Das Komplott der Senatoren (German Edition)
inszenieren, ohne brauchbare Spuren zu hinterlassen.«
Das war auch seine Erfahrung, obwohl das Ausmaß der Verschwörung, um die es sich hier handelte, alles Bisherige um mindestens eine oder zwei Größenordnungen übertraf. Die Zeit war einfach noch nicht reif für die Wahrheit, musste er einsehen. Er entspannte sich, erlaubte sich gar ein zaghaftes Lächeln, als er sagte:
»Wissen Sie was, Frau Anwältin? Sie haben völlig recht. Freuen wir uns über die kleinen Fortschritte.«
»Ein heißer Draht zu Jane Waters ist beileibe kein kleiner Fortschritt, Doctor O’Sullivan«, tadelte sie lachend.
»Auch da muss ich Ihnen leider zustimmen.«
»Sehen Sie.« Ein verstohlener Blick auf die Uhr, dann schaute sie ihn unschlüssig an.
»Schon klar, wir sollten das weitere Vorgehen besprechen«, brummte er. »Ich habe allerdings keine Lust, das in einem unterkühlten Büro zu tun. Mein Magen knurrt, gehen wir essen. Sie sind eingeladen.«
»Oh, vielen Dank, aber ...«
»Kein aber, sagen Sie mir einfach, wo man hier in dieser grauenhaften Stadt gediegen essen kann. Der Preis spielt keine Rolle.« Verblüfft beobachtete er die Verwandlung, die in ihrem Gesicht vor sich ging. Die niedlichen Fältchen um Mund und Augen, die ihr stets einen leicht ironischen, coolen, aber überaus einnehmenden Ausdruck verliehen, verschwanden schlagartig. Sie kniff die Augen zusammen und auf ihrer Stirn bildeten sich tiefe Sorgenfalten. Schließlich sagte sie kaum hörbar, mit gesen k tem Blick und glühenden Wangen:
»Bei der Metrostation gibt’s einen Deli.«
»Sie haben keine Ahnung, stimmt’s?«, grinste er.
Sie wohnte und arbeitete seit Jahren im Zentrum der Hauptstadt und kannte kein ei n ziges vernünftiges Restaurant? Eine reife Leistung. Es war ein herzerwärmender A n blick, wie sie sich halb schämte, halb ärgerte, während sie ihre Schuhspitzen intensiv studierte. Plötzlich gab sie sich einen Ruck und sagte trotzig: »Vielleicht passt dem Herrn ein Steakhouse besser?«
»Allerdings, wo?«
»Smith & Wollensky, nur einen Block von unserem Büro entfernt, drei Stationen mit der Metro, kommen Sie.« Ohne eine Antwort abzuwarten schritt sie zügig voraus.
Als die Vorspeisen am Tisch auf dem Gehsteig vor dem Lokal gereicht wurden, schien sie sich etwas beruhigt zu haben. Kein Wunder, denn Smith & Wollensky war auch in Chicago ein sicherer Wert.
»Essen Sie öfter hier?«, fragte er zwischen zwei Bissen von einer Tomatenscheibe, die den halben Teller bedeckte und nach nichts als Wasser schmeckte.
»Nicht wirklich«, gestand sie freimütig, »aber unser Seniorpartner verkehrt r e gelmäßig in diesem noblen Lokal, also muss es gut sein. Und die freie Sicht auf die 19. Strasse ist doch auch nicht zu verachten.«
Er lachte und goss mehr Essig über den Salat. Am butterzarten Prime Rib gab es nichts auszusetzen. Am fruchtigen Roten aus dem Napa Valley ebenso wenig, doch was ihm am besten gefiel, war die Tatsache, dass er sie überredet hatte, ein Glas mitzutrinken. Ohne ein gutes Glas Wein schmeckte das Essen nicht, hatte er b e hauptet und dabei ohne Absicht seinen Vater zitiert. Ein wenig barockes Slow Food konnte der nüchternen, impulsiven Anwältin nicht schaden.
Ihre Handtasche begann zu summen. Mit einer Entschuldigung kramte sie das Tel e fon hervor und las die Kurznachricht. Sie strahlte, als sie ihm das Gerät reichte.
»Lesen Sie, es betrifft unseren Fall«, schmunzelte sie. Erstaunt blickte er auf den Bildschirm. Was um alles in der Welt sollte an ihrem Fall denn heiter sein?
Hi Marion,
Boston langweilt. Nächster Trip 4. Sep. Durch die Rockies nach Reno und ins Wine Country. Sind Sie dabei?
Gruß, Jeff
»Der Biker von der I-10«, erklärte sie, als sie seinen ratlosen Blick bemerkte.
»Ach so, der Weihnachtsmann. Scheint sich ja gut erholt zu haben. Und, folgen Sie seinem Lockruf?«
Sie errötete, antwortete scheinbar entrüstet:
»Quatsch! Obwohl ich betonen muss, dass Jeff ein wahrer Gentlemen ist, der weiß, was sich gehört.«
»Ganz im Gegensatz zu mir, wollten sie sagen?«
»Kein Kommentar.«
Über dem guten Essen und den angenehm prickelnden Sticheleien vergaß er die Zeit, bis sie ihn unvermittelt nach seinem Flug fragte. Vielleicht war es der Wein, das schwüle Wetter oder einfach die Freude, zwei sorglose Stunden in ihrer angenehmen Gesellschaft verbracht zu haben. Jedenfalls
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