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Das Kommando

Das Kommando

Titel: Das Kommando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Hände hoch und wollte nach ihren Handgelenken greifen. Sie aber war mit ihm fertig und rannte aus dem Zimmer, wobei ihr die Tränen in die Augen schossen. Er blieb allein zurück und hatte Gelegenheit, darüber nachzudenken, was er verpfuscht hatte.

46
    »Glaub mir, ich bin auch nicht besonders glücklich darüber«, sagte Irene Kennedy mit ungewöhnlich erregter Stimme.
    Mitch Rapp stand in der Tür ihres Büros und verfolgte entsetzt das Telefongespräch. Er versuchte zu verstehen, was da geschah. Er hatte den Eindruck, dass seine schlimmsten Albträume vor seinen Augen lebendig wurden, ohne dass er etwas dagegen unternehmen konnte – was ihn, der die Dinge nicht gern aus der Hand gab, äußerst beunruhigte.
    Er war völlig verspannt, weil er auf dem Sofa geschlafen hatte, und sein Hinterteil schmerzte fast ebenso stark wie unmittelbar nach dem Schuss. Sein linkes Auge war leicht angeschwollen, und er hatte den Eindruck, dass er gleich Kopfschmerzen bekommen würde. Er stand auf der Schwelle von Dr. Kennedys Büro, in das die helle Sonne des Tages schien, und fragte sich, welche Kräfte zugelassen hatten, dass sich dies grausame Bündnis gegen ihn richtete. Je länger er den Worten seiner Vorgesetzten zuhörte, die den Hörer fest in der Hand hielt, desto schlimmer sahen die Dinge für ihn aus.
    »Nein«, sagte sie mit einem Kopfschütteln. »Nein… ach, ist ja großartig«, gab sie mit einem Sarkasmus von sich, den er nur selten an ihr beobachtet hatte. Sie sah durch ihre braun getönten Brillengläser missbilligend zu ihm her. »Nein, er hat es nicht für nötig erachtet , mir mitzuteilen, dass er einen Schuss in den Hintern bekommen hat.« Sie sah ihn wütend an und wies streng auf einen Stuhl vor ihrem Schreibtisch.
    In all den Jahren, die er sie kannte, hatte er sie noch nie so aufgebracht gesehen. Das versprach heiter zu werden. Die nächtliche Szene mit Anna war schlimm genug gewesen, und er hatte gehofft, bei Kennedy auf Verständnis zu treffen. Schließlich hatte er sich immer auf sie verlassen können. Er trat in ihr Büro und schloss die schwere schalldichte Tür. Die Sekretärinnen im Vorzimmer brauchten nicht zu hören, was jetzt kommen würde. Mit schleppendem Schritt durchquerte er den großen Raum, während sich seine Vorgesetzte weiter mit seiner Frau über sein Verhalten unterhielt. Die ganze Situation war ziemlich beunruhigend.
    »Du brauchst dich doch nicht bei mir zu entschuldigen«, sagte Kennedy jetzt. »Ich verstehe, warum du gedacht hast, dass es meine Schuld war.« Sie verstummte und hörte einige Sekunden lang zu. »Nun, das ist sehr freundlich von dir. Mir geht es ebenso, und du darfst mir glauben, dass du dich in dieser Hinsicht auf mich verlassen kannst. Ich denke, dass wir beide der Sache mehr als gewachsen sind.«
    Mit einem leisen Stöhnen schloss Rapp die Augen. Er hatte den Eindruck, wieder in der Grundschule zu sein, vor der Tür des Rektorzimmers zu stehen und mit anzuhören, wie sich die Schulleiterin mit seiner Mutter am Telefon gegen ihn verschwor.
    »Völlig richtig – ausschließlich ich habe zu beurteilen, was der Geheimhaltung unterliegt und was nicht.«
    Sie drehte sich auf ihrem ledernen Bürosessel um, sodass sie Rapp den Rücken zuwandte. Dann sagte sie kopfschüttelnd: »Ja. Hör einfach nicht auf ihn. Wenn du Fragen hast, ruf mich an.« Wieder schwieg sie, während sie zuhörte, dann sagte sie mit Nachdruck: »Genau! Ganz meine Meinung. Ich würde zudem vorschlagen, dass er zu einem unserer hauseigenen Psychiater geht.«
    Rapp hielt den Blick auf den Kopf seiner Vorgesetzten gerichtet und sagte durch die Zähne: »Nur über meine Leiche.«
    Sie drehte ihren Bürosessel wieder herum und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »In Ordnung, Anna. Wir treffen uns in ein paar Stunden, und am Donnerstag um sechs kommst du zu mir, dann trinken wir ein Gläschen zusammen. Danke… Schon gut. Ach ja, und über die andere Sache würde ich mir keine Sorgen machen. Er ist hart im Nehmen, und wie ich schon gesagt habe, er hat es reichlich verdient.« Sie nickte einige Male und sagte abschließend: »Also dann… Mach’s gut.«
    Nachdenklich legte sie den Hörer auf, wobei sie Rapp weiter ansah. »Nun, das war eine interessante Unterhaltung.«
    »Kann ich mir denken«, gab er zurück, ohne sein Missfallen zu verbergen.
    Sie nahm ihn genauer in Augenschein. »Ein schönes Veilchen hast du da. Wo hast du dir das denn geholt?«
    Er zweifelte an ihrer Aufrichtigkeit und sagte:

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