Das Kommando
gilt wirklich nur für einige wenige. Die überwiegende Mehrheit der Menschen, die dort lebten, haben die Terroristen unterstützt oder waren selbst welche. Ich werde wegen meiner Entscheidung mit Sicherheit keine schlaflosen Nächte haben, und ich verteidige sie gern vor deinem Kabinett.«
»Das Kabinett macht mir keine Sorgen«, blaffte Goldberg, »wohl aber die Vereinten Nationen und Amerika. Wenn die sich entschließen, die Sache zu untersuchen, und dahinterkommen, dass da tatsächlich kein Sprengstoff hergestellt worden ist, wirst du uns sehr geschadet haben.«
»Dazu wird es schon nicht kommen«, versicherte ihm Freidman wütend. »Mit den Amerikanern werde ich fertig. Das war früher schon so, und das schaffe ich auch in Zukunft. Was die Vereinten Nationen betrifft – das ist ein Haufen zahnloser Dilettanten. In einer Woche ist das alles vergessen.« Er nahm einen Schluck Bier und fügte zuversichtlich hinzu: »Ich kann dir versichern, dass sich diese ganze… Unruhe legen wird. Aber wir müssen in der Offensive bleiben. Nach einem Angriff wie dem gestrigen wird der Gegner Fehler machen. Er wird versuchen, sich zu rächen, und wir müssen bereit sein zuzuschlagen. Ich stelle mir das wie folgt vor…«
In seinem Stuhl schaukelnd, hörte Goldberg zu, wie der Direktor des Mossad vortrug, auf welche Weise er die verschiedenen palästinensischen Gruppen in Schach zu halten gedachte. Er war unschlüssig. Der alte Krieger in ihm sah den Vorteil, den es bedeutete, wenn man die Gunst der Stunde nutzte, doch in seinem Inneren mahnte ihn die Stimme des Politikers, der sich auf die Unterstützung von weniger als der Hälfte seiner Landsleute verlassen konnte.
Bisher hatte man ihm lediglich deshalb nicht das Misstrauen ausgesprochen, weil es keinen Herausforderer gab, der bereit gewesen wäre, gegen ihn anzutreten. Doch allmählich formierte sich der Widerstand, und es würde nicht mehr lange dauern, bis er sich lautstark äußerte. Jetzt aber musste er vor allem Freidman im Auge behalten. Falls die Vereinten Nationen mitbekamen, was tatsächlich in Hebron geschehen war, würde sich sein Kabinett sofort gegen ihn wenden, und wieder einmal wäre Israel gezwungen, sich unter einer schwachen politischen Führung an den Verhandlungstisch zu setzen.
45
Es war spät am Sonntagabend, und Mitch saß in äußerst unbequemer Haltung hinter dem Lenkrad seines Wagens, um zu verhindern, dass seine rechte Hinterbacke den Sitz berührte. Vom medizinischen Standpunkt aus war es eher günstig, dass er an dieser Stelle getroffen worden war, da sich dort lediglich Muskeln und Fett befinden, aber keine lebenswichtigen Organe. Im Alltag allerdings war die Sache höchst ärgerlich. Zur großen Erheiterung Colemans und seiner Männer hatte Rapp während des ganzen Rückflugs von den Philippinen entweder gestanden oder auf dem Bauch gelegen.
Da sie ihren Auftrag rundum erfolgreich ausgeführt hatten und seine Gesundheit nicht gefährdet war, konnten sie leichten Herzens spotten. Eigentlich traf ihn das auch nicht besonders, zumal ihn das in wohltuender Weise von der Vorstellung ablenkte, was ihn zu Hause erwarten würde.
Beziehungen zwischen Menschen waren schwierig, wie ihm jetzt dämmerte. In der Zwischenzeit hatte er auch gemerkt, dass sich seine Erinnerung an Gesagtes oder Versprochenes in vielen Fällen deutlich von der seiner Frau unterschied. Er hatte Gewissenserforschung betrieben, weil er nicht sicher war, ob er je ausdrücklich zugesagt hatte, sich aus Situationen herauszuhalten, in denen man auf ihn schießen könnte. Meist hatten sich ihre Gespräche zu diesem Thema zwangsläufig auf Andeutungen beschränkt, weil seine Arbeit von ihm nun einmal Geheimhaltung verlangte, aber es sah so aus, als habe er ihr tatsächlich versprochen, keine Dummheiten zu machen. Irgendetwas sagte ihm, sie werde es als den Gipfel der Dummheit ansehen, dass er sich in den Hintern hatte schießen lassen.
Zwar wäre, überlegte er, eine auf sachliche Argumente gegründete Darstellung der Ereignisse ein geschickter Schachzug zu seiner Verteidigung, letzten Endes aber wertlos. Auch wenn über das Thema nie etwas Genaues vereinbart worden war, so hatte sie selbstverständlich Erwartungen, nach denen er sich richten musste. Versuche, mithilfe rhetorischer Kniffe etwas bei ihr zu erreichen, waren unklug, da Anna weder Anwältin noch Richterin war, sondern seine Frau. Keine noch so schlüssigen oder zutreffenden Erklärungen würden ihn vor ihrem Zorn
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