Das Kommando
gründlich gewaschen hatte, durchsuchte er die Spinde der Ärzte. Als er Kleidung fand, die ihm in etwa passte, zog er sich rasch an und nahm die Autoschlüssel an sich, die er auf der oberen Ablage des Spinds fand.
Im Parkhaus ging er zu dem für das Personal reservierten Deck und drückte am Schlüssel zweimal auf den Knopf der Funksteuerung. Rechts vor ihm leuchteten die Blinker eines Wagens auf. Er stieg ein, um Hebron so rasch wie möglich zu verlassen. Unterwegs sah er, dass überall Straßensperren errichtet wurden, um die israelischen Streitkräfte am Eindringen in die Stadt zu hindern. Zum Glück hielt ihn niemand an.
Bei Sonnenaufgang war er weit im Süden und überquerte bei Arava die Grenze nach Jordanien. Da er sich auch dort nicht wirklich sicher fühlte, rief er Prinz Omar an und bat, man möge ihn mit einem Flugzeug aus der Hafenstadt Aqaba abholen. Der Prinz, der nach einer durchfeierten Nacht praktisch bewusstlos war, brachte kein Wort heraus, und so beorderte sein tüchtiger Mitarbeiter LeClair eines von Prinz Omars fünf privaten Düsenflugzeugen nach Aqaba. Um die Mittagszeit durfte David aufatmen. Er war Freidmans Fängen entwischt und befand sich auf dem Weg nach Frankreich. Am frühen Nachmittag landete er in Nizza. Er wurde mit einem Wagen nach Cannes ins Hotel Carlton gebracht, wo LeClair eine Luxussuite für ihn reserviert hatte.
Als Erstes musste er sich neu einkleiden. Nachdem er eine Stunde lang an der Croisette eingekauft hatte, wobei er alles auf sein Hotelzimmer und damit letztlich auf den Prinzen hatte buchen lassen, kehrte er in die Ruhe seiner Suite zurück. Dort machte sich seine Erschöpfung bemerkbar, und er schlief ein. Irgendwann weckte ihn die Berührung einer weichen, fleischigen Hand. Prinz Omar war gekommen.
David drehte sich auf den Rücken und versuchte, durch heftiges Zwinkern die Müdigkeit aus seinen Augen zu vertreiben. Als er seine Umgebung bewusst wahrnahm, fiel ihm auf, dass es schon dunkel war. Prinz Omar legte seine Hand auf Davids Nacken, wobei er die empfindliche Haut um die genähte Wunde herum berührte. Reflexartig schlug David die Hand beiseite. Im selben Augenblick merkte er, dass noch jemand im Zimmer war, eine massige Gestalt, nach dem Schatten zu urteilen, den sie an die Wand warf.
Der allzeit bereite chinesische Leibwächter Zhong machte sich für den Fall bemerkbar, dass David etwas Unbesonnenes im Schilde führte. Prinz Omar allerdings ließ sich von dem leichten Klaps nicht beeindrucken, sondern betrachtete belustigt die Wunde an Davids Hals. Vermutlich zog er seine eigenen Schlüsse daraus.
»Ich würde sagen, jemand hat es bunt getrieben.« Er nahm Davids Gesicht in beide Hände. »Du musst mir alles ganz genau berichten.«
David schüttelte die Hände ab. Er hatte rasende Kopfschmerzen, und das Letzte, was er im Augenblick wünschte, waren Berührungen des saudischen Prinzen.
»Worüber?«
»Über gestern Abend«, sagte der Prinz mit einem Augenzwinkern.
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, stöhnte David. Prinz Omar erhob sich lachend. Er trug einen teuren Anzug aus Seide. »Natürlich weißt du das. Jetzt steh auf und mach dich zum Abendessen fertig.« Er wies auf das Badezimmer. »Los… beeil dich. Ich habe großen Hunger. Ich habe auf Al Dschasira gesehen, was passiert ist, und möchte alle Einzelheiten wissen. Erst gehen wir essen, und dann wird gefeiert. Ich warte unten.« Ausgelassen wie ein Backfisch verließ er den Raum. Zhong folgte ihm.
Als David unter der Dusche stand, hob sich seine Stimmung ein wenig. Er hatte entsetzlichen Hunger. Vielleicht war ein privates Festmahl mit dem ›Großmufti‹ gar nicht so schlecht. Das Rasieren fiel ihm ziemlich schwer, aber mit dem Prinzen konnte er unmöglich unrasiert ausgehen. Wenn es um das Äußere der Menschen um ihn herum ging, kannte Prinz Omar keine Gnade. Er wollte von schönen Leuten umgeben sein, und das bedeutete, dass sie gut gekleidet und gepflegt sein mussten.
David hatte alles Nötige eingekauft: weißes Hemd, schwarzer Anzug und blaue Krawatte. Die Krawatte verursachte ihm Schmerzen, aber sie ließen sich ertragen, wenn er den Kopf nicht zu sehr drehte. Ein großes fleischfarbenes Pflaster auf der genähten Stelle verhinderte, dass Blut den Hemdkragen befleckte.
Er fand den Prinzen unten in der Bar. Dort hatte er sich in einem hufeisenförmigen Séparée zwischen vier Frauen gequetscht, zwei rechts und zwei links, zweifellos Edelprostituierte, wie er sie für so
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