Das Kommando
Flughäfen nannte. David machte es sich für die kurze Fahrt bequem, ohne darauf zu achten, dass irgendeine Berühmtheit, von der er noch nie gehört hatte, ihn mit blechern klingender Stimme aufforderte, den Sicherheitsgurt anzulegen. Der leichtere Teil seiner Aufgabe war beendet. Jetzt musste er nach Washington. Dort erwartete ihn der schwierigste.
52
Mitch Rapp hatte Präsident Hayes schon in verschiedenen Stadien von Zorn, Wut und Empörung gesehen, doch an diesem Vormittag schien er besonders aufgebracht zu sein. Michael Haik, der ihn in Fragen der nationalen Sicherheit beriet, hatte mitgeteilt, dass der Präsident für Punkt sieben Uhr morgens eine Besprechung angesetzt hatte, zu der er alle Führungskräfte erwartete, die mit der nationalen Sicherheit zu tun hatten. Kennedy hatte Rapp und den Leiter der Antiterrorzentrale Jake Turbes mitgebracht. Beiden hatte sie eingeschärft, dass sie sich vorerst so zurückhaltend wie nur irgend möglich verhalten sollten. Was die Antiterrorzentrale an Informationen zusammengetragen hatte, sollte später in kleinerem Kreis besprochen werden.
Die mit braunem Leder bezogenen Sessel, die um den großen Konferenztisch des Kabinettszimmers standen, waren bis auf einen völlig identisch. Der Sessel des Präsidenten, der eine höhere Lehne besaß, stand in der Mitte, sodass sich die Aufmerksamkeit aller auf ihn richten konnte. Er saß mit dem Rücken zum Fenster; links von ihm hatte Michael Haik und rechts von ihm seine Büroleiterin Valerie Jones Platz genommen. Seine Züge waren angespannt, das Kinn hatte er entschlossen vorgeschoben. Blutvergießen im Nahen Osten war eine Sache, weder wünschenswert noch hinnehmbar, doch nicht weiter überraschend. Die Ermordung eines ausländischen Botschafters und seiner beiden Leibwächter mitten in New York hingegen war eine Katastrophe und im Grunde undenkbar.
Präsident Hayes hörte zu, während Roach, der Leiter des Bundeskriminalamtes FBI und ein Profi, wie er im Buche stand, die Einzelheiten über die Ermordung des Botschafters vortrug. Als er fertig war, klopfte der Präsident einige Sekunden mit seinem Stift auf einen Schreibblock und fragte in äußerst enttäuschtem Ton:
»Ist das alles, was wir wissen?«
Roach hielt dem Blick des Präsidenten unerschütterlich stand und gab zu: »Im Augenblick leider ja, Sir.«
»Was Sie mir da vortragen, habe ich heute morgen schon in der Washington Post gelesen«, gab Hayes in ungewöhnlich gereiztem Ton zurück. Er entließ Roach mit einem Kopfschütteln und sah zu Justizminister Richard Lloyd, einem alten Weggefährten, hinüber. »Dick, ich möchte, dass dieser Fall gelöst wird, und zwar zügig. Scheuen Sie keine Mühe. Stellen Sie fest, wer das war, und bringen Sie die Leute schnellstmöglich vor Gericht.« Dann sah er auf Irene Kennedy. Rapp saß nur wenige Sessel von ihr entfernt. Ihnen gegenüber saßen neben dem Justizminister die Außenministerin Beatrice Berg und der Verteidigungsminister Rick Culbertson.
An der Art, wie der Präsident die Kiefermuskeln spannte, ließ sich deutlich das Ausmaß seiner Erregung ablesen. Nach einer Weile fragte er: »Was haben die Israelis dazu zu sagen?«
Kennedy war auf die Frage vorbereitet. Um zu erfahren, wie die Israelis auf den dreifachen Mord reagierten , hätte er die Außenministerin gefragt. Da er sich an die Direktorin der CIA gewandt hatte, war klar, dass er wissen wollte, wie sich der Mossad zu dem Fall stellte. Kennedy hatte bereits dreimal mit Ben Freidman über den Vorfall gesprochen, der dabei wortreich jegliche Mitwirkung von sich gewiesen hatte.
»Sir, Freidman bestreitet nachdrücklich jede Beteiligung des Mossad an dem Attentat.«
Der Präsident sah sie zweifelnd an. »Und welchen Grund hätte ich, ihm zu glauben?«
Auf diese Frage gab es viele Antworten, von denen keine wirklich befriedigend war. Freidman hatte das wenige Vertrauen, das der Präsident in ihn gesetzt hatte, missbraucht, und Kennedy war ziemlich sicher, dass nichts von dem, das sie sagen oder tun konnte, imstande sein würde, den Bruch zu kitten. Am liebsten hätte sie geschwiegen, aber der Präsident bestand auf einer Antwort. »Ich glaube nicht, dass der Mossad so unverfroren vorgehen würde.«
»Und warum nicht?«, fragte Hayes.
»Eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung, Sir. Durch den Tod des Botschafters gewinnen die Israelis sehr wenig, und bestimmt werden wir im Laufe des Tages noch sehen, dass er sie in den Augen der Weltöffentlichkeit sehr teuer
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