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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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interessieren, und das ärgerte sie ein wenig mehr, als sie sich eingestehen wollte. »Warum übergeben wir das heiße File nicht einfach dieser Jane Waters? Der Brief allein enthält genug Sprengstoff, dass sie die Sache auffliegen lassen kann.«
     
    Er schaute sie an, als hätte sie Griechisch gesprochen.
     
    Sie wandte sich beleidigt ab, zog die Beine hoch und vergrub das Kinn zwischen den Knien. »Nur so eine Schnapsidee«, brummte sie verschnupft. Die Pose wirkte auge n blicklich. Er legte das Papier weg, rückte näher und legte behutsam den Arm um ihre Schultern.
     
    »Tut mir leid – ich wollte nicht – ich meine, klar werden wir die Sache übergeben. Aber ich bin Physiker, ich muss erst wissen, mit welchem Pulver diese Smoking Gun geladen ist. Wir sind ein wunderbares Team, Marion, wir müssen weitermachen.«
     
    »Ich bin müde«, log sie. Sein Gesicht war jetzt so nah, dass sie fast seine Nasenspitze fühlte. »Wunderbar, sagten Sie?«
     
    »Umwerfend – und wunderschön«, antwortete er leise. Sie schloss die Augen, als sie seine Lippen auf den ihren spürte. Aus der zaghaften Berührung wurde ein langer, leide n schaftlicher Kuss, von dem sie wünschte, er möge niemals enden. Dann löste er die Uma r mung vorsichtig, als fürchtete er, sie wachzurütteln.
     
    »Entschuldige, ich bin gleich zurück, nicht weglaufen«, flüsterte er und stand auf.
     
    »Erste Tür links«, rief sie ihm nach. Sie streckte sich wohlig aus. Nur für einen ku r zen Augenblick dachte sie an den bösen Fluch, der auf ihrer Wohnung lastete, dann schlief sie mit einem glücklichen Lächeln ein.
     
    Kochi, Indien
     
    Am späten Nachmittag, zur selben Zeit, als der zerstreute Jerry Glickman tausende Kilometer weiter westlich das vergessene Dokument wiederentdeckte, raste Ingo Lohwasser mit seinem Ingenieur dem ausgetrockneten Flussbett des Periyar entlang nach Osten zur Verteilstation von Aimury. Trotz der, wie er meinte, dynamischen Verkehrsregeln in diesem Land, hätte er es nicht gewagt, auf dieser Landstrasse, wo man auch schon einmal einer Kuh ausweichen musste, derart aufs Gas zu drücken, wären nicht die beiden Polizisten auf ihren Motorrädern mit schlechtem Beispiel vorausgefahren. Jede Minute zählte jetzt, wenn sie den Agenten auf frischer Tat e r tappen wollten. Sayeds Onkel hatte von einem seiner Arbeiter erfahren, dass an di e sem Abend zwei Mädchen, Dalit, Kastenlose, die Ärmsten der Armen, aus dem Dorf für die Arbeit auf den Baumwollfeldern im Tamil Nadu Grenzgebiet abgeholt werden sollten. Verbissen drückte Ingo das Pedal durch. Er kochte vor Wut. Diese Kinder waren nichts a n deres als Sklaven, die Agenten dreckige Menschenhändler, die Armut und Verzweiflung der Menschen gnadenlos ausnutzten, um den Multis billige A r beitskräfte zu verschaffen, und das, obwohl das Gesetz zum besonderen Schutz der Dalit und Adivasi vor Ausbeutung, Gewalt und Misshandlungen bereits seit 1989 in Kraft war. Nur dank Sayeds Verbindungen war es ihnen gelungen, die Polizei übe r haupt für diesen heißen Tipp zu interessieren. Aber jetzt waren sie unterwegs, und er brannte darauf, einem dieser Gangster Auge in Auge gegenübe r zustehen.
     
    Chandu erwartete sie bei ihrem Zisternenwagen. Sayed stieg aus und ging zu seinem Onkel, der schon aufgeregt auf die beiden Beamten einredete. Sayeds Miene verhieß nichts Gutes, als er zurückkehrte.
     
    »Verdammt«, schimpfte er enttäuscht. »Nicht aufgetaucht. Jemand muss ihn gewarnt haben. Aber die Mädchen sind verschwunden.«
     
    »Was heißt verschwunden?«, brauste Ingo auf. »Sie werden sich nicht einfach in Luft au f gelöst haben. Wenn er sie nicht geholt hat, wird man sie ihm bringen.«
     
    »Sieht ganz danach aus, und weit weg von hier kann die Übergabe nicht stattfinden. Die Leute haben keine Fahrzeuge.«
     
    »Hat sie niemand weggehen sehen?«
     
    Sayed schüttelte den Kopf. »Die Polizei befragt jetzt die betroffenen Familien, aber die we r den wohl mauern. Für sie geht es um viel Geld.«
     
    Ingo erkannte, dass die Operation scheiterte, wollte aber die Wahrheit nicht akze p tieren. Er wusste nicht, was ihn mehr ärgerte und betrübte, das Schicksal der beiden Mädchen oder die Tatsache, dass ihnen der Sklavenhändler entwischte. Eine Kata s trophe war es in jedem Fall, und zudem eine Blamage für alle Beteiligten. Er sah, wie die Polizisten plötzlich in größter Eile auf die Motorräder sprangen und davonfuhren.
     
    »Sie haben eine Spur«, rief er

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