Das Komplott der Senatoren (German Edition)
geduldig an. Erst als er seinen Frust abgeladen hatte, meinte sie mitfühlend:
»Dauert ja nur noch ein paar Stunden, bis der Fall endgültig aufgeklärt ist.«
»Dein Wort in Gottes Ohr. Aber warum rufst du an?«
»Ich – wollte mich eigentlich nur für die Blumen bedanken, die heute Morgen auf meinem Schreibtisch standen. Lieb von dir.«
Er stutzte. Er erinnerte sich an keine Blumen – obwohl, die Idee war nicht schlecht. Er zögerte etwas zu lange für eine ehrliche Antwort und stammelte schließlich: »Das – ach – nicht der Rede wert, ich dachte, du freust dich.«
»Sag ich ja. Was war das?« Ein lauter Knall, gefolgt von stoßweisen Rülpsern e r schütterte das Zimmer.
»Die Dusche, das Wasser läuft wieder«, rief er und rannte ins Bad.
»Du bist wirklich nackt?«, fragte sie erstaunt und verabschiedete sich lachend.
Er nutzte die Zeit vor dem Treffen, sich mit der Hafengegend vertraut zu machen. Die Fähre nach Gorée, bei der ihn Quan erwarten würde, legte im Südhafen an, dessen Abschluss das grüne Leuchtfeuer bildete. Auch wenn er keinen Fotoapparat u m hängen hatte, keinen Reis e führer in den Händen hielt, stürzten sich die hilfreichen Geister gleich wieder auf ihn, als er sich dem Landesteg näherte. Er floh deprimiert aus der Zone, wo sich Touristen, Händler und Bettler ineinander verkeilten und zog sich auf die Frachtdocks zurück. Im Hafen herrschte emsiges Treiben. Kleinere Mehrzweckfrachter wie die unselige Spassky lagen neben Schwergutkähnen mit g i gantischen Kranaufbauten und einer Vielzahl von Containerschiffen jeder Größe. Eine Fregatte der französischen Blauhelme bewachte die Hafeneinfahrt, der einzige Hinweis auf die angespannte Lage an der Grenze.
Während er der Mole entlang schlenderte, prasselten aus heiterem Himmel die ersten, schweren Tropfen aufs Pflaster. Wie auf ein geheimes Zeichen unterbrachen die Träger, Maschinisten, Seeleute und Zöllner ihre Arbeit, blieben stehen, schauten u n gläubig zum Himmel auf, als hätten sie ein solches Wunder noch nie gesehen. Ein kleines Wunder war es tatsächlich, hatte es hier doch in diesem Jahr noch nie geregnet, wenn er den Zeitungen glauben wollte. Nach wenigen Augenblicken löste sich die Starre, unter Gelächter und frö h lichem Geschnatter kam wieder Bewegung in die Arbeiter. Lee suchte unter einem verlassenen Kran Schutz vor dem heftigen Plat z regen. Er betrachtete eine Weile fasziniert die feinen, komplexen Muster, die sich auf dem Wasser bildeten, schaute zu, wie der Frachter am Kai gegenüber anlegte. Nach wenigen Minuten hörte der Regen so plötzlich auf, wie er begonnen hatte. Er wollte sich schon abwenden, den Rückweg zur Fähre antreten, als er wie angewurzelt st e henblieb. Noch einmal schaute er zum Frachter hinüber, kniff die Augen zusammen, um schärfer zu sehen. Er hatte sich nicht geirrt: in unübersehbaren Lettern stand ›P e tersburg‹ am Bug. Es war das Schiff, das Marion in New Orleans gesehen hatte, der Frachter, der den Gips aus Arizona geladen hatte. Er hätte liebend gern mit den Le u ten gesprochen, aber es war Zeit für die Unterhaltung mit wq.
Quan war nicht der distinguierte, ältere Herr mit übergewichtiger Hornbrille, wie er sich ausmalte. Trotzdem erkannte er ihn sofort, als er sich dem Eingang der Wart e halle näherte. Ein junger, dynamischer, drahtiger Typ trat auf ihn zu, sportlich, ihm selbst nicht unähnlich, wenn man von den asiatischen Gesichtszügen absah und von der Tatsache, dass er einen Kopf kleiner war.
»Mr. O’Sullivan?«, fragte der Fremde mit höflichem Lächeln. »Ich bin Woo Quan.« Lee nickte und gab ihm die Hand. »Nennen Sie mich einfach Quan«, ergänzte sein Gespräc h spartner.
»Und ich bin Lee«, antwortete er. »Ich bin sehr froh, dass wir uns treffen, Quan. Ich finde keine Ruhe, solange ich nicht genau weiß, in welche Geschäfte mein Vater verwickelt war, verstehen Sie?« Quan schaute ihn lange forschend an, als versuchte er, in seine Gedanken einzudringen, aus seinem Gesicht herauszulesen, was der Amerikaner wirklich von ihm wollte.
»Ich kann das gut verstehen«, murmelte er schließlich. »Sie haben ja schon einiges herausg e funden, wenn ich Ihre Mail richtig interpretiere.«
»Dank Ihrem bedauernswerten Kollegen Drake.«
»Er war nicht mein Kollege. Das heißt, er hatte nichts mit unserem Programm zu tun.«
»ENACT.«
Quan nickte hastig, schaute nervös um sich, als
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