Das Komplott der Senatoren (German Edition)
beschafft hatte und setzte sich zu ihm aufs Sofa. Sein Gesichtsausdruck wandelte sich von Überraschung über Befremdung zu offensichtlicher Entrüstung, während er die technischen Beilagen sorgfältig studierte. Sie nahm sich nochmals den Brief dieses geheimnisvollen Dragon an den Senator vor, nur um sicher zu gehen, nichts übersehen zu haben.
Sehr geehrter Senator O’Sullivan,
ich bin Meteorologe und Klimaforscher und arbeite seit sechs Jahren für den Na h rungsmi t telmulti Mamot SA am US-Hauptsitz in Chicago. Wenn Sie diesen Brief gelesen haben, we r den Sie verstehen, dass ich unter einem Pseudonym schreibe, denn die Informationen, die ich zum Teil durch Zufall entdeckt habe, sind so brisant, dass ich um mein Leben fürchte, sollte ich als Quelle enttarnt werden.
Ich wende mich an Sie, weil Sie als Vorsitzender des einflussreichen Energy and Natural Resources Committee direkt betroffen sind, und weil ich glaube, dass Sie die Macht und den Willen haben, das unerhörte Treiben zu beenden, wenn Sie die Wah r heit erfahren.
Seit meinem Eintritt bei Mamot arbeite ich als Klimatologe im Team des sogenannten ›Env i ronment Monitoring and Action Programme‹, kurz EMAP. Wie Sie aus den Beilagen ersehen, besteht die Aufgabe darin, eigene Messungen und Langzeitpro g nosen zum Klimawandel zu erstellen und die Arbeiten anderer Institute zu diesem Thema kritisch zu hinterfragen. Mamot wendet beträchtliche Mittel für diese Fo r schung auf, denn je zuverlässiger solche Prognosen sind, desto genauer und profi t abler kann die zukünftige Entwicklung des Konzerns gesteuert werden. Daran ist natürlich nichts auszusetzen, und ich war denn auch stolz auf unsere Arbeit, bis ich die Zusammenhänge entdeckte, die ich hier zusammenfasse:
Vor zehn Jahren: Mamot startet Geheimprojekt ENACT. Vorsitz: Alicia Guyot, EVP Mamot, stiller Beisitzer: Senator Neill Douglas, Illinois, ehemaliger Leiter Aquifer Inc, aus der M a mot Wasser entstanden ist.
Auftrag: aktive Beeinflussung des Klimas ohne einschneidende Energiesparmas s nahmen und CO2-Reduktion zur nachhaltigen Ertragsoptimierung.
Technologie: leider nur wenig bekannt, siehe Beilage. Technische Unterlagen wei t gehend vernichtet.
Finanzierung: 60% Mamot, 40% Energiekonzerne. Die Betreiber thermischer Kraf t werke verpflichten sich, staatliche Subventionen für Klimaschutzmassnahmen wie CO2-Reduktion vollumfänglich an ENACT weiterzuleiten. Um die massiven Gel d flüsse zu verschleiern, wird ein Netz von Treuhand- und Scheinfirmen aufgebaut, siehe Beilage.
Ergebnis (vorl.): vor fünf Jahren misst EMAP erste Anzeichen der Trendumkehr beim Anstieg der mittleren Temperatur in gemäßigten Zonen. Seit drei Jahren leichte Te m peraturreduktion, siehe Beilage. Modelle können gemessenen Trend nicht nachvol l ziehen, da CO2 weiter rasant ansteigt. Über den gleichen Zeitraum stellt EMAP beschleunigte Schädigung der Ozonschicht, damit stark erhöhte Gefährdung durch UV-Strahlung in exponierten Geb i eten fest. Ebenfalls gleichzeitig verschieben sich die tropischen und subtropischen Rege n zeiten von den Kontinentalmassen aufs offene Meer. In diesem Jahr bleibt erstmals der Sommermonsun auf allen Kontinenten rund um den Globus aus. Grundwasserspiegel in Indien und Afrika sinken unter das kr i tische Niveau. Die größte Hungerkatastrophe, die die Welt je gesehen hat, steht u n mittelbar bevor.
Umsatz und Gewinn der Nahrungsmittelproduktion und vor allem des Wassergeschäfts von Mamot wachsen seit drei Jahren um durchschnittlich 40 Prozent pro Jahr, Tendenz steigend.
Wie Sie und Ihre Spezialisten aus der Beilage ersehen können, sind diese unter Punkt 5 au f gezählten Entwicklungen kein Zufall. Die einzig logische Erklärung ist, dass sie die verhee r enden Auswirkungen des ENACT Programms sind. Den letzten Zweifel kann allerdings nur ein umfassendes Geständnis der Verantwortlichen ausräumen, unter anderen ihres Stellve r treters im Ausschuss, Senator Douglas.
Erlauben Sie mir noch eine letzte Bemerkung, Senator. Als einfacher Staatsbürger, der Jahr für Jahr seine Steuern bezahlt, bin ich zutiefst erschüttert über den unve r schämten Betrug mit staatlichen Fördergeldern. Was jedoch in meinen Augen weit schwerer wiegt, ist die begründete Vermutung, dass mit diesen Geldern nichts a n deres als eine Klimakatastrophe ap o kalyptischen Ausmaßes ausgelöst oder zumindest gefördert wird, die vielleicht heute schon nicht
Weitere Kostenlose Bücher