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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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erleichtert, während er den Gang einlegte und mit einem harten Ruck beschleunigte. Die Beamten fuhren ein Stück der Hauptstrasse entlang, auf der sie he r gekommen waren. Auf der Höhe der Abfüllfabrik drehten sie ab und hielten direkt auf das Verwaltungsgebäude zu.
     
    Nanu?, dachte Ingo überrascht, Treffpunkt Mamot? Die Motorräder verschwanden hinter dem Gebäude, doch im gleichen Augenblick schoss ein roter Geländewagen zwischen den Fabrikhallen hervor. Der Wagen beschleunigte rasant, schoss geradewegs auf sie zu. Es war Sayed, der blitzschnell reagierte.
     
    »Das ist er, nach rechts, Weg abschneiden!« Ingo zögerte nur kurz, dann riss er das Steuer herum und zwang den heranbrausenden Wagen, scharf abzubremsen. Es g e lang ihm nicht, rechtzeitig auszuweichen. Die Seiten der beiden Fahrzeuge prallten mit lautem Knall aufeinander. Glas splitterte, Metall kreischte, dass er jede einzelne Zahnwurzel zu spüren glaubte. Wie benommen blieben die beiden Autos quer in der Zufahrtsstrasse zur Fabrik st e hen.
     
    Ingo drückte die Tür auf und sprang hinaus. Keinen Augenblick zu früh, denn die Tür des Geländewagens stand offen, die verängstigten Kinder saßen teilnahmslos auf dem Rücksitz, und der Fahrer rannte bereits wild gestikulierend und fluchend die Strasse hinauf. Er war flink, aber gegen die Riesenschritte des durchtrainierten blonden Hünen hatte er keine Chance. Ingo packte ihn am Kragen, schleuderte ihn zu Boden und kniete auf seinen Brustkorb. Seine Rechte schloss sich um die Kehle des Gan o ven. Er drückte zu, bis die Schreie zu einem kraftlosen Gurgeln verkümmerten. Wäre Sayed nicht im letzten Moment da z wischengefahren, hätte der Mann vielleicht nicht überlebt.
     
    Kaum hatten ihn die Polizisten in Gewahrsam genommen, wähnte er sich in Siche r heit vor dem wahnsinnigen Blonden und begann sich lauthals zu beschweren. Keine gute Idee. Die Beamten steckten ihn wortlos in ihren Wagen, indem sie mit den Knüppeln nachhalfen, als er den Kopf partout nicht einziehen wollte.
     
    Von den Vätern der Mädchen fehlte jede Spur, mit Ausnahme ihrer Fingerabdrücke auf der Schuldverschreibung, die man ordentlich abgelegt in einer Metallkassette fand. Zwei Blätter unter Dutzenden, jedes Zeugnis einer menschlichen Tragödie, die jeder Beschreibung spottete. Während die Beamten in rüdem Ton versuchten, den Gefangenen zum Sprechen zu bringen, kümmerte sich Sayed um die Mädchen. Sie saßen noch immer dicht aneinandergeschmiegt im Wagen, der sie zu den Killing Fields bringen sollte, stumm, unter Schock, zu verwirrt, um zu begreifen, wer hier die Guten und wer die Bösen waren.
     
    Der Ton der Polizisten wurde plötzlich lauter.
     
    Einer hielt dem Ganoven eine Seite aus seinem Terminkalender vor die Nase, der ebenfalls in der Metallkiste gesteckt hatte. Mit schneidender Stimme stellte er eine Frage, worauf der Mann in Handschellen mit einem Mal seine Sprache wieder fand. Er redete wie ein Wasse r fall.
     
    Ingo verstand nichts, aber er hörte umso deutlicher, dass der Mann Angst hatte, nackte Angst, Panik.
     
    »Er hat offenbar auch den kleinen Mansukh Gawai gekauft und vermittelt«, erklärte Sayed. »Der Junge ist vor kurzem dreizehnjährig an einer Überdosis Insektizid gestorben. Der Fall stand in allen Zeitungen. Jetzt hat er Angst, dass sie ihm seinen Tod anhängen wollen.«
     
    »Recht so.« Ein müdes Lächeln umspielte Ingos Lippen. Ohne Zweifel war der P o lizei hier ein fetter Fisch ins Netz gegangen. Eigentlich hätte er Freude empfinden sollen, doch wenn er an die hundert, vielleicht tausend ähnlichen Fälle dachte, um die sich niemand kümmerte, blieb nichts als Bitterkeit und ein Gefühl von Ohnmacht.
     
    Sie brachten die Mädchen vorerst zu Sayeds Onkel, wo sich inzwischen das halbe Viertel versammelt hatte. Nicht auf allen Gesichtern zeigte sich die gleiche un g estüme Freude, wie bei Chandu.
     
    »Viele haben Angst«, meinte Sayed. »Angst vor Racheakten, oder sie fürchten, dass nun auch noch die letzte bescheidene Einnahmequelle versiegt.«
     
    Ingo wusste nicht, was er antworten sollte. Er verstand diese fremde Welt immer weniger. Was hatten sie mit der ganzen Aktion eigentlich erreicht? Ein Gangster würde wahrscheinlich für ein paar Jahre aus dem Verkehr gezogen und zwei Kindern hatten sie wenigstens vo r läufig die Sklaverei erspart. Gut, aber es gab keine Garantie, dass nicht schon in wenigen Tagen der nächste rote Geländewagen auftauchte, der nächste

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