nicht an deinen Talenten arbeitest.«
»Was für Talente?« Wir lachten beide.
Dann entdeckte sie Briar. Es wunderte mich, dass er ihr nicht sofort aufgefallen war, denn er stach allein wegen seiner Statur hervor.
»Da ist ja Briar!«
Sie zeigte auf ihn und sah mein Lächeln. »Ach, du hast ihn sicher schon gesehen.« Winkend brüllte sie nach unten. »Huhu Briar!« Mein Vater verdrehte die Augen. Briar nickte uns zu, hatte aber Urwais die ganze Zeit fest im Blick. »Komm Lilia, wir gehen besser, bevor er unseretwegen noch verletzt wird.«
Erschrocken starrte ich sie an und erst da begriff sie, was sie gesagt hatte.
Ich musste an seine Wange denken und an die Wunde auf der Brust, die man jetzt zwar nicht sah, doch ich wusste, dass sie dort war. Er war doch schon wegen einer von uns verletzt worden – meinetwegen, um genau zu sein. Und das konnte ich mir nicht verzeihen.
»Tut mir leid … Ich …« Sie senkte
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