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Das Kommando

Das Kommando

Titel: Das Kommando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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bewahren.
    Diese Erwägungen ließen ihn zu der Schlussfolgerung gelangen, dass er sich eine Geschichte ausdenken müsse. Die Familie Andersen erholte sich gegenwärtig im Marinelazarett von Pearl Harbor. Rapp, der nach einer Möglichkeit suchte, die Heimkehr hinauszuzögern, hatte Kennedy mitgeteilt, er würde gern einige Tage bei den Leuten bleiben, um dabei zu sein, wenn sie über ihre Erlebnisse berichteten. Insgeheim hoffte er, dass sich das über eine ganze Woche erstrecken würde, denn auf diese Weise käme die Heilung seiner empfindlichen Wunde ein ganzes Stück voran. Ganz davon abgesehen, könnte er dann die Verwundung unter Umständen mit einem Unfall beim Surfen über ein Korallenriff begründen. Als Beweis dafür würde eine zerrissene Badehose und eine Hautabschürfung genügen. Zwar würde es entsetzlich weh tun, sich die Haut mit einem Stück Koralle zu zerkratzen, doch wäre das nichts im Vergleich zu dem, was seine Frau mit ihm anstellen würde, wenn sie dahinter kam, dass er eine Schusswunde hatte.
    Dr. Kennedy hatte seinen Wunsch jedoch sofort mit der Begründung abgelehnt, dass es in Israel einen Zwischenfall gegeben habe und sie ihn dringend in Washington brauche. Ein Flugzeug warte in Pearl Harbor auf ihn, und er dürfe keine Minute länger zögern. Seit jenem Telefonat hatte er überlegt, wie er einen Ausweg aus dieser verfahrenen Situation finden konnte, bis ihm irgendwo über dem Westen der Vereinigten Staaten die entsetzliche Erkenntnis aufgegangen war, dass er sich der Wut seiner Frau würde stellen müssen.
    Die Befürchtungen, die er jetzt empfand, waren für ihn etwas völlig Neues. Früher waren Beziehungen für ihn immer ziemlich unkompliziert gewesen. Seit dem Tod einer Kollegin, in die er verliebt gewesen war, hatte er nie jemanden nahe an sich herangelassen. Zum Teil hing das mit seinem Beruf zusammen. Vertrautheit setzt Aufrichtigkeit voraus, doch die Art seiner Arbeit machte es einer Frau unmöglich, ihn im tiefsten Wesen zu verstehen.
    Eine leidenschaftliche Verbindung mit einer israelischen Agentin hatte mit Unterbrechungen mehrere Jahre gedauert. Donatella Rahn hatte ihn in mancher Hinsicht besser gekannt als jeder andere Mensch. Es war eine nicht sonderlich stabile Beziehung gewesen, die ihn in große Höhen und deprimierende Tiefen geführt hatte. In gewissem Sinne waren sie einander zu ähnlich gewesen, als dass sie hätten heiraten können, obwohl zumindest Donatella es gern auf einen Versuch hätte ankommen lassen.
    Von seinen anderen Affären war keine je so ernsthaft gewesen, dass er den Wunsch verspürt hätte, sein Leben auf eine andere Grundlage zu stellen. All das hatte sich mit dem Auftauchen Annas geändert. Bevor er ihr begegnet war, war er, wenn ihm jemand zu viele Fragen stellte oder zu viel von ihm erwartete, einfach verschwunden, womit die Angelegenheit erledigt war. Beziehungen waren für ihn nie sonderlich kompliziert gewesen, weil sie alle nach seinen Bedingungen abgelaufen waren. Sobald sie in Frage gestellt wurden, war die Sache vorbei.
    Jetzt gab es kein Davonlaufen mehr, hieß es nicht mehr ›bei mir‹ oder ›bei dir‹, sondern ›bei uns‹. Er hatte Anna geheiratet, weil er den Rest seines Lebens mit ihr verbringen wollte. Sie hatte in ihm den Wunsch geweckt, ein besserer Mensch zu werden, und im tiefsten Inneren war ihm klar, dass es damit seine Richtigkeit hatte.
    Doch während er jetzt über die dunkle Landstraße in Maryland fuhr, fürchtete er ihre Reaktion. Einerseits hoffte er, sie werde ihn anschreien, damit die Sache bald vorüber war. Die Vorstellung der anderen Möglichkeit war zu schmerzhaft. Anna konnte schrecklich starrsinnig sein, und das Schlimmste, was sie tun konnte, war, ihm ihre Liebe und ihr Vertrauen zu entziehen.
    Als er den Wagen auf die Auffahrt seines Hauses lenkte, schluckte er. Er hatte Anna bei einer Zwischenlandung zum Auftanken von Kalifornien aus angerufen und ihr gesagt, dass er gegen Mitternacht heimkommen würde. Jetzt war es fast eins. Hoffentlich schlief sie schon. Das Licht auf der vorderen Veranda brannte zwar, aber das hatte nicht unbedingt etwas zu bedeuten.
    Er parkte auf dem neben der Einzelgarage neu angelegten Abstellplatz, damit Anna am Morgen hinausfahren konnte, falls sie das Haus vor ihm verließ. Vorsichtig schob er sich aus dem Wagen und blieb einen Augenblick stehen. Jedes Mal wenn er den rechten Fuß belastete, fühlte es sich an, als ob ihm jemand ein Messer in die Wunde steckte und es darin

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