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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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… Ihr Schutz … Ihre Gedanken überschlugen sich. Was spielte der Junge ihr für einen Streich? Kirsten packte ihn bei den Schultern und drehte ihn zu sich herum.
    „Euer Vater … wer zum Teufel ist Euer Vater?“, keuchte sie.
    „Oh, ich wusste nicht, dass das wichtig ist. Meine Kameraden haben mir gesagt, ich müsste das Maul halten und jede Minute genießen, sollte ich je bei Euch liegen.“ Er grinste jetzt frech auf sie herunter, und Kirsten bemerkte, dass er sie um mehr als einen Kopf überragte. Seine blonden Locken fielen ihm auf die Schultern und streiften ihre Hände. „Darf ich mich jetzt also vorstellen: Hans Ulrich … Hans Ulrich Gyldenløve. Zu Euren Diensten, Madame.“ Er verbeugte sich spöttisch, während Kirsten jeden Halt verlor und aufs Bett sank.
    Ein Gyldenløve, dachte sie, dann lachte sie laut auf. Sie hatte mit einem von Christians Bastarden geschlafen, mit einem jüngeren Abbild des Königs. Natürlich, jetzt sah sie die Ähnlichkeiten, das lockige Haar, der Mund, die große, kräftige Statur. Hans Ulrich – sie hatte diesen Namen schon einmal gehört.
    „Wie alt bist du, Gyldenløve?“, fragte sie und sie bemühte sich, ihre Stimme wieder forsch und fordernd klingen zu lassen.
    „Neunzehn.“ Neugierig schaute er sie an.
    „Dann seid Ihr …
    „… der Sohn von König Christian und Karen Andersdatter. Er liebte sie, bevor er Euch kennen gelernt hat. Er hat meine Mutter noch vor meiner Geburt verlassen, um Euch zu heiraten.“
    „Ihr müsst ihn hassen – und Ihr müsst mich hassen.“
    Hans Ulrich drehte seinen Kopf zur Seite, und sie sah, dass er schluckte. „Nein.“ Erneut schaute er auf sie herab. „Der König war mir kein Vater, aber er hat immer für mich gesorgt und auch das Wohl meiner Mutter nie vergessen. Und Ihr – ich habe nie über Euch nachgedacht. Ihr seid nie Teil meiner Welt gewesen. Ich verachte Euch nicht. Nein, ich begehre Euch, seitdem ich hierhergekommen bin. Jetzt trage ich die Erinnerung an Euch in mir. Ich werde mich immer nach Euch sehnen. Und ich muss Euch sagen: Mein Vater ist ein Dummkopf. Wie kann er Euch ins Vergessen schicken? Wie kann er ohne Euch leben?“
    Kirsten musterte ihn. Sie sah, wie Begehren und Vernunft in ihm kämpften, und seine Unschuld rührte sie.
    „Kommt her zu mir“, flüsterte sie und nahm seine Hände. „Du bist ein Geschenk, weißt du das?“ Mit einer kaum merklichen Bewegung ließ sie ihr Hemd von den Schultern gleiten und enthüllte ihm so ihre Brüste.
    Später, als er wieder neben ihr lag, ließ sie ihre Finger durch seine Locken gleiten. Was gibst du mir nur in die Hand, Christian, dachte sie. Deinen Sohn, dein Fleisch und Blut, und ich kann über ihn verfügen. Sie wusste, dass Hans Ulrich von dieser Stunde an ihre Hoffnung war, ein Werkzeug auf dem Weg zurück in den Palast. Er wird alles für mich tun, dachte sie lächelnd und strich über seine geschlossenen Lider, die sich im Schlaf unruhig bewegten. Er wird mich beschützen und mein Unterhändler sein. Ich werde ihn zu meinem treuesten Diener machen und gegen dich schicken, Christian. Meine Liebe wird in ihm gären und zu Gift werden. Irgendwann wird er sich fragen, wie er je ohne Hass auf dich sein konnte. Seine Gefühle werden ihn mit sich reißen, und er wird nur eines wollen: Rache für die Frau, die er mehr liebt als sein Leben. Rache für Gräfin Kirsten Munk.
    Am Abend, als der wundervolle Nachmittag sich davongestohlen hatte und sie den jungen Gyldenløve, wie sie Hans Ulrich jetzt bei sich nannte, mit einem schamlosen Kuss verabschiedet hatte, notierte sie in ihren Gedanken: „Nummer 24, ich nenne ihn jetzt Gyldenløve, denn er ist ein Bastard des Königs und mein Glück. Der Sohn wird mich zurück nach Kopenhagen führen, ich weiß es. Er wird mein Retter sein und mit ein wenig Geduld ein erfreulicher Liebhaber dazu. Ich bin ganz und gar glücklich.“
    Als sie das Büchlein zuklappte, bemerkte sie, dass sie zum ersten Mal seit langer Zeit nicht zu ihren Notizen, die den Rheingrafen betrafen, zurückgeblättert hatte. Während die Nacht sich durch den Park von Gut Boller näherte und seine Bäume in vielarmige Geschöpfe verwandelte, ließ sie sich von ihrer Zofe für den Schlaf herrichten.

     
Johanna von Krabbe, erste Hofdame am Hof Christians IV.: Aus ihren geheimen Aufzeichnungen
    Wenn ich mich an das Leben in diesen Jahren erinnere, sehe ich den Tod. Er marschiert durch das Land, durch Gegenden, die zehnmal und mehr geplündert worden

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