Das Königsmal
Andererseits aber hatte er bis zuletzt gehofft, Wallenstein könnte sich tatsächlich gegen den Kaiser stellen und den Krieg beenden. Nun war die Chance auf Frieden im Reich wieder vertan, und er befürchtete, dass das Blutvergießen noch Jahre weitergehen könnte.
Zu allem Unglück stärkte Wallensteins Tod das Haus Habsburg. Nachdem der Kaiser seinen Sohn, den beliebten König von Ungarn, mit dem Oberbefehl über das Heer betraut hatte und alle Belohnungen verteilt worden waren, zeigten sich die Soldaten besänftigt und kampfeslustig. Auch die kaiserlichen Feldherren Gallas und Piccolomini stellten sich geschickt an, und der große Krieg steuerte in schrecklichem Kurs auf neue Schlachten zu.
„Es wird nicht gelingen, diesen Krieg zu beenden.“ Christian wischte Brotkrumen vom Tisch und freute sich, dass sein schwarzer Jagdhund diese geschickt fing. Er tätschelte den Kopf des Hundes. „Was soll man mit Söldnern anstellen, die allein das Kriegshandwerk beherrschen und den Frieden verabscheuen? Wie soll man mit Schweden und Frankreich verhandeln, die Land und Macht gewinnen wollen? Wie soll man sich gegenüber deutschen Fürsten verhalten, die Entschädigungen verlangen?“
Der Sachse schüttelte den Kopf. „Der Teufelskreis der Rache muss durchbrochen werden. Wenn es gelingt, die Scharfmacher in den Regierungen zu entmachten und die Gewalt zu verdammen, wird das Reich Ruhe finden.“
„Ein weises Wort, allein, ich glaube nicht daran nach so vielen Jahren.“
Christian beobachtete den Kronprinzen. Sein Sohn hatte sich endlich seiner Braut zugewandt und schien ihr allerlei Anzüglichkeiten ins Ohr zu flüstern. Zunächst hatten sich die Augen der Prinzessin erschrocken geweitet, doch Prinz Christian versprühte so viel Charme, dass sich Magdalenas Züge entspannten. Vorsichtig griff sie nach der Hand des Prinzen, und Christian musste ein Lächeln unterdrücken. Mein Sohn stellt sich geschickt an, seine Frau zu erobern, dachte er zufrieden. Wann würde das Paar ihm einen Thronfolger, seinen Enkel, schenken?
Der König hoffte auf das Glück des jungen Paares. Er wünschte seinem Sohn Frieden, Erfüllung, so wie er sie selbst bei Wiebke gefunden hatte. Zärtlich griff er nach der Hand seiner Frau, und sie gab seinen Druck sanft zurück. Nie hatte er bedauert, sie an seine Seite genommen zu haben, auch wenn es schwer war, den Bedenken des Adels und der Kirche standzuhalten. Wiebke machte es ihm leicht, stark zu sein. Sie klagte nie über die Kälte des Hofes, sondern wärmte ihn mit ihrem Strahlen. Sie hatte alle Dunkelheit aus seinem Leben vertrieben und es stattdessen mit ihrem Leuchten erfüllt. Kein Albtraum hatte ihn mehr geplagt, seitdem sie an seiner Seite schlief. Sie hatte ihm zwei Kinder geboren und mit ihm getrauert, als sein dritter Sohn, Herzog Ulrich, und seine geliebte Tochter Anna Christine im selben Jahr gestorben waren.
Wie gern hätte er ihr ein Hochzeitsfest ausgerichtet, das die Feierlichkeiten der vergangenen Wochen an Glanz und Prunk noch übertroffen hätte. Ihm lag daran, seine geliebte Frau dem Volk auch als Königin zu präsentieren. Was ist, wenn ich nicht mehr bin, fragte er sich bisweilen sorgenvoll. Wer wird sich um sie kümmern und für ihren Schutz garantieren? Sie darf nicht in meinem Schatten stehen, unbekannt, geheimnisvoll und versteckt. Das Volk muss nach ihr verlangen, es muss Anteil an ihrem Leben nehmen, sie lieben und von ihr sprechen. Nur wenn es ein Bild von ihr hat, ein Gefühl für ihr Wesen, wird es sich um sie sorgen, wenn ich tot bin.
Christian hatte mit seinen engsten Beratern über Wiebkes Zukunft gesprochen. Längst hatte er ihr Besitz überschrieben, das Gut Bramstedt, ein Haus in Glückstadt, ein Anwesen in Kopenhagen. Die gemeinsamen Kinder sollten wie Königskinder erzogen werden und später, dank ihres edlen Blutes, in den Adel einheiraten. Doch die größte Gefahr ging immer noch von den engstirnigen Mitgliedern der Regierung aus. Er hoffte, sie durch eine familiäre Umarmung zu besänftigen und somit mehr Einfluss auf ihr Handeln gewinnen zu können. Aus diesem Grund war er bereit, seine Töchter mit einigen ihrer Söhne zu verheiraten. Außerdem bereiteten seine Notare eine Ehrenerklärung vor, die die Bischöfe besänftigen sollte. Niemals, so ihr geplanter Inhalt, habe er Wiebkes Nähe gesucht, bevor er nicht mit Kirsten Munk gebrochen hatte.
Noch einmal drückte er Wiebkes Hand. Sie wandte ihm ihr Gesicht zu, und er sah, dass sie ganz versunken
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