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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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beiden lebten zwar im selben Haus, wenn ihr Vater nicht in Washington logierte, doch sie schienen sich konsequent aus dem Weg zu g e hen. Das gemeinsame Essen am Sonntag, ein Theater ohne Publikum und zunehmend auch ohne Akteure. Sie konnte sich jedenfalls nicht an den Tag erinnern, als zum letzten Mal die ganze Familie am Tisch saß.
     
    Der Backofen klingelte. Vier Stunden hatte der Hohrücken bei niedriger Temperatur im e i genen Saft geschmort. Der Braten würde auch diesmal auf der Zunge zergehen. Immerhin ein Lichtblick an einem trüben Sonntag wie diesem. Ihr Vater war noch immer in seinem Arbeitszimmer. Er schien den Ruf seiner Frau nicht gehört zu h a ben.
     
    »Ich hole ihn«, sagte Anna und trat in den Korridor hinaus. Durch die Bürotür hörte sie seine Stimme. Er war am Telefon, redete laut und aufgeregt, wie es schien. Sie hob die Hand, um zu klopfen, doch dann zögerte sie. Hatte er eben Lees Namen e r wähnt? Sie schüttelte ärge r lich den Kopf, hielt ihr Ohr aber doch näher an die Tür, bis sie jedes Wort verstand.
     
    »Meine Nerven sind völlig in Ordnung, Alicia, verdammt noch mal!«, rief er aus. »Wann begreifst du endlich, dass die Lage ernst ist? Lee weiß Bescheid über AZ Technologies und hat Mamot ins Visier genommen. Nur eine Frage der Zeit, bis er – was?«
     
    Es war eine Weile still, dann stieß ihr Vater einen Fluch aus, der ihr die Schamröte ins G e sicht trieb.
     
    »Lee schnüffelt bei euch herum? Anwältin, welche Anwältin?« Wieder blieb es ruhig, bis er schließlich wütend brüllte: »Was habt ihr im Griff? Nichts habt ihr im Griff. Das mit Mart i nez war auch so eine Kurzschlusshandlung, verflucht noch mal. Es ist Krieg, Alicia, begreifst du das? Wir müssen uns treffen, sofort! Wir brauchen einen Schlachtplan.«
     
    Ihr Vater steckte offensichtlich bis zum Hals in Schwierigkeiten, und sie hatte nicht die ge r ingste Lust, mehr darüber zu erfahren. Aber was hatte Lee damit zu tun? Sie wartete nicht mehr länger und klopfte, als es das nächste Mal ruhig wurde im Zimmer.
     
    »Essen ist fertig, Dad«, rief sie und eilte ins Wohnzimmer zurück, ohne eine Antwort abz u warten.
     
    Capitol Hill, Washington DC
     
    Lee kam sich am Joggingtrail reichlich albern vor im Geschäftsanzug mit dem A k tenkoffer. Leicht bekleidet wieselten gertenschlanke Frauen und Männer jeden Alters an ihm vorbei, ausgerechnet der Teil der Washingtoner Bevölkerung, der so etwas am allerwenigsten nötig hatte. Er saß wie vereinbart um halb zwölf auf der Bank beim Kiosk gegenüber dem Naturhistorischen Museum und wartete auf die sportliche Jane Waters, demokratische Ko n gressabgeordnete aus Massachusetts, Vorsitzende des House Select Committee on Energy Independence and Global Warming, gute Beka n nte und Intimfeindin seines Vaters. Vielleicht hatte sie sich deswegen so schnell bereit erklärt, ihm ein paar Minuten ihres täglichen Trai n ings auf der Mall zu opfern. Dass das Treffen geheim bleiben sollte, war seine Idee. Er hoffte, mit Hilfe der weißen Ritter des Select Committee einen Weg aus der Sackgasse zu finden, mehr über die Mauscheleien zu erfahren, in die sein Vater und offensichtlich Senator Douglas verwickelt waren. Jane Waters hatte einen ausgezeichneten Ruf als enga g ierte Kämpferin für den Umweltschutz und saubere Technologien, ohne dabei fund a mentalistischen Idealvorste l lungen nachzuhängen. Sie musste mit Sicherheit ebenso entrüstet sein wie er über das unve r schämte Verhalten von Clearwater Power und Konsorten. Er erwartete daher offene Ohren für seine Fragen und Anliegen, trotzdem war Vorsicht geboten, denn die dubiosen Senatsmitglieder und sie gehörten zum se l ben erlauchten Kongress der Vereinigten Staaten.
     
    Eine rothaarige Frau mit einer Haut so weiß wie das Kapitol und dunkler Brille auf der ma r kanten Nase näherte sich. Auf seiner Höhe blieb sie stehen und trat ohne Zögern auf ihn zu.
     
    »Sie müssen Lee sein«, begrüßte sie ihn lächelnd und hielt ihm die Hand entgegen. »Jane Waters. Freut mich, Dr. O’Sullivan. Ich habe Ihr Bild im Bericht über die Trauerfeier ges e hen. Herzliches Beileid noch nachträglich.«
     
    »Danke, aber nennen Sie mich einfach Lee.« Sie setzte sich neben ihn auf die Bank. Hier konnten sie ungestört und ohne unerwünschte Zeugen miteinander reden. Es bestand absolut nicht die geringste Gefahr, dass Senator Douglas selbst oder einer seiner Faktoten je einen Fuß in diese Gegend setzten. Sie kam ohne

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