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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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fürchtete er, das Wort würde schl a fende Hunde wecken.
     
    »Mir ist jetzt einigermaßen klar, wie das Programm finanziert wird, und dass mein Vater dabei eine, sagen wir, unerfreuliche Rolle spielte«, fuhr Lee fort. »Ich weiß auch, dass Sie unter anderem eine Menge Gips aus den USA beziehen, aber es ist mir schleierhaft, wie alles zusammenhängt.«
     
    »Sie haben die Petersburg gesehen?«, lächelte Quan. »Wegen der Lieferung bin ich eigentlich hier. Unser Werk befindet sich im Osten des Landes, bei Barabéri.« Wieder schweifte sein Blick unruhig über die Menschenmenge, die zur Fähre strömte. »Wir sollten das nicht hier besprechen, kommen Sie, wir nehmen das Schiff.«
     
    Sie mischten sich schweigend unter die Passagiere. Unmittelbar vor dem Einstieg entstand ein unangenehmes Gedränge. Lee konzentrierte sich darauf, den Geldbeutel mit den Kreditkarten und das Handy festzuhalten und bemerkte nicht, wie sein Begl e iter hinter ihm stumm zusammenbrach. Erst die erschreckten Rufe ließen ihn heru m fahren. Quan lag reglos am Boden.
     
    »Quan, was ist los? Hören Sie mich?«, rief er entsetzt, während er in die Knie sank und ihn wachzurütteln suchte. Sofort bildete sich ein enger Kreis von Gaffern um sie. »Wir brauchen einen Notarzt, verdammt noch mal, docteur, docteur!«, schnauzte er die Menge an. Quan rührte sich noch immer nicht. Er schien mit offenen Augen tief zu schlafen. Lee legte zwei Finger an seine Halsschlagader, wie er es vor Jahren gelernt hatte. Kein Puls, und er atmete nicht. Er war am Ende mit seinem Latein. »Wo bleibt der docteur?«, rief er nochmals hilflos, ein anderes Wort, das den erstarrten Zuschauern Beine gemacht hätte, fiel ihm nicht ein.
     
    Endlich teilte sich die Menge, um zwei Nothelfer durchzulassen. Unmittelbar hinter ihnen folgten zwei Polizisten, die energisch begannen, die Leute zurückzudrängen. Einer der Un i formierten, der Jüngere, zückte den Notizblock und stellte Lee eine Frage. Er hörte nicht zu. Seine Augen hafteten noch immer auf dem reglosen Körper seines Begleiters. Die Helfer versuchten vergeblich, Quans Herz wieder zum Schl a gen zu bringen. Er musste fassungslos mitansehen, wie sie ihn auf die Trage hoben und ihre Apparate wieder zusammenpackten.
     
    »Monsieur, s’il vous plaît«, drängte der Polizist und tippte ihn an die Schulter. »Vous co n naissez cet homme?« Er schaute ihn verständnislos an. Seine Kehle war trocken, die Stimme heiser, als er antwortete:
     
    »Es tut mir leid, Officer, ich spreche nur Englisch.«
     
    »Kennen Sie den Mann?«, wiederholte der Beamte gut verständlich in Lees Mutte r sprache.
     
    »Ja – nein – ich habe ihn erst gerade kennengelernt. Ist er tot?«
     
    Der Polizist nickte. »Ich fürchte ja.«
     
    Sie sahen zu, wie die Rettungsmannschaft die Trage befestigte, dann schlossen sich die Türen, und der Notarztwagen fuhr mit Blaulicht und heulenden Sirenen davon. In Gedanken versunken berichtete Lee dem Beamten, was er über Quan wusste, ohne den wahren Grund des Treffens zu erwähnen. Seine Geschichte musste sich ziemlich verwirrend anhören, voller offensichtlicher Lücken, doch der Polizist ließ sich nicht beirren, protokollierte seine Aussage minutiös und notierte sich seine Adresse und die Handynummer. Schließlich reichte er ihm ein Kärtchen mit den Worten: »Wenn I h nen noch etwas einfällt, melden Sie sich bitte hier.«
     
    »Was geschieht jetzt mit ihm?«
     
    »Er kommt in die Gerichtsmedizin. Die Todesursache muss untersucht werden.« T o desurs a che. Er konnte nicht glauben, was er eben erlebte. Was in aller Welt war mit Quan gesch e hen? Ein Schlaganfall? Der drahtige Chinese war jedenfalls nicht der Typ, dem man ein so l ches Schicksal ohne weiteres zugetraut hätte.
     
    Nach und nach sank die Erkenntnis in sein Bewusstsein, dass mit Quans Tod auch seine letzte Hoffnung gestorben war, je die ganze Wahrheit zu erfahren. Niedergesc h lagen zog er sich mit einer Flasche Wasser und zwei Dosen Bier auf sein Zimmer zurück. Er war ratlos. Noch nie war er der Wahrheit so nahe gewesen, und doch schien sie unerreichbarer denn je. Der Gedanke, unverrichteter Dinge wieder abzure i sen, machte ihn wütend. Er setzte die Wasse r flasche an und leerte die Hälfte in einem Zug.
     
    »Was denn sonst«, meckerte er ironisch, als er das Kleingedruckte am Rand des Etiketts las: une compagnie de MAMOT SA, Genève. Die ganze Welt hing am Tropf dieses Konzerns. Er spülte mit Bier nach, um den

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