Das Kommando
hörte auch er, was den Mann an der Spitze aufgeschreckt hatte. Es klang, als unterhielten sich zwei Männer mit gedämpfter Stimme.
Das gefiel Coleman ganz und gar nicht. Mit über fünfzig Kilometern Länge und zwanzig Kilometern Breite war Dinagat keine kleine Insel. Da sie sich weit von der einzigen Hauptstraße entfernt befanden, die sie von Norden nach Süden durchzog, waren die Aussichten, um diese frühe Stunde und im diesem abgelegenen Ort auf zwei Inselbewohner zu stoßen, verschwindend gering.
Unwillkürlich musste Coleman an die beiden SEALs denken, die am Strand ganz in der Nähe umgekommen waren. Er hatte den Beweis dafür gesehen, auf welche Weise jenes Unternehmen sabotiert worden war, doch wie hätte ihre eigene geheime Operation verraten worden sein können? Rapp hatte ihm versichert, dass kaum jemand etwas von dieser kleinen Unternehmung wusste, und genaue Einzelheiten wie den Zeitpunkt und den Ort ihres Abseilens kannte niemand außer ihnen selbst und den Piloten, die sie hergebracht hatten.
Trotzdem waren sie nicht allein im Dschungel, und der Tagesanbruch stand unmittelbar bevor. Coleman sah, wie sich Wicker, die Nachtsichtbrille vor dem Gesicht, zu ihm umwandte. Er wies auf seine Augen und hielt drei Finger hoch: Er hatte wohl drei Feinde gesehen. Dann machte er ihm Zeichen, dass sie aufschließen sollten. Coleman wandte sich zu den beiden anderen um, zeigte auf sie und hob eine geballte Faust. Beide nickten bestätigend.
Auf dem Weg zu Wicker stieg ihm mit einem Mal Tabakgeruch in die Nase. Das vertrieb seine Unruhe ein wenig. Jemand, der ihm und seinen Männern auflauerte, dürfte kaum so unbedacht sein, dabei in aller Gemütsruhe eine Zigarette zu rauchen. Andererseits hatte er schon erlebt, dass Männer in solchen Situationen zu unvorstellbarem Leichtsinn fähig waren.
Als er Wicker erreicht hatte, sah er die Männer. Sie standen nahe einer aus umgestürzten Baumstämmen und Steinen bestehenden Behelfsbrücke am anderen Ufer des Baches, etwa fünfzehn Meter von ihnen entfernt. Unter der Brücke stürzte der Bach etwa einen Meter tief in ein Becken, aus dem er sich ihnen entgegenwand. Ein dünner Dunstschleier hing in der Luft.
Das Rauschen des kleinen Wasserfalls würde die Geräusche übertönen, die sie beim Näherrücken machten. Einer der Männer war mit einem Gewehr bewaffnet, das nicht deutlich zu sehen war, die beiden anderen unverkennbar mit AK-47, was man an den unten überstehenden gekrümmten Magazinen sah. Alle drei trugen ihre Waffe mit der Mündung nach unten über der Schulter. Angesichts eines solchen Ausmaßes an Leichtsinn verzog Coleman unwillkürlich das Gesicht.
Wer immer diese drei Filipinos sein mochten, vermutlich waren sie nicht besonders helle und hatten, falls sie überhaupt je eine militärische Ausbildung bekommen hatten, ganz offensichtlich alles Wichtige davon vergessen. Nach längerem Hinüberspähen kam Coleman zu dem Ergebnis, dass es sich auf keinen Fall um einen Hinterhalt handelte. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehörten die Männer, die sich da so völlig sorglos verhielten, zur islamistischen Terrororganisation Abu Sayyaf. Wenn die nichts Besseres aufzubieten haben , ging es dem früheren SEAL-Team-6-Kommandeur durch den Kopf, stehen unsere Aussichten ziemlich gut, die Geiseln befreien zu können.
Es war natürlich auch möglich, dass die Männer zu einer örtlichen Milizeinheit gehörten oder auf einer der Pflanzungen arbeiteten. In den Angaben des amerikanischen Geheimdiensts zur Insel hatte es geheißen, dass dort wegen der Bedrohung durch die Abu Sayyaf praktisch alle bewaffnet waren. SEALs waren ohne weiteres imstande, geduldig abzuwarten und einen Gegner zu beobachten, aber die Zeit drängte. Noch immer musste bis zur Kuppe des Hügels ein knapper halber Kilometer zurückgelegt werden. Coleman sah drei Möglichkeiten. Die einfachste bestand darin, die drei Männer zu töten und sich dann um ihren Auftrag zu kümmern. Sofern er Gewissheit gehabt hätte, dass es sich um Angehörige der Abu Sayyaf handelte, würde er den Abzug nur allzu gern durch – drücken. Allerdings hatte diese Vorgehensweise den Haken, dass sie nach Beendigung ihrer Mission denselben Weg zurückgehen mussten, den sie gekommen waren, und es bestand die Gefahr, dass die Terroristen das Gebiet mit großer Sorgfalt durchkämmen würden, wenn sie merkten, dass drei ihrer Männer fehlten.
Also war es wohl besser, nichts zu tun und abzuwarten, bis die Männer weiterzogen,
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