Das Komplott der Senatoren (German Edition)
für das er in Senegal arbeitete, auch in China Ableger hatte. Also doch eine zufällige Übereinstimmung der Namen? In ein paar Stunden würde er es wissen. Wenn diese Lkws tatsächlich für dieselbe Firma fuhren, konnte er womöglich ein gutes Wort für Tan einlegen. Immerhin war er der Leiter der Operation in Senegal.
Sein Freund schüttelte verständnislos den Kopf, als er sich verabschiedete und in den Las t wagen stieg. Wie erwartet, fuhren sie ziemlich genau gegen Westen zum großen See. Der Fahrer vermied die Ausfallstrassen, auf denen sich immer noch die Autos stauten, nutzte geschickt Umwege über wenig befahrene Nebenstrassen, sodass sie die rund 250 Kilometer bis abends um neun schafften. Unmittelbar hinter Changxing zweigte eine Strasse ab, die in die bewaldeten Hügel führte. Keine ideale Landschaft für ein Unternehmen von der Art, wie er es in Afrika betrieb. Er begann zu zweifeln, ob er hier finden würde, was er vermutete, doch plötzlich lichtete sich der Wald und gab den Blick auf einen riesigen, flachen Krater frei. In der Mitte stand eine Häuse r gruppe, die ihm seltsam bekannt vorkam. Ein hoher Me t allzaun, mit Stacheldraht verziert, umschloss das ganze Gelände. Es gab nur einen schwer bewachten Zugang, dem sie sich jetzt langsam näherten. Auf Quans Gesicht erschien ein grimmiges Lächeln. Der Bauplan dieser Anlage war identisch mit dem seiner Fabrik in Sen e gal, nur war dieses Gelände viel weitläufiger, mindestens doppelt so groß.
Als der Fahrer beim Kontrollposten stoppte, sagte er kurz entschlossen: »Ich muss zuerst mit den Leuten reden, fahren Sie ohne mich weiter, danke«, sprang hinaus und verschwand hinter dem Laster. Er hatte keineswegs die Absicht, den Wächtern zu begegnen, sondern schlug sich, gedeckt durch das Fahrzeug, in die Büsche. Wenn er sich nicht täuschte, stand auch dieser Zaun unter Hochspannung. Sollte diese Anlage wirklich demselben Zweck dienen wie seine ENACT-XP/SN, dann wurde kein Fremder im Produktionsbereich geduldet, auch wenn er für das gleiche Unternehmen arbeitete. Er durfte das Risiko nicht eingehen, als unwillkommener Eindringling fes t gehalten zu werden. Wer einmal hier drin war, entkam nur noch durch dieses bew a chte Tor, und nur, wenn es die Männer mit den Maschinenpistolen zuließen.
Im Grunde genommen hatte er genug gesehen, aber er harrte trotzdem geduldig stu n denlang in seinem Versteck aus, nur um die letzten Zweifel auszuräumen. Er wusste genau, was um Mitternacht geschehen würde, aber er wollte es mit eigenen Augen sehen.
Seine Uhr zeigte zwölf. Er schlich vorsichtig er an den Rand des Gehölzes, um das Gelände besser zu überblicken. Kaum hielt er den Kopf aus dem Gebüsch, zerriss der nur allzu beka n nte, durchdringende Warnton einer Alarmsirene die Stille der Nacht. Der Boden bebte. Er vernahm das Stöhnen schwerer Hydraulikpumpen, und binnen kurzem erwachte das tote Gelände rund um die Häusergruppe zum Leben. Er wartete noch, bis er das erste Fauchen hörte und sah, wie die Anlage den Betrieb aufnahm, dann zog er sich zurück.
»Neun Aggregate«, murmelte er nachdenklich, als er außer Sichtweite des Postens auf die Strasse trat und zu laufen begann. Die neun Drachen erwiesen sich als e r staunlich präzise Metapher. Zweifellos, ENACT betrieb hier eine zweite Produ k tionsstätte, Execution Plant China wahrscheinlich, XP/CN. Er fragte sich, wie viele solche Anlagen das ENACT Pr o gramm tatsächlich rund um den Globus unterhielt. Aus dem Job für Tan wurde jedenfalls nichts. Viel zu gefährlich, schätzte er.
Der Weg nach Changxing war lang und anstrengend, aber die Nachtübung hatte sich gelohnt. Er wusste jetzt, dass ENACT oder Mamot nicht mit offenen Karten spielte, und das wollte ihm gar nicht gefallen. Um ehrlich zu sein, fand er es ziemlich beän g stigend. Er nahm sich vor, das Firmennetz bei nächster Gelegenheit nach Hinweisen auf XP/CN und ähnliche Kü r zel abzusuchen.
Es war vier Uhr morgens, als er endlich nach langem Suchen einen Taxifahrer fand, der für einen unverschämten Preis bereit war, ihn nach Schanghai zurückzubringen. Er erwachte erst spät am folgenden Nachmittag im abgedunkelten Hotelzimmer. Die Glieder schmerzten vom betonharten Bett und sein Rachen fühlte sich an wie Schmirgelpapier. Gierig trank er den letzten Schluck des erkalteten Teewassers aus der Thermosflasche und setzte sich an seinen Computer. Nach drei oder vier verg e blichen Versuchen klappte die
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