Das Komplott der Senatoren (German Edition)
spielte.
Die ersten Kirchgänger betraten den Patz, öffneten eilig die Schirme und rannten geduckt zu ihren Autos, ohne sich ausgiebig in kleinen Gruppen zu unterhalten, wie sie dies sonst immer taten. Lee unterdrückte einen Fluch, als er Anna neben ihrer Mutter erblickte. Damit hatte er zuletzt gerechnet. Warum musste sie ausgerechnet heute die Kirche besuchen, die sie mied, seit sie von zu Hause ausgezogen war? Eine Plastikpelerine über den Köpfen, rannten sie lachend zum Parkplatz. Der Senator ließ auf sich warten. Erst als die meisten Wagen schon abgefahren waren, trat er zusa m men mit dem Pastor ins Freie. Lee sprang hinaus. Nach wenigen Sätzen stand er n e ben den beiden unter dem Vordach, triefend nass, die Haare wirr im Gesicht. Wie eine Erscheinung aus der Unterwelt musste er auf den guten McPhee wirken, der en t setzt zusammenzuckte.
»Mein Gott, Lee!«, rief er, als er ihn erkannte. »Sie haben mich zu Tode erschreckt.«
»Tut mir leid, Pastor, aber ich muss dringend mit dem Senator sprechen.« Neill mu s terte ihn misstrauisch und knurrte feindselig:
»Am Tag des Herrn!«
Lee ließ sich nicht beirren. Mit einem Seitenblick zum Pastor sagte er lächelnd: »Fünf Mi n uten, Neill, privat.«
»Wüsste nicht, was wir beide noch privat zu besprechen hätten«, grollte der Senator, doch dann deutete er mit dem Kinn auf die offene Kirchentür und forderte ihn auf, hineinzugehen. »Fünf Minuten«, brummte er gereizt, als er die Tür hinter ihnen schloss.
Lee brauchte nicht lange zu überlegen, wie er beginnen sollte. Die Zeit für Smalltalk war vorbei, Konfrontation die beste Strategie, so glaubte er, also stellte er ohne U m schweife die Frage, die ihn seit der Entdeckung der geheimnisvollen Einkünfte seines Vaters immer stärker beschäftigte.
»Welchen gigantischen Schwindel habt ihr da unten in Arizona am Laufen?« Er be o bachtete das Gesicht seines Gegenübers ganz genau. Ihm entging das Aufblitzen in den Augen des Senators nicht, auch nicht das leise Zucken der Mundwinkel, obwohl der Mann sich sonst vorzüglich beherrschte und nicht die geringste Regung zeigte. Es dauerte einen Sekundenbruchteil zu lange, bis der Senator verwundert die Auge n brauen hob und fragte:
»Wovon sprichst du?«
»Lass die Spielchen, wir wissen beide ganz genau, wovon ich rede, sonst wäre ich nicht hier. Ich muss endlich wissen, wie tief mein Vater in dieser Scheiße steckte. Die Schwindelfabrik in Fountain Hills produziert nichts, verschlingt die Staatshilfen aus deinem Ressort, setzt jedes Jahr Milliardenbeträge um, zahlt Schmiergelder auf das Konto mindestens eines Senators dieses wundervollen Landes, und mit schöner R e gelmäßigkeit taucht der Name Mamot auf, mit dem du ja traditionell eng verbunden bist.« Die Maske gelangweilter Verwunderung fiel vom Gesicht des Senators ab. Sein Blick wurde eisig und hasserfüllt, der Mund ein schmaler Strich. Er wandte sich ab, schritt wortlos zur Tür. Bevor sie hinter ihm ins Schloss fiel, zischte er wütend:
»Die fünf Minuten sind vorüber.«
»Auch eine Antwort«, murmelte Lee. Ein grimmiges Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Nicht genau das, was er sich erhofft hatte, aber die Reaktion des Senators bewies deutlich genug, dass er einen empfindlichen Nerv getroffen hatte. Er verließ die Kirche mit gemischten Gefühlen und ging zu seinem Auto. Der Regen hatte au f gehört, doch das bemerkte er nicht. Seine Gedanken beschäftigten sich mit der Sac k gasse, in die er sich gerade manövriert hatte.
Anna und ihre Mutter schauten sich verwundert an, als der Senator mit rotem Kopf ins Haus platzte, durchs Wohnzimmer stürmte, als wäre ihm der Leibhaftige auf den Fersen und die Tür zu seinem Büro mit einem lauten Knall zuschlug.
»Was hat er auf einmal?«, fragte Anna irritiert. Sie half ihrer Mutter in der Küche, denn es war Tradition, dass die Köchin am Sonntag frei hatte. Die Mutter zuckte nur die Achseln und begann, die Salatblätter zu waschen. In Gedanken versunken schü t tete Anna Olivenöl und Balsamico in eine Glasschale, gab Salz und Gewürze dazu und mischte das Ganze kräftig mit dem Schwingbesen. Sie spürte, dass ihre Mutter nicht glücklich war. Ihre Ehe bestand im Grunde nur noch auf dem Papier. Der Sen a tor und sie blieben zusammen, um den Anschein zu wahren. Auch wenn sie kein presbyterianisches Sakrament war, durfte die Ehe des ehre n werten Senators Douglas nicht scheitern. Die
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