Das Kommando
Jones: Mir ist das Wohlergehen unseres Landes wichtiger als das einer bestimmten Regierung. Zwar müsste das eine eigentlich Hand in Hand mit dem anderen gehen, aber wie Sie heute Morgen so leidenschaftlich dargelegt haben, ist das nicht immer der Fall.«
Mit einem wütenden Blick auf den General stieß sie hervor: »Dieser Vorwurf ist unberechtigt.«
»Das denke ich nicht. Wenn ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt habe, bin ich gern bereit, Ihnen das Ganze noch einmal zu erklären.« Er beugte sich zu ihr vor und sagte: »Das war eine groß angelegte Operation, von der viele Angehörige der Streitkräfte und der Geheimdienste wussten. Weil sie fehlgeschlagen ist, wissen mittlerweile noch sehr viel mehr Leute darüber Bescheid.« Nachdrücklich stach er mit einem seiner fleischigen Finger in die Luft. »Eins kann ich Ihnen für den Fall garantieren, dass Sie versuchen sollten, die Sache herunterzuspielen: Irgendjemandem beim Militär oder in Langley wird die Galle so überlaufen, dass er einem Reporter unter der Hand etwas steckt. Damit würde eine Lawine losbrechen, die vermutlich genau das bewirken würde, was Sie vermeiden wollen. Immer vorausgesetzt, dass Mitch die Sache nicht schon vorher an die Öffentlichkeit bringt.«
»Sorgen Sie dafür, dass Ihre Leute spuren, General«, fuhr ihn Jones an, »und ich sorge dafür, dass Rapp spurt.«
Bei dieser absurden Vorstellung brach Flood in lautes Gelächter aus. »Sie wollen Mitch Rapp sagen, was er tun soll? Sagen Sie mir, wann und wo, und ich zahle jeden Eintrittspreis, den Sie verlangen, um das mit anzusehen.«
Bevor sie etwas erwidern konnte, beugte sich der Präsident in seinem Sessel vor und legte die Unterarme auf den Schreibtisch. »Ich bin zu einer Entscheidung gekommen.« Zwar sprach er damit alle an, fixierte aber Jones. »Wir werden uns der Sache offen stellen. Darüber gibt es keine Diskussion. Beim Versuch, sie unter den Teppich zu kehren, würde sie mit Sicherheit wieder darunter hervorkommen und uns in den Hintern beißen. Das Justizministerium soll dafür sorgen, dass gegen Ministerialdirektorin Petry und Botschafter Cox Haftbefehl erlassen wird.«
Kopfschüttelnd setzte Jones an: »Aber…«
Der Präsident schnitt ihr das Wort ab: »Sagen Sie für heute Abend alle meine Verpflichtungen ab, auch die Abendgesellschaft. Dann teilen Sie den Kongressführern mit, dass ich mit ihnen zusammentreffen möchte.« Auf Jones’ Züge trat ein gequälter Ausdruck. Das Gesicht des Präsidenten zeigte deutlich, dass es unklug wäre, sich ihm weiterhin widersetzen zu wollen. Diese Schlacht würde sie einstweilen verloren geben müssen. Später, wenn sie mit dem Präsidenten allein war, würde sie zu erreichen versuchen, dass er seine Entscheidung noch einmal überdachte, die ihn ihrer Einschätzung nach Kopf und Kragen kosten konnte.
Mit geheuchelter Liebenswürdigkeit fragte sie: »Und was soll ich den Leuten sagen?«
»Dass ich sie über eine Angelegenheit ins Bild setzen möchte, welche die nationale Sicherheit betrifft.«
»Ich kümmere mich gleich darum.« Bevor sie hinausging, drehte sie sich noch zu Kennedy um. »Sie halten mich doch über alle Entscheidungen im Justizministerium und beim FBI auf dem Laufenden?«
Auch wenn es Kennedy nicht entging, dass das eher wie eine Anweisung als wie eine Frage gemeint war, nickte sie entgegenkommend. Die Büroleiterin des Präsidenten hatte eine vollständige Niederlage erlitten, und es gab keinen Grund, ihr noch unter die Nase zu reiben, dass alle das mitbekommen hatten.
Als Jones fort war, wandte sich der Präsident an Kennedy und Flood. »Bitte entschuldigen Sie. Valerie kann nicht anders. Für sie hat die Politik absoluten Vorrang.« Flood schüttelte den gewaltigen Schädel und brummte etwas vor sich hin. Kennedy beobachtete ihn mit geschürzten Lippen und sagte zum Präsidenten: »Es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen, Sir. Sie brauchen Menschen, die die politischen Verästelungen im Auge behalten.«
»Damit haben Sie Recht«, stimmte ihr der Präsident zu. »Das bedeutet aber nicht, dass wir alle Moralbegriffe über Bord werfen dürfen. Bei Jones muss immer alles genau nach ihren Vorstellungen ablaufen. Ihr will nicht in den Kopf, dass die Menschen im Lande bereit sind, gewisse Zugeständnisse zu machen, solange man aufrichtig zu ihnen ist und solange sie wissen, dass man in bester Absicht gehandelt hat. Wie die Dinge liegen, kann es keine andere Lösung geben.«
Er legte die Hände flach
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