Das Kommando
vierundzwanzig Stunden aufzugeben, wenn er nicht seinen Ruf und seine Familie zugrunde richten wollte. Am nächsten Morgen hatte der Mann gekündigt.
Turbes zeigte sich äußerst beunruhigt von dem, was im Nahen Osten vor sich ging. Bis zu den Terrorangriffen vom 11. September 2001 hatte niemand gewusst, wer in der CIA eigentlich für den Kampf gegen den Terror zuständig war. Von der wohltuenden Anonymität, die das Amt einst umgeben hatte, war nichts geblieben. Immer wieder wollten Kongressabgeordnete und Senatoren wissen, welche Gefahren die Zukunft bringen mochte und was die Zentrale zu ihrer Abwehr unternahm. Das geschah inzwischen so häufig, dass sich Turbes genötigt gesehen hatte, sechs Leute einzustellen, die nichts anderes zu tun hatten, als die zahllosen Kontakte zum Kongress und den verschiedenen Ministerien zu pflegen. Seiner Überzeugung nach taugte Geheimdienstarbeit nur dann etwas, wenn die Menschen, die imstande waren, etwas zu bewirken, deren Ergebnisse erfuhren. Allerdings fielen die Politiker seiner Ansicht nach im Großen und Ganzen nicht in diese Kategorie.
Von seinem Standpunkt aus gab es über Washington nur eine absolute Wahrheit, und die lautete, dass sich Politiker gern selbst reden hörten. Ganz gleich, wie oft man ihnen sagte, dass etwas geheim sei, sie waren überzeugt, bestimmten Leuten rückhaltlos vertrauen zu dürfen, sei es die Ehefrau, die Freundin oder ein Mitarbeiter ohne die entsprechende Sicherheitsüberprüfung.
Von dieser Regel gab es einige seltene Ausnahmen. Einzelne Senatoren und Kongressabgeordnete konnten tatsächlich den Mund halten, und die meisten von ihnen waren im Laufe der Zeit in die Sicherheitsausschüsse berufen worden. Die auf die Pflege ihres Egos erpichten Kongressabgeordneten hingegen waren vorwiegend auf einen Sitz in einem der Untersuchungsausschüsse oder einen im Finanz-, Verteidigungs und Justizausschuss aus, da sie das am ehesten ins Fernsehen brachte und sie damit in ihrem Wahlkreis Ansehen zu gewinnen hofften. Seit aber das Land dem Terror den Krieg erklärt hatte, hatten es auch einige dieser Opportunisten verstanden, sich in die Sicherheitsausschüsse wählen zu lassen. Da deren Tätigkeit mit einem Mal in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt war, hofften sie, ihren Anteil davon abzubekommen.
Turbes behielt diese Leute aufmerksam im Auge und hatte Kennedy und Rapp des Öfteren seine Besorgnis mitgeteilt. Gerade heute erst hatten zwei Sitzungen über geheimdienstliche Erkenntnisse stattgefunden, die so heikel waren, dass man sie seiner Ansicht nach nicht den Ausschüssen mitteilen durfte. Diese Bedenken hatte er Kennedy vorgetragen, und sie hatte sich seiner Meinung nicht nur rückhaltlos angeschlossen, sondern auch bereits eine frühe Besprechung im Weißen Haus vereinbart, um den Präsidenten ins Bild zu setzen. Die erste Meldung betraf die barbarische Ermordung eines irakischen Generals, bei der amerikanisches Falschgeld im Spiel war, und die zweite das am meisten unter Verschluss gehaltene Thema der Regierung Hayes, nämlich die Saudis. Es war Rapp klar, dass der Präsident aus der Haut fahren würde, wenn er erfuhr, was sie ihm mitzuteilen hatten. Da die OPEC-Staaten den Saudis in allem zu folgen pflegten, bot eine ungetrübte Beziehung zu diesen eine gewisse Garantie für einen stabilen Ölpreis.
Rapp füllte einen Topf mit Wasser und setzte ihn auf den Herd. Bis es siedete, hatte er ein wenig Zeit, und so sah er im elektronischen Posteingang nach. Zwei E-Mails für Anna waren gekommen. Er speicherte beide. Nachdem er die Rigatoni ins siedende Wasser gegeben hatte, entkorkte er eine Flasche Rotwein und machte sich an die Zubereitung der Sauce. Shirley saß auf dem Fußboden und sah ihm aufmerksam zu. Die Hündin hoffte wohl, dass etwas für sie abfallen würde. Rapps kulinarisches Repertoire erschöpfte sich in drei oder vier Nudelgerichten und gegrilltem Steak. Als die Sauce fertig war, legte er an der Frühstückstheke zwei Gedecke auf. Er würde noch einige Tage im Stehen essen müssen.
Gerade als die Nudeln gar waren, kam Anna ins Haus. Sie begrüßte Shirley und stellte dann ihre schwere schwarze Tasche ab. Nachdem sie ihren Mantel in den Dielenschrank gehängt hatte, trat sie mit verschränkten Armen in die Küche und blieb vor dem kleinen Tisch stehen, auf dem die Post lag. Sie nahm die Briefe zur Hand und sah nach, ob etwas Wichtiges dabei war. Das meiste war Werbemüll.
Er goss die Nudeln über der Spüle
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