Das Kommando
wollte die Vereinigten Staaten gegen Israel aufbringen und zugleich die arabische Welt einigen. Damit würde der Druck der öffentlichen Meinung in Bezug auf einen überfälligen Friedensschluss im Nahen Osten und die Gründung eines autonomen palästinensischen Staates seinen Höhepunkt erreichen. David brauchte lediglich darauf zu warten, dass eine bestimmte Zusammenkunft stattfand, dann würde er zuschlagen.
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Rapp folgte Turbes durch den schmucklosen Korridor des neuen Hauptquartiers im »George-Bush-Center des Geheimdiensts«. Erst kürzlich hatte die Antiterror-Zentrale ihre vergleichsweise beengten Räumlichkeiten im fünften Stock des früheren Hauptquartiers der CIA aufgeben und die unteren beiden Stockwerke im Südflügel des Neubaus beziehen können. Dort stand ihr nicht nur weit mehr Platz zur Verfügung als vorher, auch das Personal und der Etat waren deutlich aufgestockt worden – ein Hinweis darauf, wie ernst man inzwischen an höchster Stelle die Bedrohung durch den Terrorismus nahm.
In Rapps Augen war diese Ausweitung eine zweischneidige Angelegenheit. Gewiss, die Gelder waren hochwillkommen, konnte man doch damit Spitzentechnik kaufen und neue Leute ausbilden, doch brachte das auch mehr Papierkram und eine verstärkte Überwachung durch die Verwaltung mit sich. Je mehr Menschen dort tätig waren, so seine Ansicht, desto mehr behinderten sie sich gegenseitig. Er befürwortete kleine, spezialisierte Einheiten, die rasch auf eine Bedrohung reagieren und Einsätze planen konnten, ohne dabei von Außenstehenden mehr als nötig reglementiert zu werden. Vermutlich war seine instinktive Abneigung gegenüber großen Organisationen der Hauptgrund dafür, dass er sich immer ein wenig unbehaglich fühlte, wenn er den Neubau der Antiterrorzentrale betrat.
Während Turbes vor einer Tür stehen blieb und seinen Ausweis in den Magnetkartenleser steckte, löste Rapp seinen Krawattenknoten und öffnete den obersten Hemdknopf.
Kaum hatten sie das Gebäude betreten, als die Logistiker der Behörde bereits Schlange standen, um Turbes mit Fragen zu bestürmen. Irgendwo weiter hinten fiel Rapps Auge auf Marcus Dumond und Olivia Bourne. Dumond war das Computergenie der Zentrale und Bourne die leitende Koordinatorin für die Golfstaaten. Offiziell hatte sie mit Saudi-Arabien nichts zu tun, behielt aber dennoch die königliche Familie so gut im Auge, wie das die politischen Gegebenheiten zuließen.
Als Rapp aus der praktischen Arbeit herausgeholt und zum Sonderbeauftragten der Direktorin der CIA in Fragen der Terrorismusbekämpfung ernannt worden war, hatte ihn Kennedy in groben Zügen über die Antiterrorzentrale informiert. Ganz oben auf Kennedys Liste der wichtigen Mitarbeiter stand die neununddreißigjährige Olivia Bourne, die aus West Virginia stammte, den ersten Studienabschluss an der berühmten Brown University und den zweiten in Princeton gemacht hatte. Sie besaß buchstäblich keinerlei Praxiserfahrung, sprach aber fließend Arabisch und Farsi und war ein wandelndes Lexikon, wenn es um radikale islamische Fundamentalisten aller Schattierungen ging, auf die die Zentrale Jagd machte.
Über Marcus Dumond hatte ihm Kennedy nichts zu sagen brauchen, da er ihn selbst für den Job vorgeschlagen hatte. Der bei seiner Einstellung siebenundzwanzigjährige Informatiker, der die Aufmerksamkeit der CIA mit seiner Fähigkeit auf sich gelenkt hatte, unbemerkt in fremde Rechnersysteme einzudringen, war Mitbewohner von Rapps Bruder gewesen, als dieser am Massachusetts Institute of Technology studierte. Dumond hatte Ärger mit dem FBI bekommen, weil er zur Zeit seiner Diplomarbeit in das Computersystem einer der größten Banken New Yorks eingedrungen war und Gelder auf verschiedene Konten im Ausland überwiesen hatte. Herausgekommen war das aber nicht etwa, weil er bei seinem Vorgehen Spuren hinterlassen hätte, sondern einfach deshalb, weil er sich dem Falschen gegenüber damit gerühmt hatte, als er einmal nicht mehr ganz nüchtern war. Daraufhin hatten Kriminalbeamte die Wohnung gestürmt, und Steven Rapp hatte seinem Bruder davon berichtet. Mitch wiederum hatte Kennedy, die damals an der Spitze der Antiterrorzentrale stand, gefragt, ob man sich den jungen Hacker nicht einmal näher ansehen sollte.
Offiziell sprach niemand in Langley gern darüber, dass dort einige der besten Computerpiraten der Welt arbeiteten. Ihr Auftrag lautete, bei Bedarf in jeden fremden Rechner einzudringen, zu dem sie sich Zugang verschaffen
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